Opel: Kritik an der Regierung:"Viel zu früh festgelegt"

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Massive Kritik: Der Chef des Beirats der Opel-Treuhand, Fred Irwin, hat Bund und Ländern eine zu schnelle Entscheidung pro Magna vorgeworfen. Rückendeckung erhält er von Günther Oettinger.

Angesichts der verfahrenen Situation bei der Rettung des Autoherstellers Opel wächst die Kritik am Vorgehen der Bundesregierung. Der Chef des Beirats der Opel-Treuhand, Fred Irwin, warf Bund und Ländern im Tagesspiegel vor, sich zu stark auf den kanadischen Autozulieferer Magna als Käufer zu konzentrieren: "Die deutsche Politik hat sich viel zu früh festgelegt." Auch seien die Telefonate und Gespräche deutscher Politiker mit ihren US-Amtskollegen wenig hilfreich, sagte Irwin.

Ringen um Opel - und immer noch keine Entscheidung. Das Geld aus dem Überbrückungskredit reicht wohl bis zum nächsten Jahr. (Foto: Foto: Reuters)

Die amerikanische Regierung habe "sehr deutlich gemacht", dass sie sich nicht einmische: "Manche der deutschen Bemühungen laufen also ins Leere." Auch der baden-württembergische Ministerpräsident Günther Oettinger (CDU) wandte sich gegen die starre Festlegung der Bundesregierung auf Magna. "Wer Eigentümer wird, ist zweitrangig", sagte Oettinger der Rheinischen Post. Entscheidend sei lediglich, dass ein Investor ein tragfähiges, zukunftsweisendes Konzept für Opel bieten könne. "Ich traue das Magna zu, aber ich schließe nicht aus, dass das andere auch können", sagte Oettinger.

Kredit reicht bis ins neue Jahr

Wirklich unter Zeitdruck stehen Opel und GM nicht, denn der staatliche deutsche Überbrückungskredit für Opel von 1,5 Milliarden Euro reicht offenbar nach Einschätzung von Bundeswirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg noch bis ins neue Jahr. "Die Treuhandlösung und die damit verbundenen Kredite für Opel halten noch etwa bis Januar kommenden Jahres", hieß es am Donnerstag im Bundestags-Pressedienst.

Guttenberg habe am Vortag im Wirtschaftsausschuss erklärt, vom Überbrückungskredit seien inzwischen 1,05 Milliarden Euro ausgezahlt. Auf Fragen nach einer Teilverstaatlichung von Opel habe der Minister erklärt, dies sei nicht Ziel und nicht im Sinne der Bundesregierung. "Wir verhandeln auch nicht in Richtung Insolvenz", wird Guttenberg zitiert. "Wir verhandeln seitens der Bundesregierung prioritär mit Magna", wird der Minister in dem Pressedienst zitiert.

Zeit einfach nicht genutzt

Er habe darüber hinaus "scharf" das Management von Opel Europa kritisiert. Das habe den staatlichen Kredit zwar genommen, aber die Zeit nicht für Restrukturierungen bei Opel genutzt.

Mit Blick auf Spekulationen, GM könne Opel doch im Konzern behalten und nicht verkaufen, habe Guttenberg erläutert, diese Diskussion vom März sei in dem neu gebildeten GM-Verwaltungsrat wieder hochgekommen. Der neue Verwaltungsrat sehe sich offensichtlich nicht in der Lage, derzeit eine Entscheidung zu Opel zu treffen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat abermals unterstrichen, dass die Bundesregierung eine Opel-Übernahme durch Magna vorrangig unterstützt. Im Interview mit der Welt antwortete Merkel ausweichend auf die Frage, ob sie einen Verkauf an den Finanzinvestor RHJ ausschließe: "Wir haben unsere Präferenz deutlich gemacht." Es gebe ein Interesse gemeinsam mit GM zu einer vernünftigen Lösung zu kommen.

Vizekanzler Frank Walter Steinmeier (SPD) drängte erneut auf eine schnelle Entscheidung der General-Motors-Führung. "Die Arbeitnehmer bei Opel brauchen jetzt endlich Klarheit", sagte Steinmeier dem Weser Kurier". Er baue weiterhin darauf, dass sich das Modell der Bundesregierung zur Rettung der vier deutschen Opel-Standorte im Verwaltungsrat von GM durchsetze.

Steinmeier betonte, Opel solle weder Pleite gehen noch zurück in die Regie von GM: "Wir alle wollen einen starken Investor, der Opel in eine gute Zukunft führt." Die Entscheidung für Magna sei nicht vorschnell erfolgt. Man habe sich wohlüberlegt für das Konzept entschieden, "das die vier deutschen Standorte am Leben erhält und ihnen eine neue Perspektive gibt". Dafür zu werben sei die Pflicht der Bundesregierung.

Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) griff General Motors wegen der Hängepartie um Opel scharf an. "Wenn man sieht, welchen Eiertanz GM aufführt, kann man nachvollziehen, warum dieser Konzern in eine so schwierige Lage geriet", sagte Kauder der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung.

"Wenn der Eigentümer glaubt, er hat genügend Mittel, um die Probleme selber zu lösen, dann muss er endlich Geld auf den Tisch legen." Der CDU-Politiker bekräftigte, die Bundesregierung werde Opel nicht weiter unterstützen, wenn der Hersteller unter dem GM-Konzerndach verbliebe. Er schließe für diesen Fall öffentliche Hilfen aus, "weil wir in einem Verbleib von Opel bei GM keine Perspektive sehen. Die Zusage der Bundesregierung bezieht sich ausschließlich auf Magna."

© sueddeutsche.de/AP/Reuters/mel - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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