Steuer-Leaks:Welche Folgen die Pandora Papers bislang hatten

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Der ukrainische Präsident Selenskij bestreitet, Geld gewaschen zu haben. Er gibt aber zu, dass er Briefkastenfirmen genutzt hat. (Foto: Efrem Lukatsky/dpa)

Einen Monat nach den Enthüllungen laufen Untersuchungen gegen drei Präsidenten. Ein neues Gesetz wurde auf den Weg gebracht, und mehrere US-Bundesstaaten stehen als Steueroasen in der Kritik.

Von Jörg Häntzschel, Mauritius Much, Frederik Obermaier, Carina Seeburg und Nils Wischmeyer

Die Pandora Papers haben gezeigt, wie Hunderte Politiker ihr Vermögen mit Hilfe von Briefkastenfirmen verschleiern. In den bislang geheimen Unterlagen von 14 Finanzdienstleistern, die Medien aus aller Welt - darunter SZ, NDR und WDR - analysiert haben, tauchten auch 35 amtierende und frühere Staats- und Regierungschefs auf. Die Veröffentlichungen sind mittlerweile einen Monat her, seither hat sich viel getan.

Eine verlorene Wahl

2009 kaufte Andrej Babiš ein Château in Südfrankreich. Die 15 Millionen Euro Kaufpreis flossen über Briefkastenfirmen. (Foto: MICHAL CIZEK/AFP)

In Tschechien wurde nur wenige Tage nach den Pandora-Papers-Enthüllungen ein neues Parlament gewählt. Dabei verfehlte die Partei des bisherigen Ministerpräsidenten Andrej Babiš überraschend die Mehrheit. Babiš hatte den Pandora-Papers-Recherchen zufolge 2009 über eine seltsame Konstruktion von Briefkastenfirmen in Washington, Monaco und den Britischen Jungferninseln für rund 15 Millionen Euro ein Château in Südfrankreich erworben. Experten, die sich die Konstruktion angesehen hatten, sahen Indizien für Geldwäsche. Babiš wies sämtliche Vorwürfe zurück und behauptete, die Mafia stecke hinter den Veröffentlichungen. Tschechiens nationale Zentrale gegen organisiertes Verbrechen kündigte indes an, sich die Veröffentlichungen anzuschauen und auf Rechtsverstöße zu prüfen.

Gesetz gegen schmutziges Geld

In den Vereinigten Staaten haben demokratische und republikanische Abgeordnete ein neues Gesetz - den sogenannten Enablers Act - auf den Weg gebracht. Das Gesetz schreibt Finanzdienstleistern, Kunsthändlern und Rechtsanwälten vor, Kunden, die Vermögen in den USA anlegen, genauer zu überprüfen. "Wenn wir Banken zwingen, schmutziges Geld zu melden, aber Anwalts-, Immobilien- und Wirtschaftsprüfungsfirmen erlauben, wegzuschauen, schafft das ein Schlupfloch, durch das Gauner und Kleptokraten mit einer ganzen Yacht hindurchsegeln können", erklärte der demokratische Abgeordnete Tom Malinowski. Das EU-Parlament prangerte indes mehrere US-Bundesstaaten - namentlich South Dakota, Alaska, Wyoming, Delaware und Nevada - als Steueroasen an.

Präsidenten im Visier der Ermittler

Ukrainische Anti-Korruptionsermittler haben angekündigt, die Geschäfte von Präsident Wolodimir Selenskij zu untersuchen. Laut den Pandora Papers profitierten Selenskij und sein Umfeld womöglich von einem gigantischen Betrug, der einem ukrainischen Oligarchen angelastet wird. Der Präsident wies die Vorwürfe zurück. Es handle sich um eine "alte Geschichte". Selenskij bestritt, Geld gewaschen zu haben, gab aber zu, Briefkastenfirmen genutzt zu haben.

Das ecuadorianische Parlament beschloss indes eine Untersuchung gegen Präsident Guillermo Lasso. Die Pandora Papers hatten den früheren Banker mit zehn Briefkastenfirmen und Trusts in Panama sowie den US-Bundesstaaten Delaware und South Dakota in Verbindung gebracht. Lasso erklärte, sich stets an ecuadorianisches Recht gehalten zu haben.

In Aserbaidschan fordert eine Oppositionsgruppe eine Untersuchung der Geschäfte des Autokraten Ilham Alijew und seiner Familie. Mehrere Kinder Alijews tauchen in den Pandora Papers auf. Ihnen gehören demnach über Briefkastenfirmen mehrere Luxus-Immobilien, unter anderem in London. "Niemand bezweifelt, dass schmutziges Korruptionsgeld die Quelle dieses Geschäfts ist", erklärte die "Bewegung für Demokratie und Wohlstand".

Amtsenthebungsverfahren gegen Sebastián Piñera

In Chile wurde ein Amtsenthebungsverfahren gegen Präsident Sebastián Piñera eingeleitet. Bereits unmittelbar nach den Pandora-Papers-Enthüllungen hatten Tausende Demonstranten gegen die Regierung Piñera demonstriert. Mittlerweile hat auch die Generalstaatsanwaltschaft Ermittlungen aufgenommen. Piñera werden Korruption, Bestechung und Steuervergehen im Zusammenhang mit dem Verkauf der Mine "Minera Dominga" im Norden Chiles vorgeworfen. So soll der Milliardär das Bergwerk, das seinen Kindern gehörte, über eine Offshore-Gesellschaft auf den britischen Jungferninseln an einen Freund verkauft haben. Dieser soll es unter der Auflage gekauft haben, dass rund um die Mine kein Umweltschutzgebiet entstehen darf - und Piñeras Regierung soll daraufhin dieses von Umweltaktivisten geforderte Schutzgebiet tatsächlich nicht eingerichtet haben. Piñera weist alle Vorwürfe von sich.

Der Kreml ist empört

Die Pandora Papers legen nahe, dass Freunde und die Ex-Geliebte Wladimir Putins Teile ihres Reichtums von Monaco aus verwalten. (Foto: Imago / Patrick Semansky, dpa / Screenshot/Collage: Joan Wong)

Die Pandora Papers gaben Einblick in das g eheime Vermögen von zwei engen Freunden und der angeblichen Ex-Geliebten des russischen Staatschefs Wladimir Putins. So stand die Mutter einer mutmaßlichen Tochter des Präsidenten Wladimir Putin hinter einer Briefkastenfirma, die eine Wohnung in Monaco für 3,6 Millionen Euro erwarb - und das wenige Monate nach der Geburt ihrer Tochter. Ein Kreml-Sprecher wies die Pandora-Papers-Recherchen als "unbegründet" und "schwer zu verstehen" zurück. "Wir haben dort keinen versteckten Reichtum von Putins innerem Kreis gesehen."

Debatte über Raubkunst

Der von Museen lange hofierte Sammler Douglas Latchford hatte Hunderte Khmer-Kunstwerke im Angebot, an die er durch Raub und Schmuggel gelangt war (Foto: imago / Tang Chhin Sothy, afp/Collage: Joan Wong)

Die Enthüllungen der Pandora-Papers zum Kunsthändler Douglas Latchford sorgen bei mehreren Museen für Bewegung. Latchford hat laut US-Ermittlern über Jahrzehnte hinweg Khmer-Statuen in Kambodscha plündern lassen. Er unterhielt zwei Offshore-Trusts, mutmaßlich, um seine Eigentümerschaft an einigen der Werke zu verbergen.

Das Denver Art Museum hat nun angekündigt, vier Statuen, die es von Latchford erhalten hatte, an Kambodscha zu restituieren. Das New Yorker Metropolitan Museum wandte sich an die Staatsanwaltschaft, um seine Bereitschaft zu erklären, deren Untersuchungen zu unterstützen. Das Metropolitan hat laut den Pandora-Papers-Recherchen mindestens zwölf Stücke direkt von Latchford erhalten. Kambodscha hat dem Metropolitan vor wenigen Tagen indes eine Liste vorgelegt, die sogar 45 gestohlene Objekte umfasst.

Regierungen wollen Pandora Papers

Die Regierungen beziehungsweise Behörden etlicher Länder verlangen Zugang zu den Pandora Papers. Nach Auskunft des International Consortium of Investigative Journalists (ICIJ), das die Recherchen koordiniert hat, haben sich Vertreter aus Pakistan, Irland, Mexiko, Tschechien, Sri Lanka, Norwegen, Ecuador, Kolumbien, Montenegro, den Niederlanden und Chile gemeldet. In Deutschland hat Finanzminister Olaf Scholz an die Süddeutsche Zeitung, NDR und WDR appelliert, die Pandora Papers herauszugeben. Die SZ wird derartigen Bitten nicht nachkommen. "Wir sind nicht der verlängerte Arm der Staatsanwaltschaft oder der Steuerfahndung", erklärte die SZ-Chefredaktion. Auch das ICIJ teilte mit, nicht mit Regierungen oder Behörden zusammenzuarbeiten.

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