An überlangen Kleiderstangen hängen Hose an Hose. Rechteckige Holzregale sind mit Schuhen gefüllt. Von der Decke ragen Neonröhren kreuz und quer herunter, der Boden ist so grau wie die Vorhänge der Umkleidekabinen. Der Outlet-Store von Zalando in Frankfurt hat mehr Ähnlichkeit mit einer Fabrikhalle als mit einem Geschäft. Und doch ist der Laden in zentraler Lage eine kleine Sensation - er steht für einen Trend, der den Einzelhandel von Grund auf verändern könnte.
Denn Zalando ist eigentlich ein Online-Versandhändler: Kunden klicken auf die Homepage und bestellen eines der 150 000 Produkte im Internet. Dann lassen sie es sich nach Hause liefern - und schicken es zurück, wenn es nicht passt oder nicht gefällt. So lief das bisher. Doch jetzt hat das Berliner Unternehmen, das längst zu den Etablierten der Szene zählt, in diesem Jahr schon seinen zweiten richtigen Shop eröffnet. Reichen die virtuellen Warenwelten etwa doch nicht aus, um auf Dauer im Einzelhandel erfolgreich zu sein?
Zalando wiegelt ab. Die Outlet-Stores dienten vor allem dazu, Ladenhüter oder Artikel zweiter Wahl zu verkaufen, heißt es dort. Im stationären Handel liege "längst nicht der strategische Fokus", betont Zalando-Vorstand Rubin Ritter stets. Weitere Filialen zu eröffnen, sei nicht geplant.
Für Handelsforscher steht hingegen längst fest, dass Online-Händler nun auch verstärkt in der realen Einkaufswelt Erfahrungen sammeln wollen. Ob Elektronikanbieter wie Cyberport und Notebooksbilliger, der Möbelhändler Fashion4Home, Müsli-Experte My-Müsli oder der Surfer- und Snowboard-Spezialist Blue Tomato - sie alle betreiben schon eigene Filialen. Mit steigender Tendenz: Das Kölner Institut für Handelsforschung (IFH) erwartet, dass Online-Händler in den nächsten fünf Jahren in Deutschland etwa 2500 Ladengeschäfte eröffnen. Da müssen noch einige hinzukommen, denn der Studie zufolge sind es bisher weniger als 100.
Was ist technisch möglich, was kommt beim Kunden an?
Doch was reizt die Internethändler daran, sich mit den Kosten eines realen Shops zu belasten? Thomas Täuber, Geschäftsführer und Handelsexperte bei der Unternehmensberatung Accenture, meint: "Die Kunden wollen nicht nur online bestellen. Sie wollen die Produkte anfassen können und auch beraten werden." Wer das bieten könne, werde sich auf Dauer im Handel besser behaupten. Da die klassischen Einzelhändler mit ihren Internet-Angeboten immer stärker würden, müssten sich nun ihrerseits auch die Online-Händler auf unbekanntes Terrain vorwagen. Zumal die Konkurrenten, Handelskonzerne wie etwa Rewe oder Metro, in der Regel über eine viel größere Finanzkraft verfügen als ein Internet-Start-up. Der stationäre Handel sei für den E-Commerce allerdings eine große Herausforderung.
Bisher wagen sich nur wenige Online-Händler so weit vor wie Zalando. Die meisten befinden sich noch in der Testphase. Pop-up-Stores, die nur für kurze Zeit eröffnen, sollen die fehlenden Erkenntnisse über den stationären Handel liefern. In Großbritannien wurde jüngst sogar ein Unternehmen gegründet, das Flächen für Pop-up-Stores zur vorübergehenden Nutzung vermittelt.
Nicht jeder Online-Anbieter traut sich das ohne Unterstützung zu. Das Internet-Auktionshaus Ebay etwa tat sich mit Metro und dem Online-Bezahldienst Paypal zusammen, um in dem Bremer Einkaufszentrum Weserpark einen Testshop zu eröffnen. Hier wollen die drei Partner wie in einem Labor ausprobieren, was technisch möglich ist - und was davon beim Kunden wirklich ankommt.
Auf den ersten Blick wirkt der kleine Laden wie ein Ausstellungsraum. Auf weißen, aufrecht gestellten Quadern werden die Waren ähnlich präsentiert wie im Museum. Nur dass die Kunden alles anfassen dürfen und sollen. Ebay wolle die Grundbedürfnisse erfüllen, aber die Käufer zugleich auch emotional ansprechen, beschreibt Stephan Zoll, Vizechef von Ebay in Deutschland, die Herangehensweise.