Opel:Zu viele Fragen

Opel: Trafen sich in Berlin: Wirtschaftsministerin Brigitte Zypries und Peugeot-Chef Carlos Tavares.

Trafen sich in Berlin: Wirtschaftsministerin Brigitte Zypries und Peugeot-Chef Carlos Tavares.

(Foto: Odd Anderson/AFP)

Angst um die Jobs bei Opel: Auf einem Gipfel in Berlin werden nicht alle Zweifel ausgeräumt. Aber Peugeot-Chef Tavares wirbt für sein Projekt.

Von Markus Balser und Max Hägler

Der unscheinbare braune Citroën-Bus passiert die Kamerateams ohne Aufsehen. PSA-Chef Carlos Tavares rollt am Mittwochmittag hinter den getönten Scheiben auf der Rückbank unentdeckt zum Opel-Gipfel auf den Hof des Bundeswirtschaftsministeriums. Ministerin Brigitte Zypries (SPD) fängt Tavares auf dem Hof ab, um ihn vorbei an den aufgebauten Kameras in einen Konferenzraum zu schleusen. Was nach den Garantien aus Opel wird? "Keine Fragen", sagt die Ministerin beim Fototermin.

Dabei gibt es viele Fragen. Schon wenig später wird das hinter verschlossenen Türen mit Beginn des Gipfels von Politik und Konzernen in Berlin klar, als auch Vertreter der Länder Hessen, Thüringen und Rheinland-Pfalz sowie Betriebsräte und Gewerkschafter wie IG-Metall-Chef Jörg Hofmann auf Tavares treffen. Die deutsche Seite ist angesichts des Verkaufs von Opel durch US-Autobauer General Motors an Frankreichs Peugeot-Citroën-Konzern (PSA) noch immer in großer Sorge um dessen Zukunft und die drei großen Standorte. Die Zusagen Peugeots garantieren die Jobs nur vorübergehend. Das Unternehmen hat 38 000 Mitarbeiter. Mehr als die Hälfte arbeiten in Deutschland, vor allem in Rüsselsheim, Kaiserslautern und Eisenach.

Doch auch einen Monat nach dem Anfang März beschlossenen Verkauf von Opel und seiner britischen Schwester Vauxhall für gut zwei Milliarden Euro wartet die Politik auf klare Antworten aus Paris. Vieles sei offen, klagt etwa Hessens grüner Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir: "Behält Opel garantiert ein eigenständiges Management? Hat PSA ein Konzept für eine langfristige Zukunft? Was genau an Patenten der jetzigen Fahrzeuge bleibt bei GM, was geht dauerhaft zu Opel?" Man erwarte nun möglichst genaue Informationen, sagt Al-Wazir: "Schließlich steht dem Automobilsektor insgesamt ein Umbruch bevor."

Zwar garantierte Tavares am Mittwoch bei dem Treffen in Berlin erneut, bestehende Tarifvereinbarungen, Standortgarantien und Beschäftigungszusagen bei der Übernahme einzuhalten. Doch betriebsbedingte Kündigungen sind danach bislang lediglich bis Ende 2018 ausgeschlossen, die Standorte teilweise nur bis Ende 2020 gesichert. Man habe eine Zusammenarbeit "mit dem Ziel einer langfristigen Perspektive für alle Marken, Produktionsstandorte und das Entwicklungszentrum von Opel/Vauxhall in Europa" vereinbart, teilten beide Seiten nach dem Gespräch mit. Opel soll als eigenständiges Unternehmen erhalten bleiben, hieß es. Zypries sah nach den Gesprächen "weitere Fortschritte". Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) lobte Tavares als Manager, der eine klare Vorstellung habe, wo er hin wolle. In Hessen fragt man sich allerdings bereits, ob Opel nach der angekündigten Sanierung aus eigener Kraft noch eigenständig genug sein werde, um die strategisch wichtigen Entscheidungen zu treffen. In den vergangenen Tagen machte bereits der Betriebsrat von Opel seinem Ärger Luft, nachdem er die erste Übernahmephase kaum kommentiert hatte. Im Fokus steht dabei der bisherige Eigentümer GM, der in Berlin nicht mit am Tisch saß. Die Amerikaner hätten gerade zuletzt sehr viel schleifen lassen in Rüsselsheim, es etwa versäumt, in neue Maschinen zu investieren. Wenn PSA das nun nachhole, steige die Automation und damit die Wettbewerbsfähigkeit, aber zugleich seien dadurch Jobs in Gefahr, räumte Betriebsratschef Wolfgang Schäfer-Klug ein. Er forderte, GM müsse nachweisen, dass die Zusicherungen des künftigen Eigentümers zum Erhalt von Jobs und Standorten und zur Stabilität der Rentenzahlungen tatsächlich wirksam und gültig seien. Er habe "erhebliche Zweifel", dass GM das mit Nachdruck von PSA einfordere. An diesem Donnerstag dürfte das in Rüsselsheim wieder zur Sprache kommen, wenn die Belegschaft bei einer Betriebsversammlung über den Stand der Dinge informiert wird.

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