Süddeutsche Zeitung

Ölpreis:Macht der Opec ist dahin

Die US-Förderung lässt Anleger an der Macht der Opec zweifeln. Am Mittwoch rutschte der Preis für ein Barrel der Sorte Brent erstmals unter die psychologisch wichtige Marke von 45 Dollar. So niedrig war er zuletzt im vergangenen November.

Von Vivien Timmler

Der Plan war vielversprechend, die Euphorie an den Märkten groß, die Prognosen der Analysten optimistisch. Ja, sogar das endgültige Ende des billigen Öls riefen manche aus, nachdem sich die wichtigsten Ölförderstaaten Ende vergangenen Jahres darauf einigten, künftig 1,2 Millionen Barrel Öl am Tag weniger aus den Böden zu holen. Ein beachtlicher Teil der Reserven sollte vom Markt verschwinden und so den Preis für den Rohstoff wieder in die Höhe treiben.

Doch mittlerweile zeichnet sich ab, dass das Kalkül der Opec-Staaten nicht aufgeht. Am Mittwoch rutschte der Preis für ein Barrel (159 Liter) der Sorte Brent erstmals unter die psychologisch wichtige Marke von 45 Dollar. So niedrig war er zuletzt im vergangenen November. Da beschlossen die Ölstaaten, ihre Förderung zu drosseln. Seit Jahresbeginn hat das Öl nun abermals 20 Prozent an Wert verloren.

Dabei sah es zunächst so aus, als ob die Strategie der Opec funktionieren würde. Der Ölpreis hatte sich nach dem Treffen im November stabilisiert, wenn auch nicht in der erhofften Größenordnung: In den ersten drei Monaten pendelte er zwischen 50 und 55 Dollar - nicht zuletzt, weil mit Russland und Mexiko auch Staaten außerhalb der Opec bei der Kürzung mitmachten, was Saudi-Arabien vorausgesetzt hatte.

Der jüngste Preisverfall macht vor allem eines deutlich: Die Anleger vertrauen nicht darauf, dass die Förderkürzungen der Opec-Staaten ausreichen werden, um das anhaltende Überangebot an Rohöl einzudämmen und so die Preise zu stabilisieren. Was die Analysten zweifeln lässt, sind nicht wie in der Vergangenheit die Aktivitäten am Persischen Golf oder in Nordsibirien, sondern in den USA. Nachdem in den vergangenen Jahren viele Ölförderer wegen des Preisverfalls aufgeben mussten, steigt dort die Fördermenge seit Anfang des Jahres wieder rasant. Um mehr als 800 000 Barrel täglich haben die US-Firmen ihre Produktion binnen sieben Monaten gesteigert. Und damit verpufft der Effekt der Opec-Förderkürzungen wieder.

Saudi-Arabiens Energieminister glaubt, der Ölmarkt brauche einfach noch ein bisschen Zeit

Hinzu kommt, dass derzeit auch Libyen und Nigeria, die beiden einzigen Opec-Länder, die sich nicht an den Förderkürzungen beteiligen, ihre Förderung ausweiten. Die Länder sind wegen politischer Unruhen weiterhin von den Kürzungen ausgenommen. Zwar steigen die dortigen Fördermengen nicht so schnell wie in den USA, einen spürbaren Effekt haben sie trotzdem.

Die prekäre Lage haben sich manche Ölexporteure jedoch auch selbst zuzuschreiben. Denn entstanden war der anhaltende Produktionsüberschuss, weil die Ölproduzenten auf der ganzen Welt jahrelang mehr Öl aus den Böden holten, als in den Raffinerien verarbeitet werden konnte. Hinzu kam der Siegeszug des sogenannten Frackings in den USA. Mithilfe dieser Technologie können Energiekonzerne neue Öl- und Gasvorkommen ausbeuten, die beispielsweise in tiefen Gesteinsschichten lagern. Als die Technologie im Jahr 2014 erschwinglicher wurde, setzten sie immer mehr US-Konzerne ein und sorgten so für einen neuen Ölboom in den USA.

Der Preisverfall des Öls scheint also weiter zu gehen. Der saudi-arabische Energieminister Khalid al-Falih äußert sich dennoch gelassen. Der Ölmarkt sei trotz allem auf dem Weg in die richtige Richtung, sagte al-Falih, er brauche jedoch noch eine gewisse Zeit, um sich auszubalancieren. Die Frage ist nur, auf welchem Level das geschehen wird.

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Quelle:
SZ vom 23.06.2017
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