Panama Papers:Panama-Papers-Ermittlungen: Streit zwischen BKA und NRW

Panama Papers: Panama ist berühmt für den Kanal - und für Briefkastenfirmen

Panama ist berühmt für den Kanal - und für Briefkastenfirmen

(Foto: AP)

Wer ermittelt wegen der dubiosen Panama-Geschäfte? Bisher jagen NRW-Fahnder die Verdächtigen - doch offenbar will künftig das BKA das Sagen haben.

Von Hans Leyendecker

Ermittlungen im Fall der Panama Papers haben zu einem ungewöhnlichen Streit zwischen NRW und dem Bundeskriminalamt (BKA) geführt. Es geht um die Frage von Zuständigkeiten und den Vorwurf mangelnder Kooperation. Das BKA drängt darauf, dass NRW ihm und der Oberfinanzdirektion Frankfurt Unterlagen aus einem seit drei Jahren bei der Staatsanwaltschaft in Köln laufenden Verfahren zur Verfügung stellt. In dem Verfahren geht es um verdächtige Briefkastenfirmen in Panama und Verantwortliche der Offshore-Kanzlei Mossack Fonseca. In Sachen Panama will, ermittlungstechnisch, offenbar künftig das BKA das Sagen haben.

Das Bundeskriminalamt ermittelt, wie es aus Wiesbaden heißt, im Fall Panama selbst seit einiger Zeit und will dann gemeinsam mit hessischen Finanzbehörden den Fall aufbereiten. Die NRW-Steuerfahndung soll offenbar draußen gehalten werden. Später sollen die Unterlagen bundesweit verteilt werden.

NRW-Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD) erklärte am Samstag zu dem seit ein paar Wochen hinter den Kulissen schwelenden Streit, die "erfolgreiche Arbeit der NRW-Steuerfahndung" solle "torpediert" werden. Sein Kollege, NRW-Justizminister Thomas Kutschaty (SPD), sprach von einer "Schikane gegen NRW". Ein Vertreter des BKA war am Samstag nicht für eine Stellungnahme erreichbar.

Bei einem Treffen am Freitag dieser Woche zwischen Behördenvertretern aus NRW und Hessen soll die Stimmung sehr angespannt gewesen sein. Teilnehmer des Gesprächs aus beiden Lagern umschrieben die Atmosphäre als "fast feindselig", wollten aber keine Einzelheiten dazu preisgeben.

Unumstritten ist die NRW-Steuerfahndung seit Jahren die Nummer eins in der Republik bei der Bekämpfung von Steuerschlupflöchern und im Kampf gegen Steuerhinterzieher. Dass die Steuerfesten in Liechtenstein und der Schweiz gefallen sind, ist vor allem Steuerfahndern aus Wuppertal und Düsseldorf zu verdanken. Sie haben mit Hilfe von gekauften CDs die Beihilfe großer ausländischer Geldhäuser beim Steuerbetrug belegt.

Es fällt aber auf, dass das Vorgehen der Nordrhein-Westfalen seit einiger Zeit aus unterschiedlichen Gründen zu Unmut in Bundesländern wie Hamburg, dem Saarland oder Hessen führt. Den Nordrhein-Westfalen wird oft vorgeworfen, dass sie die Ermittlungen an sich reißen würden. Das Vorgehen in den sogenannten Banken-Verfahren wird beklagt. Die aus NRW führten sich wie "napoleonische Truppen" auf, erklärte neulich ein Finanzermittler aus Bayern.

Auch Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble hat in Hintergrundgesprächen gelegentlich Unmut über die aus NRW geäußert. Aus Sicht nordrhein-westfälischer Fahnder ist die Kritik unberechtigt. Sie beklagen oft mangelnde Unterstützung der Kollegen in den anderen Ländern.

Immer die aus NRW

Exemplarisch für den Streit, der viele Ursachen hat, ist der Fall Panama Papers. NRW war vor Jahren durch ein Datenleck in den Besitz zahlreicher Unterlagen gelangt, die mit Panama und der Kanzlei Mossack Fonseca zu tun hatten. Hunderte Steuerstrafverfahren wurden von der Staatsanwaltschaft Köln eingeleitet. Wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung wurden Wohnungen von Bankmitarbeitern und verschiedene Geldhäuser durchsucht. Die Commerzbank International S.A. Luxemburg (Cisal) zahlte in dem Fall beispielsweise eine Geldbuße in Höhe von 17,1 Millionen Euro.

Die Verfahren tragen Aktenzeichen aus dem Jahr 2014. Die meisten Fälle sind abgearbeitet. Offen sind in Köln noch einige Beihilfe-Verfahren und nicht entschieden ist, wie man strafrechtlich mit einem der Eigentümer der Offshore-Kanzlei, dem deutschen Jürgen Mossack, verfahren soll.

Überrascht und verwirrt, was da los sei

Immer die aus NRW: Die Staatsanwaltschaft Köln ist, was die Bekämpfung von Steuerbetrug und anderen Delikten der Wirtschaftskriminalität angeht, eine der ersten Anlaufstellen in der Republik geworden. Die meisten Cum-Ex-Verfahren beispielsweise werden in der Domstadt bearbeitet. Die meisten Steuerbetrügereien auch. Und beim Landeskriminalamt (LKA) in Düsseldorf gibt es eine Spezialeinheit mit dem Kürzel EOKS, die es sonst nirgendwo in der Republik gibt. Sie setzt sich aus Steuerfahndern und Kriminalbeamten zusammen und hat in der jüngeren Zeit etliche Erfolge gehabt.

Die vom EOKS führen für die Staatsanwaltschaft Köln auch die Ermittlungen im Fall Panama und halten auf verschiedenen Wegen Kontakt zu den dort ermittelnden Behörden. Ein panamaischer Oberstaatsanwalt, der in seinem Land das Verfahren gegen Mossack Fonseca führt, hatte mit den Kölnern und denen von der EOKS Zusammenarbeit vereinbart. Es war noch unklar, ob diese Zusammenarbeit in Form einer umfassenden Rechtshilfe oder durch die Gründung eines Joint Investigation Teams erfolgen solle.

Das BKA will jetzt Beamte nach Panama schicken

Das war die Lage, bevor das BKA in die Ermittlungen einstieg. Es gibt Hinweise aus Wiesbaden, dass die Behörde an eigene Daten im Fall der Panama Papers gelangt sei und diesen Fund auch bald der Öffentlichkeit präsentieren wolle. Ob das nur Gerüchte sind, steht nicht fest. Wie groß überhaupt der Datenbestand des BKA sein könnte, ist unklar.

Im Fall der Panama Papers gibt es rund 240 000 Offshore-Gesellschaften und der Lieferant dieses Datenlecks hatte darauf bestanden, dass die Medien diese Unterlagen nicht an Ermittler weiterreichen würden. Möglicherweise ist das BKA dennoch irgendwie an einen Teil der Unterlagen gelangt. In Panama fragen jetzt die aus NRW und die aus Wiesbaden wegen der Zusammenarbeit in dem Fall an. Aus panamaischen Strafverfolgerkreisen heißt es, man sei überrascht und verwirrt, was da in Deutschland los sei.

Das BKA, will jetzt Beamte nach Panama schicken, um auszuloten, ob dort ein Informationsaustausch mit den dort ermittelnden Behörden möglich sei. Die Steuerfahndung aus NRW soll nicht dabei sein. Die Düsseldorfer Ermittler und die Kölner Strafverfolger werden wohl mit einer eigenen Truppe nach Panama reisen. Die Kölner Strafverfolger werden sich, wie aus Düsseldorfer Justizkreisen verlautet, von Kriminalbeamten aus Wiesbaden nicht vorschreiben lassen, wie und mit wem sie ihre Verfahren führen. Sie wollen ihre Verfahren nicht abgeben. Und die EOKS und das Landeskriminalamt Düsseldorf sollen für sie die Ermittlungen weiterführen. Das BKA könne mitmachen.

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