Süddeutsche Zeitung

Offshore-Leaks:Putins Vize-Ministerpräsident verdiente Millionen

Der russische Präsident Putin will hart gegen Steueroasen vorgehen. Dabei stört es ihn offenbar nicht, dass sein Vize Igor Schuwalow in Offshore-Geschäfte verwickelt ist. Dessen Handeln sei im Rahmen der Gesetze, heißt es in Moskau.

Von Julian Hans

Mit einer Kampfansage an das Offshore-Unwesen ist der russische Präsident Wladimir Putin 2012 in seine dritte Amtszeit gestartet. Hohen Beamten ist es verboten, Aktien ausländischer Unternehmen zu halten, ja nicht einmal Konten im Ausland dürfen sie führen. Nun finden sich in den 260 Gigabyte der Festplatte von Offshore-Leaks auch Daten über Russlands ersten Vizepremier Igor Schuwalow: Seine Frau Olga wurde 2007 als Teilhaberin von Severin Enterprises Inc. eingetragen, einer Firma mit Sitz auf den Britischen Jungferninseln, zu der weitere Offshore-Firmen gehören.

Ein Problem für Igor Schuwalow oder gar für die Regierung? Mitnichten. Alles schon bekannt, alles offiziell, alles im Rahmen der russischen Gesetze, heißt es in Moskau. Dass Abgeordnete und Minister große Reichtümer anhäufen, die mit ihrer offiziellen Tätigkeit nur schwer in Einklang zu bringen sind, wird in Russland eher als Regel, denn als Ausnahme empfunden. Ungewöhnlich ist, dass Schuwalow aus seinem Besitz kein Geheimnis macht. Der 46-Jährige zählt einen Jaguar und mehrere S-Klasse-Mercedes zu seinem Fuhrpark. Der Familie gehören Wohnungen in Moskau, London und Österreich. Für 2010 deklarierte Schuwalow ein Einkommen von zehn Millionen Euro.

Seit seinem Jura-Abschluss an der Moskauer Lomonossow-Universität 1993 ist Schuwalow eng mit dem Zentrum der Macht verbunden. Er startete als Attaché in der Rechtsabteilung des Außenministeriums, arbeitete dann als juristischer Berater einer Kanzlei, die bevorzugt Oligarchen im Umfeld des damaligen Präsidenten Boris Jelzin betreute. Nach Putins Amtsantritt 2000 übernahm Schuwalow die Leitung des Regierungsapparats, wurde später Berater des Präsidenten und bereitete als Sherpa die G8-Gipfel vor. Als Vize-Premier kümmert sich Schuwalow um die Außenwirtschaftsbeziehungen, koordiniert Finanz-, Steuer- und Haushaltspolitik.

Aber woher kommt das viele Geld? Im März 2012 deckte ein Ex-Kanzlei-Kollege auf, dass die auf den Bahamas registrierte Firma Sevenkey Ltd. 2004 für 17,7 Millionen Dollar Gazprom-Aktien gekauft hatte und für 49,5 Millionen Dollar Aktien des Stahlkonzerns Corus. Kurz darauf liberalisierte die Regierung den Handel mit Gazprom-Papieren, der Kurs stieg. Als die Titel 2007 und 2008 wieder abgestoßen wurden, betrug der Gewinn fast 200 Millionen Dollar. Besitzerin von Sevenkey: Olga Schuwalowa. Kommentar ihres Mannes und Vizepremiers: "Ich habe immer alle Regeln und Prinzipien befolgt, um Interessenkonflikte zu vermeiden. Für einen Anwalt ist das eine heilige Sache."

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Quelle:
SZ vom 08.04.2013
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