Opioide:Schuldbekenntnis ohne Schuldbekenntnis

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Schmerzmittel Oxycontin: Ein Schaden von 500 Milliarden Dollar. (Foto: Toby Talbot/AP)

Die US-Milliardärsfamilie Sackler schließt in der Opioid-Krise einen Vergleich - ohne die Verantwortung zu übernehmen.

Von Claus Hulverscheidt, New York

Im Rechtsstreit um die Aufarbeitung der verheerenden Schmerzmittel- Epidemie in den USA hat sich der Pharmakonzern Purdue mit mehr als 2000 Kommunen, Bundesstaaten und Krankenhäusern auf die Grundzüge eines Vergleichs verständigt. Die Vereinbarung hat nach Angaben der Beteiligten ein Gesamtvolumen von rund zwölf Milliarden Dollar, die für Entschädigungen, gesundheitliche Hilfen und Wiedergutmachungen verwendet werden sollen. Drei der zwölf Milliarden Dollar kommen aus dem Privatvermögen der Familie Sackler, der Purdue gehört. Da mehr als ein Dutzend Bundesstaaten den Vergleich als unzureichend ablehnen, wird die gerichtliche Auseinandersetzung aber auch nach dem jetzigen Deal weitergehen.

Die Sacklers stehen im Zentrum der Opioid-Krise, die bisher rund 400 000 Amerikanern das Leben gekostet hat. Purdue hatte 1995 das Schmerzmittel Oxycontin auf den Markt gebracht und daraus mit Halbwahrheiten und Präsenten an Ärzte, die es verschrieben, einen Kassenschlager geformt. Oxycontin galt zunächst als Wundermittel, bald jedoch zeigte sich, dass es sehr rasch abhängig macht. An der Sucht vieler Patienten, darunter sogar Jugendliche, sollen auch Ärzte mitverdient haben, die das Medikament aus Profitgier in großem Stil verschrieben. Als die Gefahren offenkundig und die Verschreibungsvorschriften verschärft wurden, rutschten viele Nutzer in die Heroinsucht ab, weil Heroin als chemisch verwandter Stoff auf dem Schwarzmarkt oft billiger zu bekommen ist als Oxycontin. Laut US-Regierung hat die Krise, an deren Entstehen neben Purdue weitere Pharmakonzerne beteiligt waren, einen volkswirtschaftlichen Schaden von mehr als 500 Milliarden Dollar angerichtet.

Der jetzige Vergleich sieht vor, dass Purdue in Insolvenz geht und dann unter dem Dach einer Treuhandgesellschaft wiederaufersteht. Die neue Firma wird weiter Oxycontin verkaufen, die Gewinne fließen aber nicht mehr an die Sacklers, sondern in die Entschädigung Betroffener. Das Unternehmen will zudem kostenlos Medikamente zur Behandlung Drogensüchtiger bereitstellen. Kritiker fürchten allerdings, dass sich die Familie, die trotz des Deals ihren Milliardärsrang behielte, mit der Insolvenz und der Aufgabe von Purdue auch aus jeder weiteren Verantwortung stehlen will.

Ein Bekenntnis der Sacklers, die Krise ausgelöst und den Tod unzähliger Menschen mitverschuldet zu haben, gibt es bis heute nicht.

© SZ vom 13.09.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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