Wettplattformen im NetzGeld verdienen im Papst-Casino

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Wenn im Vatikan weißer Rauch aufsteigt, ist klar, wer der nächste Papst wird.
Wenn im Vatikan weißer Rauch aufsteigt, ist klar, wer der nächste Papst wird. (Foto: Alberto Pizzoli/AFP)

Wen die Wettmärkte als neuen Stellvertreter Gottes auf Erden sehen – und warum das eher kein brauchbares Orakel sein dürfte.

Von Max Muth

Internet-Wettmärkte wie Kalshi oder Polymarket haben sich in den vergangenen Jahren als überraschend akkurate Vorhersagewerkzeuge etabliert. So galt etwa eine zweite Trump-Wahl auf den Plattformen schon früh als vergleichsweise wahrscheinlich, und das selbst dann, als die Demokraten am Anfang der Kampagne von Kamala Harris einen kleinen Wahlumfrage-Höhenflug hatten. Zuletzt wusste etwa Polymarket schon früh, dass die Wähler in Rumänien auch in der wiederholten Präsidentschaftswahl im ersten Wahlgang wohl einen Rechtsextremen favorisieren würden.

Die spannendste Wahl dürfte sich derzeit allerdings im Vatikan abspielen. Dort versammeln sich von diesem Mittwoch an in der Sixtinischen Kapelle die katholischen Kardinäle zum Konklave und wählen einen neuen Stellvertreter Gottes auf Erden. Selbstverständlich gibt es auch für die Papstwahl Wettmöglichkeiten im Netz. So liegt bei Polymarket etwa derzeit der oberste Diplomat des Vatikans, der Italiener Pietro Parolin, mit 29 Prozent vorn. Auf den weiteren Plätzen folgen der Philippiner Luis Antonio Tagle (19 Prozent), die Italiener Matteo Zuppi (13 Prozent) und Pierbattista Pizzaballa (neun Prozent) und Peter Turkson aus Ghana (acht Prozent). Ähnliche Quoten werden auch bei anderen Wettanbietern im Netz aufgerufen.

Ist Pietro Parolin also objektiv der wahrscheinlichste neue Papst? Nicht unbedingt. Es in diesem Fall zumindest deutlich unklarer als bei politischen Wahlen. Denn die großen Wettplattformen im Netz sind bekannt für ihre Effizienz. Das bedeutet, dass sie alle verfügbaren neuen Informationen in Windeseile in die geltenden Quoten einpreisen. Doch anders als bei politischen Wahlen gibt im Fall der Papstwahl extrem wenige neue Informationen, dazu kommt eine immense Informationsungleichheit zwischen Wählenden und Wettenden.

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Aktives Wahlrecht haben nur diejenigen 133 nach Rom gereisten Kardinäle, die unter 80 Jahre alt sind, passives Wahlrecht haben dagegen theoretisch alle männlichen, getauften Christen. In der Praxis kommt es zwar eher selten vor, dass der neue Papst nicht aus den Reihen der wählenden Kardinäle stammt. Aber es passiert, zuletzt bei Papst Urban VI. im Jahre 1378. Auch dieses Mal gilt laut einer Plattform katholischer Journalisten übrigens wieder ein Nichtwählender als papabile, also als potenziell zum Papst tauglich. Es ist der italienische Kardinal Angelo Bagnasco, der aus Altersgründen aber nicht mehr selbst mitwählen darf.

Bei politischen Wahlen können Hobbystatistiker ihre Urteile und ihre Einsätze ständig auf Basis neuer Wahlforschungsergebnisse aufbauen. Umfragen unter Kardinälen werden aber, wenn es sie überhaupt gibt, nicht veröffentlicht. Und sobald das Konklave begonnen hat, dringen üblicherweise überhaupt keine Informationen mehr nach draußen, außer schwarzer oder weißer Rauch. Anders als bei politischen Wahlen ist die Wählerschaft mit 133 Kardinälen klein genug, dass massenpsychologische oder ökonomische Faktoren eine eher geringe Rolle spielen dürften. Und so argumentieren die Kommentatoren auf der Wahlseite bei Polymarket hauptsächlich mit kulturellem Kapital. Welcher Kardinal ist nicht zu alt und nicht zu jung, spricht welche Sprachen, gilt als Reformer oder Konservativer. Und wäre es nicht endlich einmal an der Zeit für einen afrikanischen oder asiatischen Papst?

Blickt man in die Geschichte der jüngeren Papstwahlen, dann fällt jedoch auf, dass sich die frühen Favoriten eher selten durchsetzten. Nur Joseph Ratzinger (Papst Benedikt XVI.) zählte vor seiner Wahl auch zu den Buchmacher-Favoriten. In den drei anderen Wahlen sei 1958 setzten sich jeweils eher weniger bekannte Kandidaten durch.

Dass überhaupt auf die Papstwahl gewettet wird, hat eine über 500 Jahre lange Tradition, wenn auch mit einigen hundert Jahren Unterbrechung. Denn 1591 verbot Papst Gregorius die damals üblichen Wetten auf den Ausgang des Konklaves unter Androhung der Exkommunikation, nachdem es zuvor mehrfach zu Leaks und falschen Gerüchten gekommen war. Erst im 20. Jahrhundert wurde dieses Verbot wieder gelockert. In Italien und im Vatikan sind Wetten auf den Ausgang dennoch weiterhin nicht erlaubt. Italien verbietet explizit Wetten auf die Papstwahl, während im Vatikan Glückspiel grundsätzlich untersagt ist.

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