Oxfam-Vorschau für 2016:Ein Prozent hat mehr als der Rest der Welt

Oxfam-Vorschau für 2016: Die Megajacht des russischen Öl-Milliardärs Roman Abramowitsch. Geschätzter Wert nach diversen Um- und Einbauten: 1,5 Milliarden Dollar

Die Megajacht des russischen Öl-Milliardärs Roman Abramowitsch. Geschätzter Wert nach diversen Um- und Einbauten: 1,5 Milliarden Dollar

(Foto: AFP)
  • Das reichste Prozent der Weltbevölkerung wird einem Oxfam-Bericht zufolge bald mehr als die Hälfte des weltweiten Vermögens besitzen.
  • Die britische Aktivistengruppe warnt vor der "schockierend schnell" wachsenden sozialen Ungleichheit.
  • Zwei Tage vor Beginn des Weltwirtschaftsforums in Davos fordert Oxfam von den Staaten, der Entwicklung gegenzusteuern.

Wie das weltweite Vermögen verteilt ist

Ein Prozent der Weltbevölkerung wird 2016 mehr Vermögen angehäuft haben, als die restlichen 99 Prozent zusammen. "Die soziale Ungleichheit wächst schockierend schnell", heißt es in einem Bericht der britischen Aktivistengruppe Oxfam zur Vermögensverteilung auf der Welt (PDF).

Demnach gehörten 2009 noch 44 Prozent des Wohlstands einem Prozent der Weltbevölkerung. Vergangenes Jahr lag der Anteil bereits bei 48 Prozent. 2016 wird dieses eine Prozent reicher Menschen wohl 50 Prozent des weltweiten Vermögens besitzen - die andere Hälfte verteilt sich widerum sehr ungleich auf die restlichen 99 Prozent.

Wichtige Aussagen des Berichts im Überblick

  • Oxfam schätzt, dass die reichsten Personen und Unternehmen weltweit 21 Billionen US-Dollar in einem globalen Netz aus Steueroasen vor den Behörden verstecken.
  • In den USA habe die Phase der finanziellen Deregulierung direkt mit einem Einkommenswachstum des obersten einen Prozents der Bevölkerung zu tun: Sein Anteil am Gesamteinkommen ist so groß wie seit dem Vorabend der Großen Depression, am 23. Oktober 1929, nicht mehr.
  • In Indien habe sich die Zahl der Milliardäre in den vergangenen zehn Jahren verzehnfacht, begünstigt durch ein höchst regressives Steuersystem. Außerdem würden die Reichen ihre Verbindungen in die Regierung ausnutzen. Die Ausgaben zur Armutsbekämpfung würden hingegen auf "bemerkenswert niedrigem Niveau verharren", kritisiert Oxfam.
  • In Europa seien Sparmaßnahmen auf dem Rücken der Einkommensschwachen und des Mittelstandes durchgesetzt worden, beklagen die Aktivisten - "unter großem Druck der Finanzmärkte, deren reiche Investoren von staatlichen Rettungsmaßnahmen für die Banken profitierten".
  • In Afrika, so heißt es in dem Bericht, würden internationale Unternehmen - besonders aus dem Rohstoffsektor - ihren Einfluss ausnutzen, um Steuern und Abgaben zu vermeiden. Dadurch würden die Ressourcen beschnitten, die den dortigen Regierungen zur Armutsbekämpfung zur Verfügung stehen.

Dem Bericht zufolge wächst weltweit das Bewusstsein über dieses Einkommens- und Machtgefälle. Umfragen in Brasilien, Indien, Südafrika, Großbritannien, Spanien und den USA hätten gezeigt, dass die Mehrheit der Befragten dort glaubt, die Gesetze seien zugunsten der Reichen gemacht.

Was Oxfam von den Staaten fordert

"Das Ausmaß der globalen Ungleichheit ist einfach erschütternd", sagte Oxfam-Direktorin Winnie Byanyima. Einer von neun Menschen auf der Erde habe nicht genug zu essen, eine Milliarde Menschen müssten mit weniger als 1,25 US-Dollar pro Tag zurechtkommen.

Um eine weitere Zunahme der Ungleichheit zu stoppen, fordert Oxfam von den Staaten eine Selbstverpflichtung zu verschiedenen Maßnahmen: die Bekämpfung von Steuervermeidung und Steuerflucht, die Besteuerung von Kapital anstelle von Arbeit, die Einführung von Mindestlöhnen - sowie die Verbesserung der öffentlichen Dienstleistungen. Die Regierungen müssten sich gegen Interessengruppen durchsetzen, "die einer faireren und gedeihlicheren Welt im Wege stehen", forderte Byanyima.

Erst im Dezember hat die OECD den Staaten eine Umverteilung nahegelegt, weil nicht höhere Steuern die wirtschaftliche Entwicklung behindern würden, sondern die ungleichen Einkommen in der Gesellschaft.

Wer am Weltwirtschaftsforum teilnimmt

Die wachsende Ungleichheit gehört zu den Themen des Weltwirtschaftsforums, das von Mittwoch bis Samstag in der Schweiz stattfindet. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), Frankreichs Präsident François Hollande und Chinas Ministerpräsident Li Keqiang haben neben 300 weiteren Staats- und Regierungschefs sowie Managern von Wirtschaftsunternehmen und Vertretern der Zivilgesellschaft ihr Kommen in den Schweizer Bergort Davos angekündigt. Oxfam-Direktorin Byanyima wird das Treffen in diesem Jahr als Co-Vorsitzende leiten.

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