Österreich:Wenn der Höllenhund verkauft

BAWAG P S K Bank für Arbeit und Wirtschaft und Österreichische Postsparkasse AG BAWAG Bank for La

Die ehemalige Gewerkschaftsbank hat eine wechselvolle Geschichte hinter sich: Nach Milliardenverlusten mit riskanten Geschäften in der Karibik musste sie vor mehr als zehn Jahren staatlich gerettet werden.

(Foto: Christian Ammering/imago)

Der US-Finanzinvestor Cerberus will sich von Anteilen an der Gewerkschaftsbank BAWAG trennen.

Von Alexandra Föderl-Schmid und Meike Schreiber, Frankfurt/München

Das hat es in den zehn Jahren seit der Finanzkrise kaum noch gegeben: Eine Bank geht an die Börse - also ein Unternehmen aus einer Branche, die eigentlich wöchentlich totgesagt wird: Wie soll ein Kreditinstitut schließlich Geld mit Krediten und Einlagen verdienen, wenn die Zinsen dauerhaft niedrig sind, kaum noch jemand in die Filialen kommt und je nach Geschäftsmodell auch immer noch Altlasten zu befürchten sind? So jedenfalls lautet seit Jahren die Klage der Branche, weswegen Investoren in der Regel skeptisch reagieren, sich mit allzu großen Summen bei Banken einzukaufen.

Insofern ist es erstaunlich, dass sich in Österreich nun mit der Bawag die viertgrößte Bank des Landes an die Börse traut. Zumal die ehemalige Gewerkschaftsbank überdies eine wechselvolle Geschichte hinter sich hat: Man verspekulierte sich einst in der Karibik, fuhr Milliardenverluste ein und musste schließlich staatlich gerettet werden. Von 2007 an erfolgte dann die Sanierung durch zwei knallharte Finanzinvestoren, den US-Fonds Cerberus (Spitzname: "Höllenhund") und Golden Tree.

Bawag will wachsen: Auch in Deutschland sucht die Bank nach Übernahmekandidaten

Deren Arbeit soll sich nun auszahlen. Sie hatten die Bank ohnehin viel länger unter ihren Fittichen, als das für Finanzinvestoren üblich ist. Frühere Versuche, das Geldhaus an die Börse zu bringen, waren bereits gescheitert. Nun aber sei die Erstnotiz "abhängig vom Marktumfeld" für das vierte Quartal geplant, teilte die Bawag am Mittwoch mit. Es sei "ein wesentlicher Meilenstein für die Bawag und unsere bestehenden Aktionäre", ließ sich Bankchef Anas Abuzaakouk zitieren. Das gilt ebenso für die Wiener Börse, für die der Börsengang die erste Notiz seit dem Luftfahrtzulieferer FACC im Jahr 2014 ist.

Der Nachrichtenagentur Reuters zufolge wollen Cerberus und Golden Tree zunächst bis zu 20 bis 30 Prozent der Bankaktien verkaufen, was ihnen bis zu 1,5 Milliarden Euro einbringen könnte. Das Geldhaus würde wohl mit bis zu fünf Milliarden Euro bewertet werden, was gemessen am bilanziellen Eigenkapital wiederum hoch erscheint. Doch warum wagt sich nun ausgerechnet eine Privatkundenbank, die stark abhängig ist von den Zinserträgen, an die Börse? Die Deutsche Bank war vergangenes Jahr noch damit gescheitert, ihre Tochter Postbank an die Börse zu bringen - ausgerechnet in Niedrigzinszeiten.

Der Bawag könnte nun zugute kommen, dass sich internationale Investoren wieder für europäische Banken interessieren. Sie hoffen vor allem darauf, dass die Zinsen irgendwann steigen. Der chinesische Mischkonzern HNA stieg Anfang des Jahres mit knapp zehn Prozent bei der Deutschen Bank ein; kurz darauf schnappte sich Cerberus fünf Prozent an der Commerzbank. Das alles markiert noch kein Ende einer Branchenkrise, ist aber ein Silberstreif.

Zudem gilt Cerberus als Investor, der seine Beteiligungen gnadenlos auf Profit trimmt. Unter dem britischen Chef Byron Haynes entwickelte sich die Bank in den vergangenen acht Jahren zur profitabelsten Bank Österreichs, konzentrierte sich aufs Geschäft mit Sparern und Kreditnehmern, strich 1000 Stellen. Haynes, der die Bank zum Jahresende verlässt, baute seinen Finanzchef Anas Abuzaakouk als Nachfolger auf, der mit ihm seit Frühjahr als Co-Chef fungiert. Um die Börsenstory aufzuhübschen, kauft Bawag kräftig zu. Allen voran in Deutschland will man wachsen, verleibte sich die Südwestbank in Stuttgart ein, verhandelte um den Kauf der Wüstenrot-Bank. Sogar eine Übernahme der Postbank spielte die Bawag einmal durch.

Das alles war noch nicht abzusehen, als die Bawag 1922 vom ehemaligen Staatskanzler Karl Renner als "Arbeiterbank" gegründet wurde. Im austrofaschistischen Ständestaat wurde die Bank 1934 aufgelöst, um erst 1947 wiederbelebt zu werden. Die Jahre darauf wechselten die Großaktionäre regelmäßig: Gewerkschaftsbund, Konsum-Genossenschaften, später sogar die BayernLB. 2004 stieg die BayernLB wieder aus und verkaufte ihre Anteile an den Gewerkschaftsbund, der dann Alleinaktionär war. 2005 fusionierte die Bawag mit der Postsparkasse, verlor aber im gleichen Jahr nach Spekulationen in der Karibik enorme 3,5 Milliarden Euro. Die Staatsrettung war unausweichlich. Bankchef Helmut Elsner wurde wegen Untreue und Betrugs zu neuneinhalb Jahren Haft verurteilt. 2007 schließlich verkaufte der Gewerkschaftsbund die Bank für 3,2 Milliarden Euro an Cerberus. Nun aber wartet ein neues Kapitel auf das Geldhaus.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: