Süddeutsche Zeitung

Osram:Selbstbewusst in die nächste Runde

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Der Osram-Bieter AMS legt gute Zahlen vor - das könnte im Übernahmekampf helfen.

Von Thomas Fromm, München

Vor allem die Rhetorik hat sich in den letzten Tagen schwer verändert, und das sagt einiges darüber aus, wie es nun weitergeht. "Wir haben in den vergangenen Tagen konstruktive Gespräche mit AMS über die Rahmenbedingungen für ein neues Übernahmeangebot geführt", sagte Osram-Chef Olaf Berlien am vergangenen Freitag. Da hatte der österreichische Chiphersteller AMS gerade eine neue Offerte für den weitaus größeren Osram-Konzern angekündigt. Preis: wie schon beim gescheiterten Versuch davor 4,6 Milliarden Euro - 41 Euro die Aktie.

Allerdings hatten die Österreicher nach dem letzten Versuch die Mindestannahmequote für die Aktionäre von 62,5 auf 55 Prozent gesenkt. Es gab Wochen, da hätte Berlien wahrscheinlich alles getan - nur keine "konstruktiven Gespräche" geführt. Nicht einmal seine eigenen Aktien wollte er dem möglichen Käufer im September andienen. Aber wenn eine Übernahme näher rückt, die man nur noch schwer verhindern kann, dann muss man eben reden.

Am Dienstag nun präsentierte AMS-Chef Alexander Everke vor Investoren seine Quartalszahlen, und im Grunde war es auch eine klare Botschaft für Osram und seinen Chef: Der Gewinn mit 142 Millionen Euro verdoppelt, der Umsatz mit 578 Millionen Euro um 41 Prozent gestiegen. So etwas gibt Rückenwind, wenn man ein Unternehmen kaufen will, das zwar fast dreimal so groß ist wie man selbst, aber leider eben auch ziemlich klamm.

Wir sind stark, wir schaffen das!

Man erwarte "eine Einigung, bevor das Übernahmeangebot startet", sagte Everke in einer Telefonkonferenz, selbstbewusst wie immer. Gespräche mit dem Osram-Management verliefen konstruktiv, man sei "zuversichtlich", dass das aktuelle Angebot für Osram erfolgreich sein werde.

Vor allem eine Hürde ist nun weg: Die US-Finanzinvestoren Bain Capital und Advent, die auf den letzten Metern noch ein eigenes Gebot angekündigt hatten, haben sich nun offenbar zurückgezogen. Damit sei die Sache "sehr klar", sagte Everke. Erstes Kalkül: Aktionäre, die sich beim letzten Mal in der Hoffnung zurückgehalten hatten, dass die Amerikaner am Ende mehr als die von AMS versprochenen 41 Euro bieten, werden nun anbeißen und an die Österreicher verkaufen. Für die Investoren ist ein Mitbieten kaum noch attraktiv, da AMS bereits knapp 20 Prozent an Osram hält, die man am Markt gekauft hatte.

Zweites Kalkül: Wenn sich erst einmal herumgesprochen hat, dass man mit der anderen Seite über die Zukunft und ein gemeinsames Kooperationsabkommen verhandelt, dürfte dies auch die Zögerlichen unter den Aktionären umstimmen und überzeugen. Nicht überzeugt hat Everke bislang die IG Metall, die von einer "feindlichen Übernahme" spricht und weiteren Widerstand ankündigt. "Es entsteht der Eindruck, dass sich AMS total verrannt hat und dadurch bereit ist, unkalkulierbare Risiken einzugehen", sagte der IG-Metaller und Osram-Aufsichtsrat Klaus Abel. Die Arbeitnehmervertreter rechnen damit, dass AMS den über 110 Jahre alten Münchner Konzern zerschlagen wird, auch um die Milliardenschulden wieder reinzuholen, die eine Folge der Übernahme wären.

Dass Everke alles tut, um die Münchner zu übernehmen, hatte er in diesen Tagen bewiesen. So hatte AMS eigens auf die Schnelle ein Übernahmevehikel gegründet, um einen neuen Anlauf überhaupt erst starten zu können. Denn nach dem deutschen Übernahmerecht hätte AMS ein ganzes Jahr warten müssen, um wieder ein neues Angebot vorlegen zu können.

Die Frage ist nur, wie es dann weitergeht. Ende November endet die neue Angebotsfrist, und wenn es AMS in dieser Zeit schafft, die nötige Zahl an Aktionären des M-Dax-Unternehmens auf seine Seite zu ziehen, dürfte eine lange Phase der Übernahme beginnen, die irgendwann im Jahre 2020 abgeschlossen wäre - dann nämlich, wenn auch die Wettbewerbsbehörden ihre Zustimmung gegeben haben. Nur: Was passiert in diesen Monaten mit Osram? Wirtschaftlich, strategisch, personell? Die Münchner müssen dringend investieren, haben aber kaum ausreichend Mittel dafür. Gleichzeitig drohen weitere Verluste.

Everke dagegen will aus AMS und Osram einen neuen erfolgreichen Großkonzern im Bereich von Licht- und Sensortechnik schmieden und sich so unabhängiger von alten Großkunden wie Apple machen. Ein noch weiter geschwächtes Osram könnte er dabei kaum gebrauchen. Auch dies war die Botschaft Everkes an diesem Dienstag: Wir jedenfalls haben unser Geschäft im Griff.

Vor allem die höhere Nachfrage im Smartphone-Bereich und nach 3D-Sensoren sorgte für den starken Gewinnanstieg. Noch vor einem Jahr war es das schwächelnde Geschäft mit den neuesten iPhones, das für schlechte Stimmung sorgte.

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Quelle:
SZ vom 23.10.2019
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