Bankenkrise:Das nächste Geldhaus wackelt

Bankenkrise: Filiale der Pacific Western Bank in Huntington Beach in Kalifornien, einer Tochter der Pac-West-Holding.

Filiale der Pacific Western Bank in Huntington Beach in Kalifornien, einer Tochter der Pac-West-Holding.

(Foto: MIKE BLAKE/REUTERS)

Die US-Bankenkrise ist nicht vorbei: Schon taumelt eine weitere Regionalbank, die Pac-West Bancorp aus L.A. Was dahintersteckt und warum sich auch deutsche Banken Gedanken machen.

Von Meike Schreiber, Frankfurt

Es war nur eine Verschnaufpause, nachdem die strauchelnde First Republic Bank am Montag vom Bankenkonzern JP Morgan aufgefangen worden war. Die Turbulenzen bei den US-Regionalbanken aber gehen weiter: In den vergangenen Wochen waren bereits vier Institute kollabiert, mit der Pac-West Bancorp aus Los Angeles traf es nun das nächste Geldhaus. Die Bank prüfe "alle Optionen", hieß es am Mittwochabend. Mit anderen Worten: Man will retten, was zu retten ist, sei es mit einem Verkauf oder frischem Kapital oder irgendetwas anderem. Die Aktien brachen am Donnerstag im vorbörslichen US-Geschäft um 43 Prozent ein. Auch die Kurse weiterer Regionalbanken gaben stark nach.

Pac-West versuchte am Donnerstag noch, die Anleger zu beruhigen: Seit der Rettung der First Republic durch JP Morgan am Montag habe es keine ungewöhnlichen Abflüsse von Einlagen gegeben, versicherte die Bank. Geholfen hat es wohl nicht. Seit Beginn der Krise der Regionalbanken Anfang März hatten die Aktien fast 90 Prozent ihres Wertes verloren. Auch eine Kapitalerhöhung hatte nicht mehr gereicht hatte, die Lage dauerhaft zu stabilisieren.

Auslöser der schlimmsten Bankenkrise seit der Finanzkrise 2008 war der Kollaps der Silicon Valley Bank Anfang März. Viele Anleger zogen daraufhin ihr Geld bei Regionalbanken ab. "Das Vertrauen in ein Finanzinstitut wird über Jahrzehnte aufgebaut und in Tagen zerstört. Wenn ein Dominostein fällt, beginnt die nächstschwächste Bank zu wackeln", schrieb der Hedgefonds-Investor Bill Ackman auf Twitter und forderte die Regulierungsbehörden auf, die Einlagen der Kunden umfassend abzusichern. "Bis Investoren dafür belohnt werden, auf eine wackelnde Bank zu setzen, wird es kein Gebot geben", schrieb er.

Große Banken und Private-Equity-Firmen hatten sich daher geweigert, Regionalbanken ohne staatlichen Rückhalt Kapital anzubieten. Sie befürchten Verluste aus den Krediten und Anlageportfolios der Geldhäuser. Vor allem die Zinserhöhung macht den Regionalbanken zu schaffen. Sie hatten vor der Zinswende in US-Staatsanleihen investiert, die nun weniger wert sind. Am Mittwoch hatte die US-Notenbank die Zinsen weiter erhöht. Das Bankensystem des Landes sei widerstandsfähig, die Bankeinlagen hätten sich stabilisiert, sagte Notenbankchef Jerome Powell.

Viele Büros in den USA stehen leer

Investorenlegenden wie Charlie Munger, ein Vertrauter von Milliardär Warren Buffett und Vizechef seiner Investmentfirma Berkshire Hathaway, ist weniger zuversichtlich. In der Financial Times warnte er vor einigen Tagen, die US-Banken seien "voll" von "faulen Immobilienkrediten". Zwar sei die Lage "nicht annähernd so schlimm wie 2008", sagte der 99-jährige Investor. Damals, in der Finanzkrise, hatte Berkshire Hathaway in viele strauchelnde Banken investiert. Aber: Viele Banken würden sich bereits aus der Immobilien-Finanzierung zurückziehen. Das Grundproblem: Nach Corona sind viele Mitarbeiter nicht in ihre Büros zurückgekehrt. Unternehmen lassen daher ihre Mietverträge auslaufen. Hinzu kommen die Entlassungen der Tech-Konzerne. Das drückt Mieten und Preise, dazu kommen die steigenden Zinsen, die Anschlussfinanzierungen verteuern. Im schlimmsten Fall zahlen die Firmen ihre Miete nicht mehr und geben die Immobilie einfach an die Bank. All das trifft derzeit vor allem die Regionalbanken, die stark auf diesem Markt engagiert sind.

Wie immer auf den Finanzmärkten handelt es sich auch hier nicht nur um ein lokales Phänomen: Viele Banken in Europa, allen voran einige aus Deutschland, haben sich ebenfalls auf dem US-Immobilienmarkt engagiert - am stärksten relativ zu ihrer Größe die Aareal Bank aus Wiesbaden. Der Immobilienfinanzierer hat laut Ratingagentur Fitch insgesamt für acht Milliarden Euro Kredite bei US-Gewerbeimmobilien ausstehen, mehr als das Dreifache des Kernkapitals. Die Bank kann sich dort also keine großen Ausfälle leisten, das würde sofort die Reserven auffressen. Aber auch die Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba) steht deutlich im Risiko. Sie hat für elf Milliarden Euro Kredite für US-Gewerbeimmobilien vergeben, was ungefähr ihrem gesamten Kernkapital entspricht. Die Deutsche Bank wiederum hat dort insgesamt 17 Milliarden Euro verliehen, was ungefähr 38 Prozent ihres Eigenkapitals entspricht, und daher Finanzvorstand James von Moltke zufolge "gut zu managen" sei.

Wird die aufziehende Immobilienkrise in den USA also nach Deutschland schwappen - so wie in der Finanzkrise, als der Einbruch bei Hauspreisen in den USA bald auch in den Bilanzen heimischer Banken große Verlusten nach sich zog? Tatsächlich sind auch Aktienkurse der heimischen Geldhäuser seit einigen Wochen deutlich unter Druck. Die Ratingagentur Fitch gibt aber vorerst Entwarnung: Das Engagement deutscher Banken bei Gewerbeimmobilien sei im europäischen Vergleich zwar hoch, hieß es unlängst in einer Studie. Doch wäre all das noch kein Grund zur Sorge: Viele Immobilienkredite seien gut besichert, die Mietverträge langlaufend. So lange die Mieter zahlen, entstehen also wohl keine großen Probleme. Das aber dürfte die große Unbekannte sein.

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