Süddeutsche Zeitung

Opel: GM verzichtet auf Staatshilfen:Frustriert, aber frei

Aller Enttäuschung zum Trotz: Es ist überfällig, dass GM die Verantwortung für Opel auch ohne Staatshilfen übernimmt. Doch es wäre naiv zu glauben, dass nun keines der deutschen Werke geschlossen wird.

Thomas Fromm

Bei der Opel-Mutter General Motors (GM) hat man sich inzwischen an große Volten gewöhnt. Als der US-Autobauer im vergangenen November über Nacht seine Meinung änderte und beschloss, Opel doch nicht an den Zulieferer Magna zu verkaufen und stattdessen zu behalten, hatten damit nur wenige ernsthaft gerechnet. Ein halbes Jahr später nun die nächste Überraschung: Der Konzern will Opel in Eigenregie sanieren und verzichtet auf Staatsbürgschaften.

Das Motiv dahinter ist einfach: Die Amerikaner haben nach der Absage Berlins an Hilfen aus dem Deutschlandfonds die Hoffnung aufgegeben, doch noch an die großen Töpfe heranzukommen. Jedes weitere Insistieren wäre zwecklos gewesen. Auch, weil die Länder, die nun am Zuge wären, eine solche Millionen-Sanierung kaum hätten stemmen können.

Die Entscheidung, die Sache selbst in die Hand zu nehmen, ist richtig und überfällig. Dass sie so spät kommt, liegt daran, dass zuerst alle anderen Möglichkeiten ausgereizt wurden.

Allerdings wäre es naiv, zu glauben, dass nun keines der Werke in Rüsselsheim, Bochum, Eisenach oder Kaiserslautern geschlossen wird. Obwohl man keine Staatshilfe mehr will, seien keine weiteren Werkschließungen oder Entlassungen geplant, beruhigte Opel zwar am Mittwoch. Aber das Gegenteil dürfte der Fall sein: Ohne deutsche Staatshilfen wird sich der US-Konzern niemandem mehr verpflichtet fühlen, weder den Politikern noch den Opelanern. Man musste nicht zwischen den Zeilen lesen können, um zu verstehen, was Opel-Chef Nick Reilly in der vergangenen Woche sagte. "Theoretisch" könne GM die Sanierung übernehmen, sagte er. Aber dann müsse "andernorts gespart werden".

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Quelle:
SZ vom 17.06.2010
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