Offenlegung:Trendwende bei Top-Gehältern

In die Debatte um die Offenlegung von Managergehältern kommt Bewegung: Immer mehr Dax-Firmen kündigen eine Abkehr von der bisherigen Geheimhaltungspraxis an. Führende Politiker der Regierungskoalition erhöhen unterdessen den Druck auf verbleibende schweigsame Unternehmen.

Nach dem Vorstoß des Allianz-Konzerns, die Vorstandsbezüge schon für das laufende Geschäftsjahr einzeln auszuweisen (SZ v. 17.9.), lenkt auch der Reisekonzern TUI im Gehälterstreit ein und will die Bezüge seiner Vorstände offen legen.

Rudolf Rupprecht, dpa

MAN-Chef Rudolf Rupprecht ist bereit, sein Einkommen offenzulegen.

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Ähnliche Überlegungen gibt es bei Siemens, Eon und Henkel, wie eine Umfrage der Süddeutschen Zeitung ergab. Bisher üben erst neun von 30 der größten im deutschen Aktienindex Dax notierten Unternehmen völlige Transparenz.

In der übernächsten Aufsichtsratssitzung im November stehe das Thema auf der Tagesordnung, teilte die TUI am Freitag auf Anfrage mit. Dann solle der Einzelausweis beschlossen werden. Auch bei Siemens könnte noch in diesem Jahr eine Entscheidung fallen.

"Im Unternehmen wird über eine baldige Offenlegung nachgedacht", sagte ein Sprecher des Technologiekonzerns. Das Thema stehe auf der Agenda der Aufsichtsratssitzung im November. "Wir beobachten eine Tendenz zu mehr Offenheit. Der will sich Siemens nicht verschließen", sagte der Sprecher weiter.

Einfluss könnte die Entscheidung der Allianz auch auf den Nutzfahrzeughersteller MAN haben; dort trifft sich der Aufsichtsrat am Dienstag.

Die Allianz ist mit 12,5 Prozent Großaktionär, Allianz-Vorstand Paul Achleitner sitzt bei MAN im Aufsichtsrat. MAN-Chef Rudolf Rupprecht hatte bereits angekündigt, er sei bereit, sein Einkommen zu nennen, der Rest der Vorstandsbezüge solle in Summe veröffentlicht werden.

"Vorbildcharakter für andere"

Die Bundesregierung und die bayerische Staatsregierung begrüßten den Entschluss der Allianz, "Das ist genau der Bewusstseins- und Kulturwandel, auf den wir setzen", sagte ein Sprecher von Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD). Die Entscheidung der Allianz werde "Vorbildcharakter für andere haben".

Auch der bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) erwartet, dass "nach dem absolut richtigen Schritt" weitere Konzerne folgen werden.

Noch sei unklar, wie im nächsten Geschäftsbericht verfahren werde, hieß es allerdings bei Eon und Henkel. Beide Konzerne denken immerhin über einen Einzelausweis nach.

Der Metro-Konzern sieht zwar in der Offenlegung der Vorstandsgehälter kein wichtiges Kriterium für die Transparenz eines Unternehmens und warnt davor, die Corporate Governance-Diskussion auf diesen Blick zu verengen, will sich der Einzelangabe aber auch nicht verschließen.

Ein Sprecher des Autozulieferers Continental sagte: "Der Aufsichtsrat beobachtet, wie das Thema in der Branche behandelt wird."

Unterdessen wächst der Druck auf jene Unternehmen, die sich weiter gegen einen Einzelausweis aussprechen, darunter BASF, Beiersdorf, BMW, Daimler-Chrysler, Volkswagen, die Münchener Rück, die Deutsche Lufthansa und Infineon.

Per Gesetz Offenlegung erzwingen

Die Bundeseregierung hatte den im Dax notierten Unternehmen vor einigen Wochen eine Frist bis zum Frühsommer 2005 gesetzt, um ihre Gehälter offen zu legen; andernfalls will Zypries dies per Gesetz erzwingen.

Führende Politiker von SPD und Grünen halten diese Schonfrist für zu lang. Der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Joachim Poß, will nur noch bis Ende September abwarten, "ob da weitere Bewegung reinkommt.

Im Oktober müssen wir dann zu einer Bewertung kommen", sagte er der SZ. Auch der Wirtschaftsexperte der Grünen, Fritz Kuhn, will notfalls noch im Herbst per Gesetz mehr Transparenz erzwingen: "Ich begrüße den Entschluss der Allianz. Aber an meiner Position hat sich dadurch nichts geändert."

CSU-Chef Stoiber will im Herbst entscheiden, ob er ein Gesetz in den Bundesrat einbringt.

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