Pandemie:"Die Lage ist ernst"

Pandemie: Ein Testcenter auf der Reeperbahn in Hamburg.

Ein Testcenter auf der Reeperbahn in Hamburg.

(Foto: Christian Charisius/dpa)

Für alle reichen die PCR-Test-Kapazitäten nicht. Labormediziner fordern deshalb eine Priorisierung.

Von Elisabeth Dostert

Die Kapazitäten in deutschen Laboren für PCR-Tests auf das Coronavirus werden knapp. "Die Lage ist ernst. Die Labore sind an der Kapazitätsgrenze und darüber hinaus", sagte Michael Müller, erster Vorsitzender der Akkreditierten Labore (ALM). Der Verein vertritt mehr als 200 Labore mit mehr als 26 000 Mitarbeitern, darunter auch viele Fachärzte. Müller drängte auf eine Priorisierung, wie es die Nationale Teststrategie auch vorsehe. "Ich verstehe nicht, warum diese nicht konsequent umgesetzt wird." Für den Fall weiter steigender Testzahlen könne in den Laboren, insbesondere bei Engpässen, auch auf Antigentests zurückgegriffen werden. "Die Priorisierung nimmt allerdings nicht das Labor vor, sondern muss bereits bei der Abnahme der Probe erfolgen", sagte Jan Kramer, stellvertretender Vorsitzender der ALM. Wenn die Nationale Teststrategie bereits bei der Abnahme nicht beachtet werde, dann bestehe die Gefahr, dass "die Labore volllaufen."

Für den "medizinischen Bedarf" reichten die PCR-Kapazitäten der Labore, versicherte Müller in einer virtuellen Pressekonferenz. Aber die Kapazitäten seien nicht beliebig steigerbar, eine Priorisierung sei daher vonnöten. So sollten die PCR-Test besonders vulnerablen Menschen, etwa Hochbetagten in Pflegeheimen, Menschen, die Symptome zeigen, krank sind und solche, die sich um diese Personen kümmern, vorbehalten sein. "Zum Nachweis einer Durchbruchsinfektion reicht womöglich ein Antigentest", so Müller. Menschen, die gegen das Coronavirus geimpft sind, erkranken in vielen Fällen nicht so schwer oder haben gar keine Symptome. Mehrere Hunderttausend Antigentests pro Woche seien möglich, so Müller. Es handele sich um einen hochautomatisierten Prozess.

Die Zahl der PCR-Tests ist nach Erhebungen des Laborverbandes in den vergangenen Wochen mit den steigenden Inzidenzen und der raschen Ausbreitung von Omikron deutlich gestiegen. In der Woche vom 10. bis 16. Januar 2022 wurden knapp zwei Millionen PCR-Tests durchgeführt, gut eine halbe Million mehr als noch in der Vorwoche. An der aktuellen Umfrage beteiligten sich 182 Labore. Die Daten bilden Müller zufolge rund 90 Prozent des Testgeschehens in Deutschland ab. Fast ein Viertel der PCR-Tests fiel positiv aus. "Jeder vierte Test zeigt einen positiven Befund", so Müller. Mit einem so raschen Anstieg der Testzahlen habe auch der ALM nicht gerechnet. Die wöchentliche Auslastung der Kapazitäten stieg im Vergleich zur Vorwoche von 64 auf 86 Prozent. Für die laufende Woche haben die Labore ihre Kapazitäten noch einmal um elf Prozent auf gut 2,5 Millionen PCR-Tests ausgeweitet.

Anders als noch in den ersten Monaten der Pandemie, wo es in den Laboren auch an Tests und Geräten für die Diagnostik fehlte, sind derzeit die Mitarbeiter der Engpass. Die psychische Belastung sei enorm, sagte Jan Kramer. Auch in den Laboren fallen Mitarbeiter aus, weil sie sich infiziert haben oder um Angehörige kümmern müssen. Es gebe keine zusätzlichen Fachkräfte am Markt, ergänzte ALM-Vorstandsmitglied Evangelos Kotsopoulos. Müller appellierte daran, die Verhaltensregeln einzuhalten wie Abstand, Hygiene und Masken: "Wir können uns schließlich nicht aus der Pandemie heraustesten."

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