Opel:Ausruhen? Geht nicht!

Lesezeit: 2 Min.

Der Portugiese Carlos Tavares holte die deutsche Marke Opel zum französischen Konzern PSA. (Foto: Ralph Orlowski/Reuters)

PSA-Chef Carlos Tavares erläutert am Opel-Stand seine Strategie. Er sieht bei der früheren GM-Tochter noch viel Potenzial.

Von Max Hägler und Christina Kunkel, Frankfurt

Eigentlich sollte das Auto der Star sein auf einer Automesse. Doch dann redet Jürgen Klopp über Fußball, und der orange Elektro-Corsa, neben dem er steht, gerät fast in Vergessenheit. Der erste Eindruck: Der Auftritt des FC Liverpool-Trainers ist das einzige, womit Opel auf der diesjährigen IAA von sich reden macht. Doch es lohnt ein zweiter Blick. Der Stand auf der Messe ist deutlich kleiner als früher, so kann man das sehen. Man kann aber auch sagen: Sie sind da, und haben neue Autos. Denn vor zwei, drei Jahren noch war das nicht so klar, dass der Traditionsautobauer überhaupt hier vertreten ist.

Es ist ein Heimspiel für Opel, die Zentrale Rüsselsheim ist von Frankfurt aus per S-Bahn zu erreichen. Aber sie waren eben so lange im Überlebenskampf, zwei Jahrzehnte Miese gemacht, die Abwicklung stand kurz bevor. Doch nun scheinen sie es gedreht zu haben: Bis 2026 sollte das Unternehmen in einem harten Sparprogramm eine Umsatzmarge von sechs Prozent erreichen. Diese Vorgabe könnte man laut Opel-Chef Michael Lohscheller sogar schon in diesem Jahr schaffen. Dahinter steht allerdings ein brutaler Sparkurs, verordnet von PSA-Chef Carlos Tavares.

Das bedeutete unter anderem: 6800 Beschäftige mussten das Opel seit der PSA-Übernahme 2017 bereits verlassen. Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer schätzt, "dass mittelfristig nochmals 5600 nach Hause geschickt werden". Dann hätte Opel ein Drittel seiner Beschäftigten verloren. Ob die Zahlen bei Opel auch langfristig stimmen, hängt unter anderem davon ab, ob die Strategie aufgeht, auf kleine Geländewagen und eine möglichst flexible Produktion zu setzen.

Im Hinblick auf die Rendite hat es der Konzernchef an die Weltspitze geschafft

Auf der IAA zeigt Opel den elektrischen Corsa, der für einen doch recht stolzen Preis von 30 000 Euro zu haben ist. Ausgeliefert werden die ersten Wagen Anfang 2020. Aber ob die Kunden tatsächlich einen Kleinwagen kaufen, für den es auch eine Mittelklasse-Limousine gibt? "Wir wissen es nicht", sagt Michael Lohscheller. Zahlen zu Reservierungen gibt das Unternehmen nicht bekannt. Laut Lohscheller wäre es deshalb unklug, Produktionsstandorte nur auf eine Antriebsvariante auszulegen. Wenn die Käufer doch lieber das günstige Benzinmodell statt eines Stromers möchten, dann werde eben standortintern umgeschwenkt. Möglich macht das die Fahrzeugplattform, die sich Opel mit den anderen Marken im PSA-Konzern teilt. Die ist, anders als die Milliarden Euro teure Plattform von VW, nicht nur auf reine Batterieautos ausgelegt, sondern kann auch konventionelle Antriebe aufnehmen. Was nicht zuletzt dabei hilft, Kosten zu sparen.

Der Mann, der alles eingefädelt hat, ist dann doch gekommen: Carlos Tavares, PSA-Chef, hat sich in einem Kabuff des Opel-Standes einen Stehhocker geschnappt. Eineinviertel Stunden wird er diskutieren, viel länger als alles anderen Konzernchefs, viel offener. Über den Wahnsinn des Brexit geht es, über die Konkurrenz aus China, die die Europäer ernst nehmen sollten. Und ganz viel um seinen neuesten Zukauf Opel. "Stolz" sei er auf die Ergebnisse, auf das Übererfüllen der Ziele.

Und macht sogleich mehr Druck: Es sei eine "neverending story", sagt er. Es müsse immer besser werden. "Laufen, durchatmen, ausruhen - das geht nicht!" Die Kunden wollten immer mehr und die Politik mit immer neuen Regeln ebenso. Und auch er, der härteste und konsequenteste Automanager des Kontinents. Mit seinem Kurs hat er es in die Weltspitze der Branche geschafft - im Hinblick auf die Rendite, die bei fast neun Prozent liegt. Und er macht nicht den Eindruck, dass er davon abrückt: Bei Opel sehe er noch mehr Potenzial, immer noch gebe es etliches, was man einsparen könne: Auch Personal? Schließlich sind die Fabriken immer noch nicht stark ausgelastet. Da spricht er dann nicht ganz klar. Und Potenzial gebe es auch für das Deutschsein der Marke: Das Designteam beim neuen Corsa sei deutsch gewesen, die Plattform komme von den Franzosen, eine gute Mischung, findet er. Aber: "Es gibt eine Menge Raum, um die Marke zu schärfen".

© SZ vom 12.09.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: