Opel: Standorte nach GM-Entscheidung:Zeit der Opfer

Die gute Nachricht ist: Alle deutschen Opel-Werke sollen erhalten bleiben. Trotzdem sind an allen Standorten Jobs in Gefahr. Die Auswirkungen der GM-Entscheidung für Eisenach, Rüsselsheim, Bochum und Kaiserslautern.

Harald Schwarz

Die vier deutschen Opel-Fabriken sollen bestehen bleiben, das ist die Ankündigung. Sie wird der Belegschaft die größte Angst nehmen. Denn die Standorte in der Bundesrepublik sind bislang eher schlechte Nachrichten gewohnt. So wie vor knapp fünf Jahren, als GM europaweit 10.000 Arbeitsplätze abbaute. Die Opfer in Deutschland waren am größten. Mit Abfindungsprogrammen und per Altersteilzeit schickte GM damals 6000 Opelaner hierzulande nach Hause.

Mit der Entscheidung zur Zukunft von Opel gibt es nun eine gewisse Sicherheit, und doch wird wieder eine Zeit der Opfer anbrechen. Denn auch Magna plant den Abbau von 3000 Stellen. Hinzu kommen Einschnitte in Verwaltung und Vertrieb, die bislang nicht beziffert wurden. Politiker aus dem Bund und den vier Ländern mit Opel-Standorten (Hessen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Thüringen) und die Betriebsräte haben stets darauf gepocht, dass auf Werksschließungen und betriebsbedingte Kündigungen verzichtet wird, was Magna ja auch zugesagt hat.

Etwa die Hälfte der europaweit 50.000 Mitarbeiter stehen bei Opel in Deutschland auf den Lohn- und Gehaltslisten. Opel hat Pläne für ein weiteres großes Abfindungsprogramm. Ziel ist es, das Unternehmen schnellstmöglich profitabel zu machen. Die Verluste des Autobauers sind immens. Für 2009 zeichnet sich ein Fehlbetrag von 2,4 Milliarden Euro ab. In dieser Zahl sind Belastungen aus kommenden Abfindungen enthalten. Möglichst schon im Jahr 2011 soll Opel wieder Gewinne einfahren.

Rüsselsheim ist der wichtigste und größte Standort des Autoherstellers. Dort sind 15.500 Menschen beschäftigt, 5500 von ihnen bauen den Mittelklassewagen Insignia, von dem bislang mehr Fahrzeuge als erwartet verkauft wurden, was Arbeitsplätze sichert. In Rüsselsheim ist auch das Internationale Technische Entwicklungszentrum angesiedelt, in dem 6400 Mitarbeiter nicht nur neue Autos für den europäischen Markt konzipieren, sondern alle Kompakt- und Mittelklassewagen für GM.

In der Stadt in Hessen befindet sich auch die Zentrale von Opel. 3600 Menschen sind in der Verwaltung tätig. Wahrscheinlich ist, dass in der Administration Stellen eingespart werden. Rüsselsheim ist auch die Keimzelle des Unternehmens, denn dort begann die Firma vor 110 Jahren mit der Montage von Autos. Neue Produktionshallen gibt es seit dem Jahr 2002. Sie kosteten 750 Millionen Euro.

Bochum ist der zweitgrößte Standort. Der Produktionskomplex, wo einst der Kadett gefertigt wurde, gilt aber als veraltet und damit kostspielig. Magna plant nach den bisherigen Angaben, hier rund 2000 Stellen abzubauen. Der Standort entstand 1962 auf einem ehemaligen Zechengelände und besteht aus drei Werken. Derzeit werden 6000 Leute dort beschäftigt, davon 4900 direkt bei Opel sowie 1100 Ex-Opelaner in Partnerbetrieben. In Bochum produziert die Firma derzeit noch den Zafira und den Kompaktwagen Astra, der den größten Absatz unter den Opel-Modellen hat. Daneben werden Achsen und Getriebe hergestellt.

Für Bochum zeichnen sich weitere Einschnitte ab. Denn der neue Astra, der nächste Woche auf der Messe IAA in Frankfurt präsentiert werden soll, wird im britischen Ellesmere Port und in Gliwice in Polen gefertigt. Unklar ist, ob Bochum noch eine Astra-Fertigung bekommt. Fällt diese weg, könnte als Ausgleich die Zafira-Fertigung dort konzentriert werden. Der Standort sieht seine Zukunft auch im Bau des Elektroautos Ampera. Nach Betriebsratsangaben neigt Magna dazu, diesen Wagen, den es ab 2011 geben soll, in Bochum bauen zu lassen.

Kaiserslautern in der Pfalz hat ein Opel-Werk, in dem Komponenten und Motoren gebaut werden. 3400 Mitarbeiter haben schwere Zeiten hinter sich. Wiederholt stand die Fabrik auf der Kippe. Die Werksleitung hat ein Einsparprogramm ausgetüftelt. Bis 2019 soll demnach die Beschäftigtenzahl unter 2000 sinken. Erreicht werden soll das ohne Entlassungen. Magna wird sich mit dem Vorschlag befassen.

Eisenach in Thüringen ist der jüngste Standort des Konzerns. Er wurde im Jahr 1992 eröffnet. In dem Werk montieren rund 1700 Leute den Kleinwagen Corsa aus von anderen Fabriken zugelieferten Teilen. Da in Eisenach ein Presswerk fehlt, wird von einer "kastrierten Autofabrik" gesprochen. Nach Einsparmöglichkeiten wird auch hier gesucht.

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