Süddeutsche Zeitung

Fahrverbote:SPD drängt auf Nahverkehrs-Tickets für Dieselfahrer

  • Die SPD-Bundestagsfraktion will noch heute ein Konzept beschließen, das Fahrverbote verhindern und die Betroffenen mobil halten soll.
  • Darin vorgesehen sind vergünstigte Jahrestickets für den öffentlichen Nahverkehr in Städten, die von großflächigen Fahrverboten betroffen sind.
  • Außerdem sollen Nachrüstfirmen finanzielle Unterstützung bekommen, um schneller Nachrüst-Sets für die weit verbreiteten Euro-5-Motoren auf den Markt zu bringen.
  • Der Vorstoß der Sozialdemokraten könnte neuen Dissens in die große Koalition bringen, da Union und SPD in dieser Woche ohnehin Maßnahmen gegen Fahrverbote beschließen wollten.

Von Markus Balser, Berlin

In der Verkehrspolitik bahnt sich ein neuer Streit in der großen Koalition an. Die SPD-Bundestagsfraktion will noch heute ein neues Konzept gegen Diesel-Fahrverbote beschließen. Man wolle mehr tun, um Fahrverbote zu verhindern und die Betroffenen mobil zu halten, heißt es aus der Fraktion. Zu den Plänen der SPD zählen ein verbilligtes Ticket für Bus- und Bahnfahrten in den von großflächigen Fahrverboten betroffenen Kommunen sowie Finanzhilfen für Nachrüstfirmen, um schneller Nachrüst-Sets für die weit verbreiteten Euro-5-Motoren auf den Markt zu bringen.

Großflächige Fahrverbote gibt es bislang nur in Stuttgart. Weitere Städte könnten jedoch folgen. "Es ist einiges erreicht - aber noch nicht genug", heißt es in dem Vorstoß der Sozialdemokraten, mit dem die Partei auch auf Konfrontationskurs zum zuständigen Minister Andreas Scheuer (CSU) geht. Das Papier, das der Süddeutschen Zeitung vorliegt, schlägt insgesamt fünf Punkte vor, um die Folgen für Betroffene zu mindern. Kommunen sollten demnach finanziell unterstützt werden, wenn sie ein Nahverkehrs-Jahresticket für 365 Euro anbieten. "Wir wollen die Mobilität in den Städten erhalten", heißt es weiter. Die Mittel für ein ÖPNV-Jahresticket zum Preis von 365 Euro könnten aus dem bestehenden Programm "Saubere Luft" kommen. In Bonn und Reutlingen wird diese Idee bereits getestet.

Die von Scheuer lange abgelehnte Nachrüstung von Dieselfahrzeugen will die SPD mit einem "Pakt für Nachrüstung" vorantreiben. Um die Technik schnell auf den Markt zu bringen, schlagen die Bundestagsabgeordneten ein Fördersystem für Anbieter vor. Damit die technische Nachrüstung für Euro-5-Diesel zügig auf den Markt komme, wolle man mittelständische Zulieferer bei der Entwicklung der technischen Nachrüstung finanziell unterstützen, heißt es in dem Papier. Ziel sei es, die anstehenden Risiken mit Mitteln aus den laufenden Diesel-Förderprogrammen oder der Staatsbank KfW abzufedern.

Die Union unternehme nicht genug, um Fahrverbote zu verhindern, so die SPD

So sollen Hersteller von Herbst 2019 an Lösungen für weit verbreitete Modelle anbieten können. Man erwarte von allen Autoherstellern, dass sie den Mittelständlern die notwendigen technischen Informationen zu Fahrzeugtypen zur Verfügung stellen. Darüber hinaus sollen die Autofirmen ihren Vertragswerkstätten ermöglichen, Euro-5-Dieselautos nachzurüsten. Die SPD-Fraktion hält zudem Fahrverbote für Euro-5-Fahrzeuge für nicht verhältnismäßig, wenn sich die technische Nachrüstung dieser Fahrzeuge noch in der Entwicklung befinde, aber zeitnah am Markt verfügbar sei. Zudem fordert die Fraktion den verstärkten Einsatz synthetischer Kraftstoffe und Klarheit bei den Messmethoden. In Städten und Gemeinden sollten die Standorte der Messstellen überprüft werden, heißt es in dem Papier. So sollten Zweifel ausgeräumt werden.

Mit dem Vorstoß der Sozialdemokraten bahnt sich neuer Dissens in der großen Koalition an. Union und SPD wollen ohnehin im Bundestag in dieser Woche Maßnahmen beschließen, um Fahrverbote zu erschweren. Doch der SPD geht das anscheinend nicht weit genug. Man habe den Eindruck, dass bei der Union mit den Beschlüssen das Nachdenken aufhöre, wie man Fahrverbote verhindern könne, heißt es aus Fraktionskreisen. Es seien weitere Maßnahmen nötig. "Wir wollen noch einmal eine Schippe drauflegen, um die Mobilität für Dieselfahrer auch bei möglichen Fahrverboten sicherzustellen", sagte Fraktionsvizechef Sören Bartol.

In vielen Städten werden Schadstoffgrenzwerte überschritten. Als Hauptursache gelten Diesel-Abgase. Gerichte haben für mehrere Kommunen bereits Verkehrsbeschränkungen verhängt, darunter auch zonale Fahrverbote - etwa in Essen. Diese Urteile sind aber noch nicht rechtskräftig.

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