Süddeutsche Zeitung

Paketzusteller:Gleiche Arbeit, gleiches Geld

Lesezeit: 2 min

Die Deutsche Post löst ihre Billigtöchter auf, Tausende Paketboten bekommen bald höhere Löhne. Darauf haben sich der Konzern und Verdi geeinigt. Damit geht ein jahrelanger Streit um gerechte Gehälter zu Ende.

Von Benedikt Müller, Bonn

Paketboten haben nicht nur in ihrem Alltag schwer zu schleppen, sie mussten bei der Deutschen Post bislang auch eine Ungleichbehandlung ertragen. Seit dem Jahr 2015 hat der Konzern Paketfahrer in den Städten nur noch in sogenannten Delivery-Gesellschaften angestellt: mit längeren Arbeitszeiten und oftmals niedrigeren Gehältern als die der langgedienten Zusteller, die noch direkt bei der Post arbeiten. Doch damit ist nun Schluss. Von Juli an soll auch für die etwa 13 000 Paketboten von DHL Delivery der Haustarifvertrag des Konzerns gelten. Darauf haben sich die Post und die Gewerkschaft Verdi nun geeinigt.

"Der Irrweg zweier Gesellschaften ist damit beendet", sagt die stellvertretende Verdi-Vorsitzende Andrea Kocsis. "Künftig gilt wieder: ein Betrieb, ein Tarifvertrag." So werden die meisten Delivery-Paketfahrer in diesem Sommer unmittelbar mehr Geld verdienen, teilt die Gewerkschaft mit und spricht von 47 bis 316 Euro mehr pro Monat. Zudem erhielten die Zusteller künftig ein Weihnachtsgeld, eine betriebliche Altersversorgung und einen Kündigungsschutz. Kocsis spricht feierlich von einem "riesigen gewerkschaftlichen Erfolg".

Tatsächlich haben Verdi und die Post jahrelang über die Arbeitsbedingungen von Paketboten gestritten, da sich die Branche einen harten Preiswettbewerb liefert. Konkurrenten wie DPD oder Hermes beauftragen zahlreiche Subunternehmer in der Zustellung; viele von ihnen zahlen nicht nach Tarif und sind nicht traditionell mitbestimmt wie etwa die Post. Um mithalten zu können, hat der Bonner Konzern 2015 die Delivery-Gesellschaften gegründet. Sie bezahlen Paketfahrer getreu der Flächentarifverträge der Logistikbranche. Diese liegen - mit Ausnahme Bayerns und Baden-Württembergs - unter dem Haustarifvertrag der Post. Verdi konnte die Gründung von DHL Delivery damals trotz zweimonatiger Streiks nicht abwenden.

Den Paketdiensten fällt es immer schwerer, Fahrer zu finden. Das treibt die Löhne nach oben

Allerdings haben die Arbeitnehmervertreter der Logistikbranche in den vergangenen Jahren höhere Löhne ausgehandelt. Denn der Paketmarkt wächst von Jahr zu Jahr, die Kunden bestellen immer mehr im Internet. Und in Zeiten der Rekordbeschäftigung fällt es den Paketdiensten immer schwerer, Fahrer zu finden. Sie meldeten zuletzt steigende Personal- und Transportkosten und versuchen derzeit, höhere Paketpreise auch bei Großversendern wie Amazon auszuhandeln.

Daher erscheint es der Post nun verkraftbar, die Zweiklassengesellschaft ihrer Zusteller abzuschaffen. Zumal dies dem Konzern auch Vorteile bringt: Er kann Postboten und Delivery-Boten künftig gemeinsam einteilen, sie können sich gegenseitig vertreten, die Post spart doppelten Verwaltungsaufwand. "Gleichzeitig grenzen wir uns bewusst von einem Niedriglohnwettbewerb in der Branche ab", tönt Konzernchef Frank Appel.

Für Zehntausende Briefboten in den Städten und sogenannte Verbundzusteller, die auf dem Land sowohl Briefe als auch Pakete austragen, ändert der neue Tarifabschluss zunächst nichts. Allerdings: Wer künftig bei der Deutschen Post anfängt, wird länger als früher warten müssen, bis sein Tarifgehalt steigen wird. Statt nach zwei Jahren sollen die Beschäftigten in Zukunft erst nach drei oder vier Jahren "in die nächste Erfahrungsstufe" aufsteigen, wie das bei der Post heißt; ein solcher Aufstieg qua Seniorität bringt in der Regel 75 Euro mehr pro Monat. Hier spart der Konzern langfristig Personalkosten.

Im Gegenzug schließt die Post betriebsbedingte Kündigungen in Deutschland nun bis Ende 2022 aus. Sie verspricht zudem, dass sie die Brief- und Verbundzustellung bis Ende 2020 nicht an Dritte auslagern wird. So gehen die Tarifverhandlungen zu Ende, die im vergangenen Dezember begonnen hatten. Und die mittlerweile 46 Delivery-Gesellschaften bundesweit werden ihren Betrieb im Juli einstellen.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.4385172
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 28.03.2019
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.