Süddeutsche Zeitung

Osram:Licht aus

Der chinesische Käufer der traditionsreichen Lampensparte will die Werke in Augsburg und Berlin schließen. Es geht um mindestens 850 Jobs. Auch in anderen Werken wird gespart.

Von Thomas Fromm

Wenn der Chef des Lampenherstellers Ledvance an diesem Montag nach Augsburg reist, wird er unangenehme Nachrichten für die dortigen 650 Mitarbeiter im Gepäck haben: Jes Munk Hansen, Chef der früheren Lampensparte des Osram-Konzerns, will die Mitarbeiter nach SZ-Informationen über die Schließung des Werkes informieren. Auch der Standort Berlin mit seinen noch 200 Mitarbeitern soll dicht gemacht werden. Die beiden dann noch verbleibenden Standorte im bayerischen Eichstätt und Wipperfürth bei Köln müssen sich auf einen drastischen Stellenabbau einstellen. Ein Ledvance-Sprecher wollte die Pläne, über die zuerst die Augsburger Allgemeine berichtet hatte, nicht kommentieren. Aus Industriekreisen hieß es jedoch, die Einschnitte seien wegen des Einbruchs am Markt für Glühlampen und einer immer geringeren Auslastung der Werke "unausweichlich".

Osram habe für sein Lampengeschäft den "besten Eigentümer" gefunden, hieß es

Es ist der dramatische Höhepunkt einer langen Entwicklung. Bereits unter Osram-Führung waren in den vergangenen Jahren mehr als 3000 Jobs allein in Deutschland abgebaut worden. Anfang 2016 schließlich hatte die frühere Siemens-Tochter ihr traditionelles Lampengeschäft unter dem Namen Ledvance ausgelagert; im Juli des gleichen Jahres gab man den Verkauf der Sparte mit seinen heute noch 9000 Mitarbeitern weltweit an ein Konsortium um den chinesischen LED-Spezialisten MLS und die Finanzinvestoren IDG und Yiwu bekannt. Kaufpreis damals: an die 400 Millionen Euro. Außerdem sollte Osram Lizenzgebühren für die Nutzung der Namensrechte bekommen. "Die Transaktion ist eine gute Nachricht für die Mitarbeiter von Ledvance", lobte man damals bei der IG Metall - Betriebsvereinbarungen und Sozialpläne für die Firma mit einem Umsatz von zuletzt zwei Milliarden Euro würden bis Ende 2018 bestehen. Und Olaf Berlien, Osram-Chef und Ledvance-Verkäufer, schwärmte von einem "Meilenstein für Osram in seiner Aufstellung hin zum High-Tech-Unternehmen". Osram habe den "besten Eigentümer" für sein Lampengeschäft gefunden.

Wer mit solchen Worten einen Anteilsverkauf kommentiert, ist wohl froh, dass er das Geschäft los ist. Osram, einst mit seiner Lampensparte groß und bekannt geworden, beschloss damit allerdings nicht nur, ein "High-Tech-Unternehmen" zu werden - man kappte damit auch gleich noch seine Wurzeln. In Deutschland sollen heute noch 2500 Menschen für das alte Traditionsgeschäft des Ex-Eigentümers Osram arbeiten - mit dem jüngsten Kürzungsplan dürfte sich die Zahl der Mitarbeiter weiter nahezu halbieren.

Es ist ein Untergang auf Raten. In Augsburg werden noch herkömmliche Leuchten hergestellt - wegen des Trends hin zu modernen LED-Lampen werden diese kaum noch gekauft. Vor allem: Dass sich der Lichtmarkt verändern würde, war klar. Nur dass der Trend hin zu nachhaltigeren und energiesparenden LED-Leuchten so schnell vonstatten gehen würde, hatte am Ende auch die Strategen der Branche überrascht. Dazu kommt: Man rechnet im Konzern mit Plänen der EU, wonach Energiesparlampen, wie sie noch in Augsburg hergestellt werden, größtenteils verboten werden dürften. Lampen aus Augsburg sind also wohl schon jetzt nur noch ein Auslaufmodell. Ein Branchenkenner formulierte es am Sonntag so: Glühbirnen und Lampen seien so etwas wie die mechanischen Schreibmaschinen unserer Zeit - auch die wurden irgendwann nur noch von einer Handvoll Liebhaber gekauft. Dazu passt ein Detail aus dem aktuellen Quartalsbericht des Wettbewerbers Philips - hier war der Umsatz im Geschäft mit herkömmlichen Lampen zuletzt um mehr als ein Viertel eingebrochen. Ein Insider sagt daher: Dass Augsburg auf kurz oder lang geschlossen werden würde, sollte nun niemanden überraschen.

Auch in Berlin sieht es düster aus. Hier arbeiten 200 Menschen für Ledvance in einer Art "Werk im Werk". Auf dem Gelände fertigen außerdem noch knapp 800 Osram-Mitarbeiter Lasermodule für Autolaserlicht und Xenon-Autolampen sowie Kino- und Filmsetlampen, die von den Plänen nicht betroffen sein sollen. Die frühere Konzernmutter Osram geht nach der Trennung von ihrem Lampengeschäft inzwischen ganz andere Wege. Der Konzern will in diesen Tagen eine hochmoderne LED-Chipfabrik in Malaysia eröffnen. Gleichzeitig wurde eine Kooperation mit dem Autozulieferer Continental bei High-Tech-Beleuchtungen und Sensoren für Autos beschlossen. Allerdings steht auch hier schon wieder ein Umbau an: Das Geschäft mit Beleuchtungen für Bürogebäude, Fabriken und Straßen schwächelt - möglich, dass auch dieser Bereich verkauft wird.

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Quelle:
SZ vom 13.11.2017
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