Zuerst wirkte es aus wie eine Ausnahmesituation, ein Problem, das sich nach kurzer Zeit von selbst erledigen würde. Jetzt, zwei Jahre nachdem der Preisabsturz begann, ist immer noch kein Ende des billigen Öls in Sicht. Der Kurs hat sich zwar leicht erholt. Doch im Vergleich zu vorherigen Jahren liegt er weiterhin am Boden: Etwa 45 Dollar kostet ein Barrel der Sorte Brent, zu Beginn des Jahres 2014 lag der Preis noch bei mehr als 100 Dollar. Und auch wenn sich an diesem Mittwoch die wichtigsten Erdölproduzenten der Welt am Rande des International Energy Forum (IEF) in Algier treffen, wird die Situation danach kaum besser aussehen. Zumindest nicht für die großen Fördernationen.
Das liegt insbesondere am Streit zweier Staaten, die mit am Verhandlungstisch sitzen: Saudi-Arabien und Iran. Beide Länder haben riesige Erdölvorkommen und niedrige Förderkosten. Doch beide Länder sind verfeindet. Sowohl das sunnitische Königreich als auch der schiitisch geprägte Iran erheben den Anspruch, eine Regionalmacht im Nahen Osten zu sein.
Seit dem Ende der Sanktionen gegen Iran blickt Saudi-Arabien, der größte Erdöl-Exporteur der Welt, mit zusätzlichem Argwohn auf die andere Seite des Persischen Golfs. Jahrelang spielte Iran kaum eine Rolle auf dem Ölmarkt. Doch nun kehrt das Land auf den Markt zurück und fährt seine Fördermenge kontinuierlich hoch. Das drückt die Preise. Und weil Saudi-Arabien bisher ebenfalls keinen Anstand machte, weniger Öl in den Markt zu pumpen, fielen die Preise weiter. Ein Wirtschaftskrieg nach der Devise: Wer hält am längsten durch? Es ist das Dilemma der Förderländer: Je mehr sie produzieren, desto stärker geraten die Preise unter Druck, solange die Nachfrage nicht kräftig anzieht.
"Informelles Treffen" soll Länder immerhin wieder ins Gespräch bringen
Für den Kunden an der Tankstelle ist das eine gute Nachricht. Genauso wie für Menschen, die ihre Wohnung mit Öl heizen. Sie sparen durch den niedrigen Preis weiterhin viel Geld und können dies für andere Anschaffungen nutzen. Das billige Öl wirkt deshalb wie ein Konjunkturprogramm. Doch für die Staaten, die in großem Maße Öl exportieren, ist der niedrige Preis ein großes Problem. Die sinkenden Erlöse reißen riesige Löcher in die Haushalte von Staaten wie Venezuela, Russland und Saudi-Arabien.
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In Algier - bei einem "informelles Treffen", wie es heißt - soll über Maßnahmen beraten werden, die den Preis des Rohstoffs wieder nach oben treiben. Mit dabei: die Mitglieder der Organisation der Erdöl exportierenden Länder (Opec) und andere Öl-Exporteure. Eines ist schon vor dem Treffen klar: Damit der Ölpreis wieder anzieht, muss die Fördermenge runtergefahren oder zumindest gedrosselt werden.
Für Saudi-Arabien wird der Kampf mit Iran zunehmend schmerzhaft. 70 Prozent der Staatseinnahmen kommen aus den Öl-Exporten. Der Haushalt steht inzwischen mit knapp 100 Milliarden Dollar im Minus. Zu Jahresbeginn hob das Königreich bereits die Spritpreise an und erhöhte die Preise für Strom und Wasser - zum ersten Mal seit zehn Jahren. Noch immer ist die Energie in dem Land billig. Doch jahrelang waren solche Maßnahmen überhaupt nicht nötig gewesen.
Saudi-Arabien fordert von Iran hohe Zugeständnisse
Unmittelbar vor dem Treffen zeigte sich das Königreich nun offen für einen Kompromiss mit Iran. Energieminister Khalid Al-Falih sagte am Dienstag, sein Land sei bereit, jede Lösung zu unterstützen, um den Markt wieder ins Gleichgewicht zu bringen. Die Opec-Staaten würden sich "annähern", was ihre Vorstellungen für ein Einfrieren der Fördermenge angeht. Doch sein Gegenspieler, Irans Energieminister Bijan Namdar Zanganeh, dämpft die Erwartungen für einen schnellen Kompromiss: "Es steht nicht auf unserer Agenda, dass wir in diesen zwei Tagen eine Einigung erzielen", sagte er.
Das Problem ist: Saudi-Arabien will wohl nur einlenken, wenn Iran seine Fördermenge beschränkt. Teherans Plan ist es, die Fördermenge auf etwa 4,2 Millionen Barrel täglich zu erhöhen. Saudi-Arabien will Teheran aber maximal 3,6 Millionen Barrel am Tag zugestehen. Solange Iran nicht auf dieses Angebot eingeht, wird es wohl nicht zu einer Einigung kommen.
Das Treffen am Mittwoch dürfte letztendlich dazu dienen, die Staaten wieder ins Gespräch zu bringen. Im Anschluss hätten sie noch mal zwei Monate Zeit, über eine Lösung zu verhandeln. Im November kommen die Opec-Staaten dann in Wien zusammen - diesmal zu einem offiziellen Treffen.