Packservice:Verpackungskünstler

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Das Karlsruher Familienunternehmen Packservice expandiert stark. Dabei nützt auch Greta Thunberg. Nun veröffentlicht der Firmenchef Ralph Spiering ein Buch über seine Wachstumsstrategie.

Von Dagmar Deckstein

Hersteller suchen nach immer ausgefeilteren Verpackungslösungen. Eine Supermarktkette will Weihnachtskalender in den Handel bringen, die aber erst mit kleinen Gaben zu befüllen sind. Ein Spirituosenhersteller möchte seinen neuen Kräuterlikör im Geschenkkarton anbieten, auf dessen Flasche noch ein Glas als Zugabe anzubringen ist. Und zum Lippenstift soll es noch einen Gratis-Mascara geben. Häufig stammen solche Aufträge aus dem Haus Packservice. Mit speziellen Verpackungslösungen hat Firmenchef Ralph Spiering seine Firma "Packservice" in Karlsruhe im Laufe der vergangenen fast 25 Jahre groß gemacht hat. Dabei profitiert die Firma auch von Marketingaktionen der Hersteller.

Vor allem im deutschen Einzelhandel, dessen Ladenflächen nach wie vor viel üppiger bemessen sind als in anderen europäischen Ländern, gilt die Devise: Das Auge kauft mit. Wie ansprechend und konsumentenfreundlich die konkurrierenden Hersteller ihre Ware präsentieren können, desto größer die Chance, bei den Kunden zu punkten.

Ralph Spiering, 54, hat die Firma von seinen Eltern Paul und Waltraud Spiering 1996 übernommen. Damals war das kleine, 1980 gegründete Unternehmen mit gerade einmal 100 Mitarbeitern und drei Standorten rund um den Firmensitz Karlsruhe noch regional orientiert. Heute arbeiten 1300 Mitarbeiter an 30 Standorten in Deutschland, Österreich und der Schweiz für das Unternehmen, das seit 2002 den Umsatz verzehnfacht hat und seit Jahren mit zweistelligen Umsatzzuwächsen aufwartet. Auch wenn sich Ralph Spiering über die genauen Umsatzgrößen bedeckt hält - die Fachwelt schätzt sie auf 240 Millionen Euro jährlich.

Die Verpackungsbranche boomt. Hersteller von Konsumartikeln konkurrieren beständig mit neuen Angeboten um die Gunst der Kunden. Dabei kommt der Verpackung oft eine entscheidende Rolle zu. Das Geschäft sei zudem relativ konjunkturunabhängig, wie Spiering betont: "Mal wollen die Anbieter im Boom ihre Angebote möglichst unterscheidbar von denen der vielen Wettbewerber präsentieren, mal sollen in der Konjunkturflaute attraktive Verpackungen zum Kauf anregen."

Packservice hat sein eigenes Dienstleistungsangebot im Laufe der Jahre beständig erweitert. So bietet die Karlsruher Firma ihrer Markenartikel-Kundschaft inzwischen auch Beratung, Verpackungsentwicklung und Warenrückverfolgung an. "Wachstum war und ist bei uns aber nie Selbstzweck. Vielmehr ist unsere beständige Expansion die Bestätigung dafür, dass wir unsere Arbeit gut erledigen. Und sie ist auch ein Weg, sich unabhängiger von einzelnen Kunden, Regionen, Marken oder Branchen zu machen." Packservice zählt eine große Branchen-Palette zu seinen Kunden: Kosmetik, Pharma, Nahrungsmittel und Getränke, Versand- und Einzelhandel, Spielwaren und Textil, dazu auch Logistikunternehmen.

Auch verschiedene Zukäufe passender Dienstleister oder kleinerer Wettbewerber tragen zum Wachstum bei. Da wurde 2002 ein Textilbearbeitungs-Spezialist in Pforzheim dazugekauft, 2007 ein Kontraktverpacker in Gütersloh und 2013 der Unternehmensteil eines Logistikers in der Schweiz. Eine komplette Neugründung erfolgte 2018 mit dem Verpackungsmittel- und Wellpappe-Lieferanten "Flexpack GmbH", der Kartonagen und Papp-Zuschnitte in Rastatt produziert. Ralph Spiering und seine Mit-Geschäftsführer hatten sich das gut überlegt: "Wir haben die unterschiedlichsten Anforderungen an solche Kartonlösungen. Ob kleine Pappschächtelchen für die Cremedose oder große Pappkartons aus Wellpappe für den Versand, das alles fertigen wir jetzt selbst an."

Nicht erst seit Greta Thunberg sind Plastikverpackungen zunehmend als umweltschädlich in Verruf geraten. Die Branche hat darauf reagiert: "Auf der Fachmesse "Fachpack" im vergangenen September in Nürnberg war unübersehbar, dass das Thema Nachhaltigkeit bei fast allen Ausstellern im Fokus steht", sagt Spiering. In der Branche der Verpackungsherstellung sei man bemüht, Alternativen zu klassischen Plastikfolien zu suchen. Ob mit Grasfasern, mit Mais- oder Weizenstärke oder über den Ersatz von Plastik durch Pappe. In der CO₂-Bilanz sei Folie dabei gar nicht viel schlechter als Pappe. Aber es komme auf die Wiederverwertung an, die derzeit mit einer Recyclingquote von etwa 50 Prozent noch zu gering sei. "Wir befinden uns jedenfalls in engem Kontakt mit Herstellern, die neue Materialien suchen und sie bei uns auf Verarbeitbarkeit ausprobieren. Dazu bieten wir unter anderem auch alternativ zur Folie bedruckte Kartonverpackung an."

Nun ist Ralph Spiering dabei, seine Strategien und Tipps in einem Buch zusammenzufassen, das im nächsten Frühjahr erscheinen soll. Titel: "Gekonnt wachsen". Wachstum umsichtig zu steuern, ist eine besondere Herausforderung. Erst recht für Mittelständler, denen ihr Erfolg manchmal schnell über den Kopf wächst. Spiering führt einen aufstrebenden Fliesenleger als kleines Beispiel an: "Er leistete bei uns zuhause hervorragende Arbeit, aber die Rechnung stellte er erst zwei Jahre später. Seine Begründung: Er hätte einfach viel zu viel zu tun gehabt."

Essenziell sei bei Packservice hohe Transparenz in allen Finanzierungsfragen: Relevante Kennzahlen müssten intern sinnvoll aufgearbeitet sein, dann dienen sie als die Gradmesser für gesundes Unternehmenswachstum. "Sie funktionieren wie die Anzeigen im Cockpit, mit deren Hilfe ich nicht nur das Flugzeug sondern auch das Unternehmen steuern, kontrollieren und auf Kurs halten kann", erklärt Spiering. "Wir haben zum Beispiel einen einfachen Prozess entwickelt, der schnelle und zuverlässige Investitionsentscheidungen erlaubt. Am wichtigsten dabei ist die Frage nach dem Return on Investment (ROI): Wie und wann hat sich diese Investition wieder amortisiert? Wenn das nicht länger als zwei Jahre dauert und alle anderen Parameter ebenso passen, gibt der zuständige Geschäftsführer den Antrag frei."

Die Mitarbeiteranzahl ist von 100 auf 1300 gestiegen

Auch mit dem Finanzamt und mit seinen Banken arbeitet Spiering eng zusammen: "Einmal im Jahr erhält unsere Hausbank mit den Vorjahreszahlen unseren Bankbericht. Damit liefern wir ihnen mehr Informationen, als sie von uns fordern können. Doch wir geben diese Extras gerne. Weil wir dadurch unser Vertrauensverhältnis zur Bank stärken und uns bei Verhandlungen eine starke Position verschaffen können." Das Finanzamt wiederum ist für Spiering ein hilfreicher Partner des Unternehmens: "Mit seiner Expertise liefert uns die Behörde eine Art kostenloses externes Betriebsaudit, das uns in unseren ordentlichen Abläufen bestätigt oder im Einzelfall rechtzeitig auf eine mögliche Schwachstelle hinweist."

Ralph Spiering hat für sein Erfolgsrezept der Firma Packservice ein Symbol gewählt, die sogenannte Lemniskate, eine liegende Acht, das Zeichen für Unendlichkeit. "Die strategische Ausrichtung unseres Unternehmens voranzutreiben, ist inzwischen eine meiner wichtigsten Aufgaben", sagt Spiering.

Dafür hat er auch schon konkrete Pläne. Jetzt peilt er die "Wachstumsphase 5" von 2021 bis 2025 an. Seine "Fünfjahrespläne" begannen übrigens mit "Phase Null" von seiner Übernahme des elterlichen Betriebs 1996 bis 2001. In Phase fünf steht für Ralph Spiering zunächst an, weitere Führungskräfte ins Unternehmen zu holen und Auslandsstandorte auch in West- und Osteuropa aufzubauen.

© SZ vom 05.12.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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