Panama Papers:Panama Papers - von den Reichen sparen lernen

A general view of the skyline of Panama City

Heimat der Briefkastenfirmen und Offshore-Konglomerate: Panama-Stadt

(Foto: REUTERS)

Was ist legal, was ist moralisch legitim, was ist illegal? Offshore-Konstrukte dienen selten einem guten Zweck.

Von Hans Leyendecker

Ein bekannter deutscher Manager hatte es zu einigem Wohlstand gebracht und er suchte eine Villa auf Mallorca. Vor zehn Jahren war das, der Kauf gestaltete sich schwierig: Der Verkäufer verlangte, der Deutsche müsse die Anteile einer Briefkastenfirma übernehmen, in die die Immobilie im Jahr 1990 eingebracht worden war. Mossack Fonseca hatte sie eingerichtet.

Ein Jahr später gingen die Gesellschaftsanteile auf den Manager über. Er informierte das für ihn zuständige Finanzamt. Das ergibt sich aus Unterlagen, die er der SZ vorlegte. Weil ihm der Gedanke, eine Briefkastenfirma in Panama zu haben, nicht gefiel, verlegte er zwei Jahre später den Sitz der Gesellschaft nach Spanien und benannte sie um. Was auch den Vorteil hatte, dass dort keine Grunderwerbssteuer bezahlt werden musste. Wer ein Haus kauft, muss die Steuer zahlen. Wer aber nur die Aktien der Firma erwirbt, der das Haus gehört, muss nicht zahlen. Alles legal? Wahrscheinlich.

Über den Umgang mit Briefkastenfirmen ist durch die Veröffentlichung der Panama Papers ein Streit entbrannt: Was ist legal, was ist moralisch legitim, was ist illegal?

Die Legalisten nennen als Beispiel gern den Reeder, der ein Schiff in Panama ausflaggen wolle und deshalb vor Ort eine Offshore-Gesellschaft gründe. So etwas sei "doch nicht von vornherein anrüchig", erklärte in diesen Tagen ein Vertreter des Bankenverbands. Auch würden, sagt ein Anwalt, schon mal Offshore-Firmen zur Vermeidung von Doppelbesteuerung eingesetzt. Selbst staatliche Förderbanken machten das.

Als Gegner von Briefkastenfirmen brachten sich Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) und Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) in Stellung. Sie forderten ein weltweites Verbot solch undurchsichtiger Finanzkonstruktionen. Der französische Wirtschaftswissenschaftler Gabriel Zucman hat mal versucht, hochzurechnen, wie viel Prozent des weltweiten Vermögens in Steueroasen liegen könnten. Zucman schätzte acht Prozent; rund 5900 Milliarden Euro. Drei Viertel dieser Summe, nahm er an, seien nicht versteuert.

Das sind alles keine gesicherten Zahlen, aber die Auswertung von aufgeflogenen Offshore-Fällen durch Finanzbehörden in Nordrhein-Westfalen zeigt, dass in etwa neunzig Prozent der untersuchten Fälle der deutsche Fiskus betrogen worden war. Vor einigen Jahren hat die Weltbank 150 Korruptionsfälle dokumentiert. Insgesamt tauchten 800 juristische Konstrukte auf, Trusts, Stiftungen und Scheinfirmen. Verschachtelte Gebilde, die von Scheindirektoren oder Strohmännern gesteuert wurden. Die dänische Soziologin Brooke Harrington, eine gelernte Vermögensverwalterin, weist darauf hin, dass es nicht nur um Steuerbetrug gehe, sondern auch um Vermeidung von missliebigen Regeln, Gesetzen und Pflichten. Geldwäsche, schwarze Kassen, Diktatoren und Kleptokraten, die ihr Land ausplündern - das sind nur einige Stichworte der Debatte. Auch werden Gelder offshore für den Terror versteckt.

Die Diskussion, was legal und was illegal ist, gewinnt angesichts der weltweiten Untersuchungen über die Offshore-Firmen an Bedeutung. Zumindest bei denen, die selbst keinen Briefkasten in Übersee haben. Die anderen sagen sich: "Legal, illegal, scheißegal."

Der Fahnder bevorzugt einen anderen Vergleich: den mit einer Schusswaffe

Ermittler vergleichen das Wesen der Briefkastenfirmen mit der Eigenart von Nummernkonten oder der Eigenschaft von Stiftungen. Nummernkonten sind in vielen Ländern erlaubt. Stiftungen lassen eigentlich Edles erwarten. Ein Stifter gilt als Wohltäter, der sich um den Gemeinnutz verdient macht. Aber die Stiftungen, sie dienen oft nur dem Stifter. Als deutschen Steuerfahndern vor Jahrzehnten bergeweise Unterlagen über Stiftungen in Liechtenstein, die bei einem bekannten Treuhänder in Vaduz untergebracht waren, in die Hände fielen, stellten sie fest, dass in fast allen Fällen der Zweck nicht gemeinnützig, sondern gemein war. Die Steuerbehörden waren in großem Maßstab betrogen worden. Es gab aber auch einige Fälle, in denen der Stifter nur gierige Erben abblocken wollte. Die Steuer hatte er bezahlt.

Mit einer Stiftung, hatte der Vaduzer Treuhänder in einem Vortrag geschwärmt, hätten wirtschaftlich denkende Menschen die Möglichkeit, "in Zeiten der Blüte ihrer Schaffenskraft einen Teil ihres Vermögens für besondere Zwecke zu reservieren". Ähnlich blumig haben sich in diesen Tagen Vertreter von Mossack Fonseca geäußert.

"Warum braucht jemand, der sauber ist, eine Firma mit Strohmännern, Scheindirektoren, warum müssen Täuschungsmanöver gemacht werden, wenn das alles legal ist?", fragt ein deutscher Fahnder. Wenn alles legal sei, müsse man "nicht solchen Aufwand betreiben".

Die Finanzbehörden arbeiten an der Enttarnung der dunklen Seite des Kapitals

Geübte Legalisten vergleichen in Diskussionen Briefkastenfirmen gern an Hand des Beispiels eines Küchenmessers. Das Messer, sagen sie dann, könne man für gute, also legitime, und für schlechte, also illegitime Zwecke verwenden.

Der Fahnder bevorzugt einen anderen Vergleich: den mit einer Schusswaffe. Die dürfe man auch nicht so einfach erwerben. Auch dann nicht, wenn man behaupte, sie nicht einsetzen zu wollen. Seit einer Weile schon sind einige Steuerverwaltungen in Deutschland dazu übergegangen, nach Entdeckung einer Briefkastenfirma die Erträge der Firma, die meist in einer Kaskade von Gebilden versteckt sind, dem enttarnten wirtschaftlich Berechtigten zuzurechnen. Das ist dann der so genannte Beneficial Owner. Die Steuerleute behandeln die Briefkastenfirma nicht als Unternehmen, sondern gehen davon aus, dass es sich um verstecktes Vermögen des Begünstigten handelt. Der oft kunstvoll geschneiderte juristische Mantel des Finanzkonstrukts wird einfach ignoriert. Es ist die Enttarnung der dunklen Seite des Kapitals.

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