Offshore-Zentren in der Kritik:Wie die Politik gegen Steueroasen kämpfen kann

British Virgin Islands

In der Kritik: die Britischen Jungferninseln

(Foto: Jesse Allen/dpa)

Es geht nur Schritt für Schritt voran: Wie die Staaten gegen Offshore-Plätze vorgehen - und welche Probleme sie dabei haben.

Von Guido Bohsem

Ausgerechnet die Cook-Inseln. Jenes Steuerparadies also, in dem der verstorbene Playboy und Millionär Gunter Sachs ein verschlungenes Firmengeflecht errichtete. Es ist ausgerechnet diese Gruppe von 15 Südsee-Inseln, mit der die Bundesregierung im vergangenen Jahr ihr jüngstes Steuerabkommen ausgehandelt hat. Das Dokument wurde bereits vor etwa einem Jahr unterzeichnet. In Kraft getreten ist es bislang noch nicht - der Prozess der endgültigen Verabschiedung der Vereinbarung über einen Informationsaustausch ist noch nicht abgeschlossen.

Das Abkommen mit den Cook-Inseln ist nur eines dieser Art. Nach Angaben des Finanzministeriums schloss Deutschland seit 2009 über 40 Steuerabkommen mit dem Ziel, eine Steuerflucht aus der Bundesrepublik zumindest einzudämmen. Darunter finden sich viele Verträge mit bekannten Steueroasen wie etwa Liechtenstein, Jersey, Insel Man und den Kaiman-Inseln.

Die nun aufgetauchten Datensätze dürften den Prozess noch einmal beschleunigen, zeigen sie doch überdeutlich, mit welcher Finesse die Steuerflüchtlinge vorgehen und wie willkommen sie in den umstrittenen Finanzmärkten sind. Sie befeuern einen Prozess, der in den vergangenen Jahren zunehmend an Fahrt gewonnen hat. Nach Einschätzung aus dem Finanzministerium ist es in den vergangenen Jahren bei der Einbindung von Steueroasen zu Fortschritten gekommen, die vor zehn oder gar 20 Jahren niemand für möglich gehalten hätte.

Als Wendepunkt in einem zuvor eher zurückhaltend geführten Kampf gegen die Steueroasen gilt das Treffen der zwanzig führenden Industrieländer (G20) 2009 in London. Dort erging der konkrete Auftrag an die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), Listen von Steueroasen zu erstellen und gezielt gegen sie vorzugehen. Befördert wurde das Vorgehen vom einem Blick in die tiefen Abgründe der Finanzkrise und die gigantischen Geldsummen, die vor allem zur Rettung der angeschlagenen Banken notwendig waren. Zur Rettung der Institute also, die Steuerflüchtlingen nur zu gerne ihre Unterstützung gewähren.

Womöglich wäre die Initiative versandet wie so viele andere vor ihr auch. Es kam jedoch ein weiterer Faktor hinzu, der dem Vorhaben Schwung verlieh - die sogenannte Liechtensteiner Erklärung. Im März 2009 verpflichtete sich das Fürstentum dazu, künftig die von der OECD definierten Steuerstandards in Sachen Transparenz und Informationsaustausch einzuhalten. Die Erklärung trug zu einem Wandel bei - in den Steuerparadiesen rund um die Welt. Dass Liechtenstein als Steuerparadies schlechthin zum Wandel bereit war, bewegte viele zum Umdenken.

Wer internationale Verhandlungen mit unterschiedlichen Interessenslagen kennt, weiß auch, wie langsam solche Prozesse vorangehen. Inzwischen nehmen immerhin 120 Staaten am sogenannten Global Forum der OECD teil. Das Programm hat inzwischen seine erste Phase abgeschlossen. Grob gesprochen wurde hier zunächst einmal festgestellt und veröffentlicht, ob die teilnehmenden Länder formal die notwendigen Voraussetzungen erfüllen, um die OECD-Standards einzuhalten. Dabei geht es um Fragen wie zum Beispiel: Gibt es die gesetzlichen Voraussetzungen, um Steueranfragen aus anderen Ländern zu beantworten? Besteht ein Regelwerk, mit dem kontrolliert werden kann, welche Anleger aus welchen Nationen ihr Geld angelegt haben?

In Phase zwei geht es nun darum festzustellen, ob die Standards nicht nur auf dem Papier, sondern auch tatsächlich eingehalten werden. Das wird nach Einschätzung der OECD noch einige Zeit brauchen. Der Druck ist gemessen am dem sonst üblichen diplomatischen Taktieren recht hoch. Es gibt eine Art Pranger: Die Ergebnisse der Untersuchungen werden von der OECD veröffentlicht. Das untersuchte Land kann die Veröffentlichung nicht blockieren. Verweigert ein Land die Zusammenarbeit, wird auch das veröffentlicht.

Trotz des Drucks ist der Prozess immer noch reichlich zäh. Er gilt aber auf der internationalen Ebene als beste Möglichkeit. Das zeigt sich insbesondere für einen Staat wie Deutschland, heißt es im Finanzministerium. Die USA hätten ein hohes Abschreckungspotenzial: Sie könnten einem Steuerparadies beispielsweise damit drohen, es von der Wall Street abzuschneiden. Wenn Deutschland ankündige, den Kontakt zur Frankfurter Börse abzuschneiden, verursache das in den Steueroasen deutlich weniger Kopfschmerzen.

Von den abgeschlossenen Verträgen mit den Steuerparadiesen entfalten übrigens die Abkommen über den Informationsaustausch deutlich schärfere Wirkung. Den Steuerflüchtlingen kann es nämlich so passieren, dass sie zweimal zur Kasse gebeten werden - von der Steuerbehörde im Paradies und von der hiesigen. Eine solche Doppelbesteuerung wird zumeist erst in einem zusätzlichen Abkommen vermieden.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: