Künstliche IntelligenzIm Kampf um Musks Vision knickt Open-AI-Chef Altman ein

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Sam Altman, Chef von Open AI.
Sam Altman, Chef von Open AI. (Foto: Aurelien Morissard/via REUTERS)

Die beiden Tech-Unternehmer hatten sich einst geeinigt, dass die KI-Organisation Open AI der Menschheit dienen sollte. Aber mittlerweile ist der Chatbot Chat-GPT eine gigantische Summe Geld wert – und Open AI bremst seine eigene Kommerzialisierung.

Von Jannis Brühl

„Ihr seid alle besessen von Elon, das ist euer Job“, sagte Sam Altman Journalisten am Montag, auf seinen ehemaligen Kollaborateur angesprochen. Ihm aber ginge es nicht um den Promi Musk, sondern um die Mission seiner Firma Open AI. Doch Open AI ist kein Unternehmen wie jedes andere, und Elon Musks Schatten liegt über ihm, obwohl der Tesla-Chef 2018 im Streit ausgestiegen ist.

Nun hat Mitgründer und Chef Sam Altman seinen Plan aufgegeben, Open AI komplett in ein rein kommerzielles Unternehmen umzuwandeln. Schließlich war der Gründungsgedanke, den Altman und Musk gemeinsam mit anderen formulierten, KI zum Wohl der Menschheit zu erforschen. Doch Altman hatte seit Jahren daran gearbeitet, Open AI zu einer ganz normalen Firma zu machen – damit Investoren und Mitarbeiter Hunderte Milliarden, vielleicht sogar mehr verdienen könnten.

Nun die Kehrtwende. Altman verkündete am Montag in einem Brief an die Beschäftigten, Open AI werde weiter auch der Gemeinnützigkeit verpflichtet bleiben. Der gewinnorientierte Teil der Firma solle in eine sogenannte Public Benefit Corporation umgewandelt werden, ein gemeinnütziges Unternehmen. So handhaben es auch Konkurrenten wie Anthropic oder xAI – die KI-Firma von Musk.

Altman und Musk gründeten Open AI 2015. Es sollte damals eine Art Forschungslabor sein, hier lebten Multimillionäre, die viel Sci-Fi gelesen hatten, ihren KI-Spleen aus. Musk schied 2018 aus, und 2022 stellte Altman dann fest, dass seine Firma mit dem Chatbot Chat-GPT eines der begehrtesten Produkte des Planeten hatte. Chat-GPT löste einen KI-Boom aus, Investoren standen Schlange.

Kaum eine Firma, die nicht an der Börse ist, ist so viel wert wie Open AI

Altman muss sich seitdem zugleich als verantwortungsvoller Hüter der angeblich mächtigsten Technologie der Menschheit präsentieren und zugleich ein Billionen-Unternehmen gewinnträchtig machen. Schließlich hat er viel Geld von Microsoft und großen Risikokapitalgebern wie Softbank und Sequoia bekommen. 2019 schuf er eine profitorientierte Einheit – die Gewinne für Mitarbeiter, die Anteile halten, und für Investoren sind aber gedeckelt. Die Bewertung des Unternehmens liegt heute bei 300 Milliarden Dollar, so hoch wie bei wenigen Firmen, die nicht an der Börse ist.

Der Versuch, das Unternehmen mit einer rein kommerziellen Einheit zu ergänzen, sollte das Dilemma im Sinne des Profits lösen. Doch Elon Musk sah das als Verrat an der ursprünglich festgehaltenen gemeinnützigen Mission. Er klagte dagegen und bot auch an, Open AI zum Schnäppchenpreis von 100 Millionen Dollar zu kaufen. Auch KI-Experten wie der Informatiker und Nobelpreisträger Geoffrey Hinton äußerten sich kritisch: Open AI dürfe seine ethische Verantwortung nicht für Geld opfern.

Allerdings spielte wohl auch Signale von Behörden eine Rolle, nach denen die Umstellung nicht ohne Probleme sei. Die Entscheidung habe Open AI nach „konstruktiven Gesprächen“ mit den Generalstaatsanwälten von Kalifornien – wo das Unternehmen arbeitet – und Delaware, wo viele Unternehmen wie auch Open AI aus Steuergründen gemeldet sind, gefällt, sagte Aufsichtsratschef Bret Taylor nun. Dieses Gremium ist der Gemeinnützigkeit verpflichtet und soll jetzt weiter sicherstellen, dass der kommerzielle Arm mit den gedeckelten Profiten keinen Ausverkauf der Ideale betreibt.

Altman hat Großes versprochen, vor allem „Allgemeine Menschliche Intelligenz“ – eine KI, die praktisch jede Aufgabe auf dem Niveau eines Menschen lösen kann. Eine Technologie, die die Welt fundamental verändern soll. Doch dafür benötigt Altman viel Geld von Investoren. Das ist leichter zu bekommen, wenn diesen uneingeschränkte Profite in Aussicht stehen. Eine Firma, die auch dem Gemeinwohl verpflichtet ist, muss da Kompromisse machen, vor allem weil KI Sicherheitsmechanismen benötigt. Die Automatisierung der Gesellschaft soll Menschen schließlich nicht schaden, etwa durch Benachteiligung bei der Jobsuche oder unkontrollierte Handlungen, die ein autonomes Software-Programm anstellt, etwa in der Industrie oder bei der Polizei. Auch das Problem, dass die KI Fakten „herbeihalluziniert“, die Unschuldige als Kriminelle darstellen, taucht immer wieder auf.

Altmans Umbauplan hatte auch eine persönliche Note: Ende 2023 feuerte ihn das Aufsichtsgremium überraschend als Firmenchef. Nach einem Aufstand der Mitarbeiter und Druck von Großinvestor Microsoft kehrte Altman zurück. Hintergrund des versuchten Putsches waren auch Meinungsverschiedenheiten darüber, ob Altman die KI-Modelle ausreichend auf ihre Sicherheit hin prüfen ließ. Eine neue Struktur hätte dem Unternehmen mehr Freiraum für solche Alleingänge verschafft. Nun bekräftigte er aber: „Das Nonprofit ist für die Menschheit da, nicht für Open-AI-Investoren.“

Elon Musks Anwalt traut Altmans Rückzieher nicht. Er sagte der New York Times, auch nach diesem „transparenten Wegduckmanöver“ bleibe unklar, ob die gemeinnützigen Teile der Firma nicht doch zum finanziellen Vorteil von Altman und seiner Investoren genutzt werden können. „Die Gründungsmission bleibt verraten.“

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