Online-Plattform:Die Finanzaufsicht ermittelt

Whistleblower melden der Finanzaufsicht Bafin mehr als hundert Hinweise auf Missstände. Nicht alle Meldungen sind hilfreich: Viele seien zu wenig konkret oder die Missstände der Behörde bereits bekannt.

Von Meike Schreiber, Frankfurt

Ohne sie bliebe so mancher Missstand verborgen: So genannte Whistleblower, die zwar Gesetzesverstöße ihres Arbeitgebers an Behörden melden, dafür früher aber mit Repressalien ihres Unternehmens rechnen mussten. Seit Sommer gibt es daher ein Gesetz, das diese Hinweisgeber arbeits- und strafrechtlich schützen soll, zumindest jene, die bei Finanzdienstleistern arbeiten. Sie können sich seither per Email, Telefon oder Brief anonym bei einer Anlaufstelle der Finanzaufsicht Bafin in Bonn melden. Seit Jahresbeginn können Tippgeber zudem eine neue Onlineplattform der Finanzaufsicht nutzen.

Nur die wenigsten Hinweise führten bislang zu konkreten Untersuchungen

Tatsächlich machten von der neuen Anlaufstelle im ersten halben Jahr auch zahlreiche Bankmitarbeiter Gebrauch, die wenigsten Hinweis führten jedoch zu Ermittlungen. Wie die Bafin mitteilte, sind dort seit Juli 124 Hinweise eingegangen. Bei knapp der Hälfte der bisherigen Meldungen ging es laut Bafin um mutmaßliche Verstöße von beaufsichtigten Banken. Der Rest habe sich auf unerlaubte Geschäfte oder solche bezogen, bei denen die Bafin nicht zuständig ist. Immerhin zwei Hinweise hätten indes Erkenntnisse geliefert, denen die Behörde nachgeht. Zuerst hatte der Tagesspiegel darüber berichtet.

Die Meldungen sind zudem offenbar nicht alle hilfreich. "In der Praxis hat sich gezeigt, dass sich auch andere Personen an die Bafin gewandt haben, deren Hinweise oftmals nicht konkret genug waren", sagte ein Sprecher der Bafin. Zudem würden Hinweisgeber häufig auf Missstände hinweisen, die der Aufsicht bereits bekannt gewesen seien. Gleichwohl erhofft sich die Behörde von der neuen Online-Plattform eine bessere Kommunikation mit den Hinweisgebern, weil sie auch gezielte Nachfragen ermögliche, ohne dass der Whistleblower seine Identität preisgeben müsse.

Für die Banken geht es mit dem neuen Gesetz hingegen darum, Missbrauch zu vermeiden. "Ich hoffe, dass die Bafin es versteht zu unterscheiden, wer einfach mal bei einer offiziellen Stelle in die Pfeife bläst und wer wirklich etwas zu sagen hat", sagte Michael Kemmer, Geschäftsführer des Bundesverbandes deutscher Banken. Die Institute müssen laut Gesetz die organisatorischen Voraussetzungen dafür schaffen, dass Mitarbeiter gesetzwidriges Verhalten der Firma anonym melden können.

Kritik gab es an dem Gesetz allerdings auch, weil es bislang nur für Mitarbeiter der Finanzbranche gilt, aber zum Beispiel nicht für Wirtschaftsprüfer. In Luxemburg muss sich derzeit ein ehemaliger Mitarbeiter der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PwC in einem Strafprozess verantworten, weil er sich, so die Anklage, "des Diebstahls, der Verletzung des Berufsgeheimnisses und des Geschäftsgeheimnisses" schuldig gemacht habe. Er hatte Kundendaten herausgegeben, die belegten, wie Konzerne in Luxemburg Milliarden Euro an Steuern sparten.

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