Corona-Hilfen:Unionspolitiker schlagen Paketsteuer für Online-Händler vor

DHL-Paketzustellung in der Vorweihnachtszeit in Freiburg. *** DHL parcel delivery in Freiburg during the pre-Christmas

Geschäfte müssen wieder schließen, jetzt läuft alles über den Online-Handel - und unzählige Paketboten.

(Foto: Winfried Rothermel/Imago)

Die Abgabe solle dem stationären Einzelhandel zu Gute kommen, heißt es in einem Papier von zwei CDU-Abgeordneten. Doch die Branche selbst ist davon nicht begeistert.

Von Henrike Roßbach, Berlin

Während in den Einkaufsstraßen wegen des Lockdowns eine ziemlich unweihnachtliche Leere herrscht, klingeln die Paketboten in den meisten Häusern derzeit sogar mehrmals täglich an den Türen. Einige Abgeordnete der Unionsfraktion im Bundestag hat das nun zu einem "Pakt für lebendige Innenstädte" inspiriert - inklusive einer Paketabgabe fürs Online-Shopping.

Der Einzelhandel sei unter Druck, der Onlinehandel boome, heißt es in dem entsprechenden Papier von Unionsfraktionsvize Andreas Jung und dem kommunalpolitischen Sprecher der Unionsfraktion, Christian Haase (beide CDU). Es gehe nicht darum "Kaufentscheidungen zu reglementieren". Weil aber der Online-Handel die kommunale Infrastruktur nutze, ohne sich an deren Finanzierung zu beteiligen, schlagen die beiden Abgeordneten als Maßnahme für die Zeit nach der Krise eine Paketabgabe für den Online-Handel vor, proportional zum jeweiligen Bestellwert. Erhoben werden soll diese Abgabe dem Papier zu Folge direkt beim Online-Händler, der solle sie ans Finanzamt abführen. Fließen sollen diese Einnahmen dann in einen "Innenstadtfonds". Damit werde eine "Schieflage" gegenüber dem stationären Handel behoben, denn dieser trage mit seinen Steuern "erheblich" zum Gemeindehaushalt bei.

Der Handel selbst aber sieht diesen Vorstoß offenbar skeptisch. Im Verhältnis zum internationalen Online-Handel gehe es vor allem um einen fairen Wettbewerb, teilte der Handelsverband HDE am Wochenende mit. "Dazu braucht es keine neuen Steuern auf Pakete, sondern bessere Kontrollen, um sicherzustellen, dass auch bei Lieferungen aus Fernost unsere hiesigen Regelungen für Produktsicherheit und Steuerzahlungen eingehalten werden", sagte HDE-Hauptgeschäftsführer Stefan Genth. Zudem träfe eine "Paketsteuer" auch heimische Online-Händler und diejenigen stationären Händler, die ihre Waren auch im Internet verkaufen. Jung allerdings machte am Sonntag deutlich, dass Händler, die Gewerbesteuer zahlten, auch dann keine Paketabgabe zahlen sollten, wenn sie ein zweites Online-Standbein hätten.

Mehr als die Überbrückungshilfen sollte es nicht geben, sagt der Ökonom

Sorgen bereiten die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie aber nicht nur dem stationären Einzelhandel. Der Bundesverband mittelständische Wirtschaft warnte, dass viele kleine und mittlere Betriebe vor der Insolvenz stünden. In einem Brief an Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) kritisierte der Verband, dass die staatliche Unterstützung für viele Unternehmen zu spät komme. Die Novemberhilfen für die vom Lockdown betroffenen Branchen etwa würden zu langsam ausgezahlt. Nur ein Bruchteil der benötigten Liquidität sei angekommen.

Coronavirus - Stuttgart

"Bis bald'" steht an einem gastronomischen Betrieb in Stuttgart: Die Frage ist, wie viele der Unternehmen diese Zeit überleben.

(Foto: Marijan Murat/dpa)

Andere dagegen warnen eher davor, die großzügigen Umsatzerstattungen im Rahmen der November- und Dezemberhilfen zu verlängern oder auf weitere Branchen wie etwa den Handel auszuweiten. Der Vorsitzende des Sachverständigenrates, der Ökonom Lars Feld, sagte der Rheinischen Post: "Der Lockdown ist bitter für den Handel, aber mehr als die Überbrückungshilfen sollte es nicht geben." Anders als bei vielen Dienstleistungen könne der Umsatz im Handel online stattfinden oder nachgeholt werden. Anfang Dezember hatte unter anderem schon Ifo-Präsident Clemens Fuest die Erstattung von 75 Prozent der Vorjahresumsätze für Gastronomie, Solo-Selbständige und andere Betroffene kritisiert, die von der Regierung für November und Dezember beschlossen worden war. Besser sei es, den Betriebsüberschuss des Jahres 2019 zugrunde zu legen, eventuell zuzüglich der Mietkosten.

Stand jetzt laufen die großzügigen November- und Dezemberhilfen für Gastronomie und Solo-Selbständige in der Tat aus (allein im November lagen die Kosten bei 15 Milliarden Euro, im Dezember dürfte es noch mehr sein). Stattdessen soll es von Januar an für alle Betroffenen nur noch eine Erstattung der Fixkosten geben; die Regierung rechnet mit 11,2 Milliarden Euro im Monat.

Die Pflicht, rechtzeitig Insolvenz anmelden zu müssen, bleibt für pandemiebedingt überschuldete Firmen noch bis Ende Januar ausgesetzt. Unternehmen sollen nicht deshalb in die Insolvenz gehen müssen, weil die staatlichen Hilfen mit Verzögerung ausgezahlt wurden. Umstritten ist allerdings, ob die Zahl der Insolvenzen nach dem Auslaufen dieser Regelung sprunghaft steigen wird. Die Bundesagentur für Arbeit rechnet nach eigenem Bekunden nicht mit einer Insolvenzwelle. "Unsere Zahlen geben so etwas im Moment nicht her", sagte der Vorstandsvorsitzende Detlef Scheele.

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