Opel: Tag der Entscheidung:Beruhigungspille aus Detroit

General Motors ist zwar zur Opel-Abgabe an den Wunschpartner der Bundesregierung bereit, diktiert aber knallhart die Bedingungen. Das zeigt: Berlin hat gewonnen - und vielleicht doch alles verloren.

Melanie Ahlemeier

Das wäre eine Nachricht, so recht nach dem Wunsch der Autokanzlerin Angela Merkel und ihres Autovizekanzlers Frank-Walter Steinmeier: Nun also doch Magna! Die Deutschen haben sich durchgesetzt!

Opel: Tag der Entscheidung: Opel soll mehrheitlich an Magna gehen, sagt General Motors in Detroit. Der Konzern wird vom Weißen Haus und damit von US-Präsident Barack Obama gesteuert. Kanzlerin Angela Merkel sagte in Berlin: "Ich freue mich außerordentlich."

Opel soll mehrheitlich an Magna gehen, sagt General Motors in Detroit. Der Konzern wird vom Weißen Haus und damit von US-Präsident Barack Obama gesteuert. Kanzlerin Angela Merkel sagte in Berlin: "Ich freue mich außerordentlich."

(Foto: Collage: sueddeutsche.de; Fotos: dpa, AP, ddp)

Und so scheint es an diesem Donnerstagnachmittag zunächst auch zu sein: Magna, der Wunschpartner der Bundesregierung, erhält den Zuschlag für Opel, die deutsche Tochter des US-Riesen General Motors aus Detroit. Nach Monaten des Ringens, des Redens, ja des Taktierens. Doch perfekt ist der Deal damit noch lange nicht. Vielmehr findet das Rumgeeiere der vergangenen Monate eine unrühmliche Fortsetzung - nur auf einem höheren Niveau. Zudem ziehen sich die neuen taktischen transatlantischen Spielchen über den 27. September hinaus, dem Tag der Bundestagswahl.

Klar ist einzig und allein, dass General Motors, die Ikone der US-Autoindustrie, für die in Aussicht gestellte Transaktion mit Magna die Bedingungen stellt. Zumal die Amerikaner auf jeden Fall weiter Großaktionär von Opel bleiben. Gnadenlos interessengeleitet wird GM die für den US-Konzern wichtigen Eckpunkte definieren, und die werden vermutlich so ausgestaltet sein, dass der österreichisch-kanadische Autozulieferer Magna und seine Partner aus Russland daran wenig Freude haben werden.

Fest steht also nur, dass nichts feststeht. Am Ende könnte es ganz einfach heißen: Thanks but no thanks. Macht eure Sache in Detroit doch einfach alleine.

Vorhang zu und alle Fragen offen: Welche Bedingungen stellt GM ganz konkret, ehe Magna und die Russen Opel-Anteile bekommen? Und was passiert, wenn Magna nicht so spurt, wie GM es wünscht? Der ganze Deal könnte grandios platzen; es liegt einfach noch keine rechtsverbindliche Vereinbarung auf dem Tisch. Die seit Monaten quälende Hängepartie geht also weiter wie bisher. Vor dem Fixdatum Bundestagswahl wird nichts mehr endgültig gelöst.

Auch wenn in den Werkshallen in Rüsselsheim, Bochum, Eisenach und Kaiserslautern zuerst einmal Erleichterung spürbar ist - Sicherheit sieht anders aus. Zwar hat Magna gleich zu Beginn der Verhandlungen eine Standorte-Garantie für alle deutschen Opel-Werke abgegeben. Doch unter sich völlig veränderten Bedingungen ist eine solche Absichtserklärung nicht einmal das Papier wert, auf dem sie steht.

Die Schlacht um Opel ist ein von den Amerikanern dominierter Kampf, bei dem letztendlich die Einflüsterer des US-Präsidenten Barack Obama den Ton angeben. Seit der Blitz-Insolvenz von GM, des einstigen Autoprimus der Welt, entscheidet das Weiße Haus, wohin der seit Jahren trudelnde Autokonzern künftig steuern soll. Und damit entscheidet Obama auch über Opel.

Und Kanzlerin Angela Merkel? Sie ist offenbar in der Scharade von Detroit nur eine Randfigur. In einer eilig einberufenen Pressekonferenz nannte sie die noch zu klärenden Bedingungen "beherrschbare und verhandelbare Dinge". Die im Wolkigen weilende Wahlkämpferin sieht alles positiv, grundsätzlich positiv.

Die Entscheidung des GM-Verwaltungsrats, Opel an Magna verkaufen zu wollen, ist jedoch nicht mehr als eine Beruhigungspille aus Detroit. Und die könnte für die Bundesregierung am Ende sehr, sehr bitter schmecken.

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