Einer der größten Gewinner dieser Olympischen Spiele stand auf keinem Treppchen, war aber immer da und hat in puncto subtiler Sichtbarkeit so ziemlich alles abgeräumt, was abzuräumen war. Hinter dem Akronym verbergen sich mit Louis Vuitton und Moët Hennessy nur zwei von mehr als 75 Marken des Konzerns, der dem zweitreichsten Mann der Welt gehört: Bernard Arnault. Nur Tesla-Gründer Elon Musk ist laut Forbes derzeit noch reicher. Der eine ein Sprücheklopfer, der andere exzessiv diskret. In der inoffiziellen olympischen Disziplin der künstlerisch verpackten, omnipräsenten Schleichwerbung ist Arnaults Luxusladen jedenfalls wohl unangefochten Olympiasieger.
Als Céline Dion auf dem Eiffelturm stand und ihr Milliarden Zuschauer ergriffen vor den Bildschirmen lauschten: Wer hatte sie eingekleidet? Klar: LVMH, genauer: Dior, seit 1984 zugehörig zum Reiche Arnaults. Lady Gaga auf der Treppe an der Seine hopsend, umwedelt von rosa Federn? Klar, in Dior. Die Sängerin Axelle Saint-Cirel als Galionsfigur auf dem Dach des Grand Palais? Of course: Dior. Ebenso der französische Star-Balletttänzer Guillaume Diop.
Als Koffer vor ihm auf dem Pont-Neuf vorbeirollten, war die Werbung schon weniger subtil. Denn die mutmaßlichen Schatztruhen für die Medaillen waren diese typischen Kastenkoffer in braunem Schachbrettmuster von, ja, Louis Vuitton. Die führende Luxusmarke des Konzerns macht allein einen geschätzten Umsatz von 20 Milliarden Euro. Und der maskierte Fackelträger vergaß natürlich nicht, auf seinem rasanten Lauf über die Dächer von Paris, auch kurz durch die Ateliers von Louis Vuitton zu irren. Während der stundenlangen Parade auf der Seine schwenkten die Kameras wie zufällig auch auf das Hotel Cheval Blanc und das Kaufhaus La Samaritaine, die beide zu LVMH gehören. Dann die Mannschaft der Franzosen, alle von Kopf bis Fuß eingekleidet von Berluti, einer weiteren Marke aus dem Hause Arnaults.
LVMH, wo man nur hinschaute
LVMH, wo man nur hinschaute. So zog sich das bis zur Abschlussfeier im Stade de France, in das Frankreichs Schwimm-Superstar Léon Marchand als Flammenträger das Symbol der Olympischen Spiele brachte. Eben jener Marchand, der wie mehrere Olympioniken von LVMH gesponsert werden, etwa der Fechter Enzo Lefort, der Rugbyspieler Antoine Dupont oder die Rollstuhltennisspielerin Pauline Déroulède. Marchand allein gewann fünf Medaillen, die erstmals in der Geschichte der Spiele von dem konzerneigenen Juwelier Chaumet entworfen wurden.
LVMH kleidete auch die freiwilligen Helfer ein, die die Medaillen überreichten, allerdings in Kleidung ohne Markenlogo, aber mit erkennbarem Design. Louis Vuitton entwarf auch die Tabletts, auf denen die Trophäen getragen wurden, ebenfalls ohne Logo, aber designt, genau, in dem bekannten Schachbrettmuster. In einem Olympiastadion ist die Erwähnung einer Marke nicht erlaubt. Aber was heißt schon, nicht erlaubt? „Wir haben klugerweise einen diskreten und gleichzeitig sehr sichtbaren Weg gefunden, um präsent zu sein“, sagte Antoine Arnault, der älteste Sohn des Konzerngründers, der die Imagekampagne leitete. Die Verhandlungen mit dem Internationalen Olympischen Komitee sollen recht lang gedauert, könnten sich aber gelohnt haben. Am Ende wurde LVMH zum Premiumpartner des IOC. Mehr als 150 Millionen Euro soll LVMH schließlich investiert haben. Ein Großteil der Ausgaben für das Sponsoring ist Medienberichten zufolge steuerlich absetzbar.
Dem amerikanischen Fernsehen sagte Arnault Senior denn auch, nicht „die finanziellen Auswirkungen“, also wohl der große Reibach, sei das Ziel, sondern die Marken sichtbarer zu machen. Die Strategie scheint sich jetzt auszuzahlen: Der Zeitung Libération bestätigte LVMH, dass die Marken des Konzerns auf Social Media zehnmal mehr geklickt werden als üblich. Möglicherweise könnte darauf angestoßen werden bei den Arnaults, mit Erzeugnissen aus den Häusern von Moët Hennessy, dem offiziellen Champagner-Lieferanten für die Gäste-Empfänge der Spiele.