Eine E-Klasse von 1992, ein Volvo 940 von 1991 oder der erste Audi A4 von 1994. Diese Mittelklasse-Autos haben eines gemeinsam: Sie wurden oft gebaut, sind solide und langlebig und dadurch immer noch fester Bestandteil des Straßenverkehrs. Doch weil sie 30 Jahre alt oder älter sind, gelten sie inzwischen als Oldtimer, ebenso wie der legendäre Mercedes SL 300 Flügeltürer aus den 1950er-Jahren oder ein Ford Mustang GT, wie ihn Steve McQueen 1968 im Film "Bullit" fuhr.
Die Zahl der Oldtimer steigt seit Jahren. Nach Angaben des Kraftfahrt-Bundesamtes gab es Anfang 2023 knapp 705 000 Pkw, die 30 Jahre oder mehr auf dem Buckel hatten, vor zehn Jahren waren es noch weniger als 300 000.
Immer mehr Versicherer bieten spezielle Oldtimer-Policen an. Sie haben Vorteile gegenüber normalen Verträgen und sind meistens viel günstiger.
Ein Fahrzeug, das 30 Jahre oder älter ist, darf ein H-Kennzeichen tragen. Dafür muss es sich weitgehend im Originalzustand befinden oder fachmännisch restauriert sein, außerdem ist ein Oldtimer-Gutachten erforderlich. Die Kfz-Steuer beträgt dann pauschal 191,73 Euro pro Jahr. Autos mit H-Kennzeichen dürfen ohne Katalysator unterwegs sein und auch ohne Plakette in Umweltzonen fahren. Für eine Oldtimer-Versicherung ist ein H-Kennzeichen keine Voraussetzung. Viele Anbieter nehmen auch 25 oder 20 Jahre alte Fahrzeuge, sogenannte Youngtimer, in die Oldtimer-Versicherung auf.
Die Haftpflichtversicherung für Oldtimer ist meist deutlich günstiger als für normale Autos
Auch Oldtimer brauchen eine Haftpflichtversicherung, die für Schäden bei Dritten aufkommt. Viele Versicherer legen den Beitrag nicht wie sonst nach einer Typklassen-Einstufung fest, sondern pauschal oder nach der Leistung des Fahrzeugs. "Die Haftpflichtversicherung für historische Fahrzeuge ist in der Regel wesentlich günstiger", sagt der Oldtimer-Spezialist Lars Weidt, Inhaber einer Allianz-Agentur in Ulm.
Eine gute Absicherung von Schäden am eigenen Fahrzeug - darum geht es bei Oldtimern in erster Linie. Dafür brauchen Besitzer einen Teil- oder Vollkasko-Schutz. Bei Teilkasko zahlt der Versicherer Schäden durch externe Einflüsse, etwa Brand, Hagel, Glasbruch oder Diebstahl. Die Vollkasko deckt zusätzlich auch die bei einem selbst verschuldeten Unfall entstandenen Schäden am eigenen Auto ab. Einige Versicherer bieten eine Allgefahrendeckung an, die auch Motorschäden und Ähnliches abdeckt.
"Bei einer Oldtimer-Versicherung geht es vor allem um den Wert", sagt Marcel Neumann vom Spezialanbieter OCC in Lübeck. "Wenn man einen alten Porsche für 25 000 Euro restauriert, will man das Geld nicht verlieren." OCC versichert seit 1984 Oldtimer, inzwischen gehört die Firma zur Provinzial. Der Anbieter arbeitet aber auch mit anderen Versicherern zusammen.
Versicherer berechnen für die Oldtimer-Kasko in der Regel einen festen Beitrag, der sich am Wert orientiert. Weil es auch hier im Gegensatz zur normalen Autoversicherung keine Schadenfreiheitsklassen gibt, erfolgt nach Unfällen keine Rückstufung.
Zwischen einer herkömmlichen Kaskoversicherung und einer für Oldtimer gibt es einen Unterschied: "Bei normalen Kfz-Policen ist nur der Zeitwert, maximal der Erstwert bei der Neuzulassung versichert", erläutert Carsten Möller, Geschäftsführer des Start-ups Herzenssache, das sich auf Policen für ältere Fahrzeuge spezialisiert hat und mit Versicherern wie DEVK und Barmenia zusammenarbeitet.
Mit einer Oldtimer-Police lässt sich dagegen auch der Wiederbeschaffungs- oder der Wiederherstellungswert versichern. Der Wiederbeschaffungswert ist der nötige Betrag, um nach einem Unfall ein gleichartiges und gleichwertiges Fahrzeug zu beschaffen. Der Wiederherstellungswert berücksichtigt neben dem Anschaffungspreis den Betrag, den eine Restaurierung gekostet hat.
Besitzer brauchen Gutachten, um den Wert ihrer Oldtimer zu belegen
Voraussetzung für eine Oldtimer-Police ist ein Gutachten, das dem Fahrzeug zumindest eine Zustandsnote 3 auf einer Skala von 1 bis 5 attestiert. "Es ist in jeder Hinsicht eine gute Idee, wenn Oldtimer-Fahrer den Wert ihres Fahrzeugs ermitteln lassen", rät der Versichererverband GDV. Andernfalls könnte es im Schadenfall schwerfallen, den Wert zu belegen.
Oldtimer-Fahrer sollten Wertveränderungen regelmäßig überprüfen und ihrem Versicherer melden. Bei weniger wertvollen Fahrzeugen genügt oft eine Selbstbewertung auf Grundlage von Preisbörsen. "Bei einem Wert von bis zu 10 000 Euro reicht in der Regel ein preiswerteres Kurzgutachten", erläutert Allianz-Experte Weidt. "Darüber ist ein vollständiges Gutachten erforderlich."
Viele Versicherer stellen nur dann eine Oldtimer-Police aus, wenn der Kunde zusätzlich ein Alltagsauto hat, das er beim selben Anbieter versichert hat. Außerdem gibt es bei den meisten Policen eine Begrenzung der Jahresfahrleistung, beispielsweise 6 000 oder 9 000 Kilometer.
OCC erlaubt 12 000 Kilometer, versichert allerdings keine Oldtimer, die als Alltagsfahrzeuge unterwegs sind. "Wenn ein Old- oder Youngtimer als Alltagsfahrzeug genutzt wird, sehen wir das nicht mehr als Liebhaberfahrzeug", erklärt OCC-Experte Neumann. Denn dann entstehen seiner Einschätzung nach mehr Schäden, die die Beiträge für alle Kunden in die Höhe treiben.
Das Start-up Herzenssache verzichtet auf eine Kilometer-Begrenzung. "Die schlimmsten Schäden sind sogenannte Standschäden, die dann kommen, wenn Autos lange stehen und nicht bewegt werden", sagt Geschäftsführer Möller.
Während neue Fahrzeuge mit der Zeit an Wert verlieren, steigen viele Oldtimer im Wert. Die meisten Policen beinhalten daher eine "Vorsorge" von 30 Prozent oder 50 Prozent: Hat sich der Wert des Klassikers im Zeitraum zwischen Abschluss der Police und Schadenfall erhöht, wird der aktuelle, höhere Wert bei der Schadenregulierung angesetzt. Voraussetzung dafür ist ein aktuelles Gutachten.