Süddeutsche Zeitung

Onlinehandel:Wer besonders viele Pakete bekommt

Jeder Deutsche erhält im Schnitt fast 50 Pakete pro Jahr - Menschen in anderen Ländern ordern sogar noch mehr. Die Paketdienste reagieren - mit höheren Preisen.

Von Benedikt Müller-Arnold, Köln

Egal, ob er im gelben oder weißblauen Transporter durch die Siedlung kurvt: Für viele Leute ist der Zusteller Teil des Alltags geworden. Im vergangenen Jahr hat jeder Mensch in Deutschland im Schnitt 49 Pakete erhalten, berichtet der Postdienstleister Pitney Bowes. Zwar sollte man Mittelwerte mit Vorsicht genießen: Während Kinder oder viele ältere Menschen kaum Pakete bekommen, nehmen andere umso mehr entgegen - und sei es nur geschäftlich.

Doch die Tendenz ist klar: Im Pandemie-Jahr 2020 wurden hierzulande zwölf Prozent mehr Warensendungen verschickt als im Vorjahr, berichtet auch der Bundesverband Paket und Expresslogistik. Seitdem Läden wochenlang schließen mussten oder nur unter Auflagen öffnen, melden Onlinehändler und Paketdienste Rekorde. Zusteller seien "zu einer der Stützen der Gesellschaft" geworden, sagt Burkhard Heihoff, Deutschlandchef von Pitney Bowes. Allerdings habe sich das Einkaufsverhalten andernorts noch stärker verändert. So kamen in Großbritannien durchschnittlich 74 Warensendungen auf eine Person, in Japan 72. Auch in den USA und in China erhielten die Menschen im Mittel mehr Pakete als hierzulande.

Der Boom hat freilich Schattenseiten: etwa der viele Verpackungsmüll oder prekäre Arbeitsverhältnisse bei Subunternehmern. Immer wieder fand der Zoll Hinweise, wonach Firmen ihre Boten nicht zur Sozialversicherung anmeldeten oder den Mindestlohn unterschritten. Der Staat nimmt Paketdienste in solchen Fällen seit zwei Jahren stärker in die Haftung.

Jahrelang hatten Firmen immer weniger Geld pro Paket eingenommen, doch das ändert sich

Dies ist Ausdruck eines harten Preiskampfs. Jahrelang nahmen Paketdienste im Schnitt immer weniger Geld pro Sendung ein. Doch das hat sich verändert: 2020 erlösten hiesige Unternehmen im Mittel gut 4,50 Euro je Paket, berichtet Pitney Bowes. Weniger als in Frankreich oder Italien, aber stolze fünf Prozent mehr als im Vorjahr. Paketdienste setzten also höhere Preise durch, etwa gegenüber Onlinehändlern. Das scheint sich fortzusetzen: Die Deutsche Post und ihr Wettbewerber DPD wollen die Paketpreise für Geschäftskunden zum Jahreswechsel erhöhen. Sie verweisen auf höhere Transport- und Personalkosten, zudem investieren sie beispielsweise in größere Sortierzentren.

Insgesamt, so Pitney Bowes, habe die Post ihren Anteil auf dem Paketmarkt in Deutschland im vergangenen Jahr leicht ausgebaut: von 48 auf 49 Prozent. Als nächstgrößere Konkurrenten nennt die Studie Hermes und UPS. Der DHL-Konzern hat den großen Wettbewerbsvorteil, dass in ländlichen Gebieten ein und derselbe Zusteller Briefe und Pakete bringt. Auch in Städten lässt die Post Briefträger mehr und mehr kleine Warensendungen transportieren.

Pitney Bowes ließ für den sogenannten Parcel Shipping Index die 13 größten Paketmärkte der Erde untersuchen; es sind Staaten, in denen zusammengerechnet 3,8 Milliarden Menschen leben. Die Studie basiert jeweils auf Angaben von Marktforschern, Verbänden und Unternehmen. Pitney Bowes prognostiziert, dass die Zahl der Warensendungen in den betrachteten Märkten bis 2026 um weitere 76 bis 130 Prozent steigen dürfte. Schließlich sei der Onlinehandel "aus unserem Leben nicht mehr wegzudenken", so Heihoff.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.5424117
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.