Süddeutsche Zeitung

Panama & Co:EU-Länder streiten über Bekämpfung von Steueroasen

  • An diesem Freitag beraten die EU-Finanzminister eine neue Richtlinie zur Bekämpfung von Steuervermeidungspraktiken.
  • Für die Richtlinie hat die niederländische Ratspräsidentschaft einen Kompromissvorschlag erarbeitet.
  • Darin wurden die ursprünglichen Ziele stark abgeschwächt.

Von Alexander Mühlauer, Luxemburg

Es ist noch gar nicht lange her, da strotzten sie nur so vor Tatendrang. In ganz Europa reagierten Politiker auf die Panama Papers: Es gab jede Menge Aktionspläne und Versprechen, die weltweite Steuerflucht endlich einzudämmen. Und nun?

Wenn sich die EU-Finanzminister an diesem Freitag in Luxemburg treffen, könnten sie beweisen, dass Europa handlungsfähig ist. Auf der Tagesordnung steht eine neue Richtlinie zur Bekämpfung von Steuervermeidungspraktiken (ATAD). Da bei der letzten Sitzung im Mai kein Ergebnis zustande kam, hat die niederländische Ratspräsidentschaft einen Kompromissvorschlag erarbeitet. Der Entwurf liegt der Süddeutschen Zeitung vor und offenbart einmal mehr, wie stark ursprüngliche Ziele abgeschwächt wurden.

Grund dafür ist der Widerstand einiger EU-Mitgliedsländer. Noch immer verwässern Staaten wie Luxemburg, Irland oder Malta neue Regeln. Sie schützen lieber ihre lukrativen Steuersparmodelle und blockieren so eine europaweit einheitliche Bekämpfung der Steuerflucht. Und das können sie auch, denn jede Harmonisierung des Steuerrechts muss in der EU einstimmig beschlossen werden.

EU-Staaten können selbst eine Grenze setzen - oder auch nicht

Nun streiten die Minister über den Kompromissvorschlag. Interessant sind vor allem jene Passagen, die durchgestrichen wurden. Zum Beispiel beim Thema Körperschaftsteuer. Ursprünglich sollte die Regel so lauten: Macht die Steuerlast eines Unternehmens im Ausland nur 50 Prozent des einheimischen Niveaus aus, können die inländischen Finanzbehörden Nachforderungen stellen. Jetzt steht dort zwar sinngemäß das Gleiche, allerdings wurde der 50-Prozent-Faktor gestrichen. Allen voran Irland hatte Bedenken geäußert, dass ansonsten ein Mindeststeuersatz eingeführt werde.

Dem Kompromisspapier zufolge bleibt es den EU-Staaten nun überlassen, selbst eine Grenze zu setzen - wenn sie denn wollen. Außerdem darf diese Regel nicht innerhalb der EU angewendet werden, wenn ein Unternehmen nachweisen kann, dass es wesentliche wirtschaftliche Aktivitäten in dem jeweiligen Land vorweisen kann (also zum Beispiel Personal und entsprechende Räumlichkeiten). Das dürfte für die betroffenen Firmen kein Problem sein. Luxemburg dringt außerdem darauf, dass diese Beweislast nicht bei den Unternehmen liegen soll, sondern auf Seiten der Finanzverwaltungen.

Nicht noch weiter abgeschwächt wurde hingegen der Vorschlag für eine sogenannte Zinsschranke. Übersteigt der von einem Konzern künstlich hochgeschraubte Nettozinsaufwand 30 Prozent des operativen Gewinns, kann er steuerlich nicht mehr geltend gemacht werden. Unverändert ist auch diese Regel: Wenn ein Unternehmen seinen Sitz oder einige Vermögenswerte aus einem EU-Land verlegt oder überträgt, muss es darauf Steuern zahlen. Der finanzpolitische Sprecher der Grünen im Europäischen Parlament, Sven Giegold, hält dies zwar für einen Fortschritt, ist aber insgesamt enttäuscht: "Das ist kein Durchbruch, es gibt noch zu viele Schlupflöcher."

Und dann gibt es noch einen Artikel, der in Klammern gesetzt ist, weil der Widerstand dagegen zu groß ist: Werden ausländische Einkünfte in die EU eingeführt, die im Ursprungsland nicht besteuert wurden, sollte das Kapital mit nicht weniger als 40 Prozent besteuert werden. Daraus wird wohl nichts, aber die Minister brauchen eben einen gewissen Verhandlungsspielraum.

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SZ vom 17.06.2016/hgn
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