Onlineportal Groupon geht an die Börse:Schnäppchen für 700 Millionen Dollar

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Das Internetportal Groupon hat mit seinem Börsengang 700 Millionen Dollar eingenommen. Deutlich mehr, als selbst Firmenchef Andrew Mason zuletzt erwartet hatte. Das Schnäppchenportal profitiert von der Goldgräberstimmung bei Technologiefirmen. Profitabel ist das Unternehmen aber noch nicht - und hat bereits viel Vertrauen verspielt.

Varinia Bernau

Er galt als neuer Wunderknabe des Internets: Mit der einfachen Idee, die Rabattkarte ins digitale Zeitalter zu retten, hat Andrew Mason Investoren ins Schwärmen gebracht. Kein anderes Unternehmen wuchs so schnell wie das seine.

Zwei Millionen Dollar Verlust machte das Schnäppchenportal Groupon im vergangenen Quartal. Jetzt geht es an die Börse. (Foto: AP)

An diesem Freitag werden erstmals Aktien seines Internetportals Groupon an der New Yorker Technologiebörse Nasdaq gehandelt. 30 Millionen Wertpapiere hat Mason an die Börse gebracht und damit 700 Millionen Dollar eingespielt - mehr als er zuletzt selbst erwartet hatte. Ihm ist Aufmerksamkeit gewiss: Sein Schritt aufs Parkett gilt als Gradmesser für das soziale Netzwerk Facebook und den Spieleentwickler Zynga, die ebenfalls einen Börsengang in den nächsten Monaten angepeilt haben.

In der Internetszene herrscht, wie es so schön heißt, Goldgräberstimmung. Unternehmen aus dem Netz sind bei Wagniskapitalgebern gefragt wie nie, seit die erste Internetblase vor zehn Jahren geplatzt ist. Doch zuletzt sind auch die Kritiker lauter geworden. Entsteht da womöglich eine neue Blase - oder hat die neue Generation der Internetunternehmer aus den Fehlern ihrer Vorgänger gelernt? Zumindest sind sie vorsichtiger. Und offenbar gelingt es ihnen, die Phantasie der Aktienhändler zu beflügeln. Die Sehnsucht nach Wachstum sei trotz all der Turbulenzen an den Börsen noch immer enorm, sagt ein Risikokapitalgeber. Und keine andere Branche bedient dieses Verlangen nach dem Höher, Schneller, Weiter besser als die Internetfirmen.

Groupon hat es als eines der ersten Unternehmen überhaupt geschafft, zwei Einkaufswelten zu vereinen. Bezahlt wird im Netz, aber seine Pizza zum günstigen Preis, seine Behandlung im Nagelstudio mit Nachlass, die holt sich der Kunde an der nächsten Straßenecke. Und da noch immer deutlich mehr Geld an Supermarktkassen und Ladentheken ausgegeben wird als in Onlineshops, ist auch für Groupon noch einiges zu holen - vorausgesetzt Mason und seine Mannen lassen sich weiterhin einiges einfallen. Immerhin, kürzlich haben sie neben den Rabatten auch eine Art digitale Treuekarte eingerichtet. Und warum, fragen jene, die an das Portal glauben, sollten sie nun in der Entwicklung die Pausentaste drücken?

Wie auch immer, Anleger haben derzeit keine große Auswahl. In diesen unsicheren Zeiten stehen die Börsenaspiranten nicht gerade Schlange. Auch Groupon hatte angesichts der aktuellen Marktturbulenzen seine hochfliegenden Pläne gestutzt: Das Unternehmen rechnete zuletzt nur noch damit, bis zu 540 Millionen Dollar einsammeln zu können. Nun sind es doch 700 Millionen geworden. Das Unternehmen hat nur 4,7 Prozent seiner Anteile verkauft - das dürfte den Kurs stützen. Zum Vergleich: Der Suchmaschinenbetreiber Google brachte vor sieben Jahren 7,2 Prozent an die Börse, das Karrierenetzwerk Linkedin im Mai 8,3 Prozent.

Laut dem bei der US-Börsenaufsicht eingereichten Prospekt peilte Groupon für seine Papiere eine Preisspanne von 16 bis 18 Dollar an. Verkauft wurden sie jetzt für 20 Dollar - was Groupons Bewertung auf 12,6 Milliarden Dollar steigert. Vor einigen Monaten noch hatten Branchenbeobachter dem Portal allerdings noch einen Wert von bis zu 25 Milliarden Dollar zugetraut.

Zwischenzeitlich hat das Schnäppchenportal einiges an Vertrauen verspielt: Spitzenmanager warfen das Handtuch, die verbliebenen gaben sich mitten in der sogenannten stillen Periode all zu geschwätzig - und dann gab es auch noch ein paar Rechenfehler in der Bilanz fürs Börsenprospekt.

Doch schwerer wiegen die Zweifel, ob das Geschäftsmodell von Groupon langfristig trägt. Im dritten Quartal stieg der Umsatz nur noch um knapp zehn Prozent, zuvor hatte die Wachstumsrate bei bis zu 72 Prozent gelegen. Eine Vielzahl Nachahmer gibt es weltweit. Einige davon hat Groupon selbst gekauft. Das war ein kluger Schachzug, um die aufstrebenden Rivalen auf Abstand zu halten. Aber das Unternehmen hat dafür einen hohen Preis gezahlt. Und weil Groupon zudem viel fürs Marketing ausgibt, blieb im abgelaufenen Quartal auch weniger in der Kasse. Profitabel ist das Portal noch immer nicht: Zuletzt lag der Verlust bei zwei Millionen Dollar, immerhin deutlich weniger als im Quartal zuvor.

© SZ vom 04.11.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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