Opel: Betriebsratschef Franz:"Ich warne vor Illusionen"

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Opel-Betriebsratschef Klaus Franz über den neuen Investor Magna, geplante Werksschließungen - und die Frage, wann der Konzern wieder Gewinne erzielen wird.

Harald Schwarz

Klaus Franz, 57, ist seit 2000 Opel-Gesamtbetriebsratschef und sitzt auch dem Europäischen GM-Arbeitnehmerforum vor. Für viele ist er "Mister Opel".

Klaus Franz, Gesamtbetriebsratschef von Opel, sagt: Die Rettung von Opel waren "die härtesten Stunden meines Arbeitslebens". (Foto: Foto: Reuters)

SZ: Glückwunsch zur Opel-Rettung, Herr Franz. Das war knapp.

Klaus Franz: Danke. Es ging nur noch um Stunden. Pfingstsonntag wurden die letzten Verträge wasserdicht gemacht. Nun werden wir nicht von GM mit in den Abgrund gerissen.

SZ: Wie belastet waren Ihre Nerven und wie ist die Stimmung der Mitarbeiter?

Franz: Das waren für mich die härtesten Stunden meines Arbeitslebens. Die Belegschaft war genervt und empört angesichts des Trommelfeuers der öffentlichen Spekulationen. Aber die Leute waren tapfer: Sie halten zu Opel. Für ihr Durchhaltevermögen verdient die Belegschaft das größte Lob. Am Samstag bei der Sonderschicht lagen sich die Leute in den Armen. Das war Emotion pur.

SZ: Warum haben Sie sich so vehement gegen ein Insolvenzverfahren gestemmt?

Franz: Es geht um die Zukunft eines Unternehmens. Saab hat nach der Pleite 60 Prozent Umsatz eingebüßt. Auch die GM-Insolvenz wird dramatische Folgen haben. Wer würde ein Auto von einer Pleitefirma kaufen? Niemand. Alle, die von einer Opel-Insolvenz reden, haben keine gesamtwirtschaftliche Risikoanalyse gemacht. Der Pensionssicherungsverein wäre kollabiert. Den 770 deutschen Mittelständlern, die mit Opel Geschäfte machen, wären fünf Milliarden Euro Umsatz weggebrochen. Es ist zu kurz gesprungen, wenn man da nur über Konkursausfall- und Arbeitslosengeld das Risiko regeln will.

SZ: Ist die wichtigste Arbeit jetzt getan?

Franz: Der erste entscheidende Schritt ist getan, um die Brücke zu bauen. Das ist eine Holzbrücke, die schwankt noch. Aber sie ist die Basis, um das andere Ufer zu erreichen. Jetzt gilt es, Betonfundamente zu gießen. Wir werden noch Untiefen erleben.

SZ: Welche Fallstricke gibt es?

Franz: Es gibt eine Absichtserklärung von Magna. Dann kommen die Feinheiten. Wie sieht das europäische Geschäftsmodell aus? Wie wird die Produktion auf die Standorte verteilt? Eines ist klar: Es gibt keine deutsche, sondern eine europäische Lösung.

SZ: Magna ist doch Ihr Wunschkandidat.

Franz: Ja. Aber ich warne vor Illusionen. Es wird eine harte Restrukturierung. Eine Herausforderung ist, mit russischen Partnern klarzukommen. Aber ich glaube, wer mit den Amerikanern umgehen kann, der ist gewappnet, mit russischen Partnern klarzukommen.

SZ: Magna will tausende Jobs abbauen und Werke schließen. Sie sind gegen Schließungen. Wie passt das zusammen?

Franz: Die Magna-Pläne, die ich kenne, sind andere. Die Frage des Personalabbaus wird sich ergeben, wenn wir jetzt Standort für Standort durchgehen. Habe ich eine Fabrik, die in einem Jahr ein neues Modell bauen soll, brauche ich die Leute. Warum sollte ich die jetzt teuer abfinden? Da müssen Instrumente wie Kurzarbeit genutzt werden.

SZ: Antwerpen, Luton und Ellesmere Port gelten als gefährdet.

Franz: Der moralische Anspruch ist: Keine Entlassungen und keine Werksschließung. Wir werden alles versuchen.

SZ: Wann muss mit den Investoren alles unter Dach und Fach sein?

Franz: Mir wäre es lieb, wenn mit den Investoren so schnell wie möglich alles klar wäre. Ich gehe von vier bis sechs Monaten aus, bis die neue Aktiengesellschaft Adam Opel steht.

SZ: Die Produktion des neuen Astra-Modells läuft gerade in England an. Das kostet allein eine halbe Milliarde Euro. Kann Opel das jetzt verkraften?

Franz: Deshalb ist ja der Überbrückungskredit von 1,5 Milliarden Euro so wichtig. Wir müssen investieren. Und wir müssen nach der GM-Pleite damit rechnen, dass Lieferanten Vorkasse wollen.

SZ: Opel fährt Verluste ein. Wann kann Opel wieder Gewinne erzielen?

Franz: Ich denke, dass wir 2011/12 in der Lage sein werden, die verbürgten Bankkredite zurückzuzahlen. Belgien, England, Spanien, Polen, Österreich werden ebenfalls Anteile übernehmen an der Bürgschaft. Deutschland schultert nicht die gesamte Last.

SZ: Sind Sie sicher, dass den Steuerzahler die Rettung nichts kosten wird?

Franz: Ja. Ich bin überzeugt von dem Geschäftsmodell und den Investoren. Mich ärgert immer wieder der populistische Vergleich von Opel mit dem einstigen Baukonzern Holzmann. Holzmann hat nie die Bürgschaft gezogen. Und Holzmann hatte keinen Investor.

© SZ vom 02.06.2009/tob - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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