Die Insel wird zum Steuerparadies. Großbritannien soll unter allen großen Industrieländern die niedrigste Steuer auf Unternehmensgewinne haben. Das kündigt Schatzkanzler George Osborne an. Einen Wert unter 15 Prozent strebt er an - das wäre nah dran an den 12,5 Prozent, die Irland verlangt. Für diesen niedrigen Satz wird die irische Regierung oft von Partnern in Europa kritisiert. Der Vorwurf: Dublin helfe Konzernen bei der Steuerflucht. Denn Unternehmen wie Google verschieben mit trickreichen Konstrukten ihre Gewinne auf die Grüne Insel mit den angenehm bescheidenen Sätzen.
Demnächst muss sich auch die britische Regierung auf solche Angriffe einstellen. Osborne wird das egal sein, er ist ein großer Freund von Steuersenkungen für Konzerne. Lag der Steuersatz für Gewinne 2012 noch bei 28 Prozent, kappte er ihn über die Jahre auf 20 Prozent. Im Jahr 2020 sollte er nach bisherigen Planungen 17 Prozent betragen. Nun geht es noch weiter abwärts.
Einbußen für Deutschland?
Der Konservative will damit Investoren anlocken. Die Unsicherheit nach dem Sieg des Brexit-Lagers im Referendum verschreckt ausländische Konzerne. Wollen sie Abteilungen oder Fabriken in Europa ausbauen, werden sie ihre britischen Standorte im Zweifel links liegen lassen - schließlich ist unklar, ob Handel über den Ärmelkanal in Zukunft ohne bürokratische Hürden oder Zölle möglich sein wird. Osbornes forsche Ankündigung soll Manager davon überzeugen, trotzdem Geld ins Vereinigte Königreich zu stecken.
Ob das dem Fiskus in Deutschland oder Frankreich große Einbußen beschert, ist fraglich. Wollen Konzerne Gewinne in Steuerparadiese verschieben, können sie das schon jetzt - Irland sei Dank. Osbornes Politik wirkt da ebenso aktionistisch wie verzweifelt: Ökonomen sagen eine Rezession voraus, Unternehmen verschieben Investitionen und Neueinstellungen. Also muss die Regierung handeln - und ihr fällt nichts Besseres ein, als Steuern zu senken.