Ölpest im Golf von Mexiko:600 Klagen gegen BP

Fischer, Krabbenzüchter, Hoteliers: Lang ist die Liste der von der Ölpest im Golf vom Mexiko Geschädigten. Neben den Hunderten privaten Klagen werfen US-Behörden BP Verstöße gegen den Wasser- und Vogelschutz vor. Der britische Energiekonzern kämpft mit den finanziellen Folgen der Katastrophe - und versucht, sie auf Partnerunternehmen abzuwälzen.

Andreas Oldag, London

Mehr als anderthalb Jahre nach der Ölkatastrophe im Golf von Mexiko kämpft der britische Energiekonzern BP noch immer mit den finanziellen Folgen der Ölpest. Das Unternehmen ist in den USA neuen Schätzungen zufolge mit mehr als 600 Zivilklagen konfrontiert. Dabei geht es um Schadenersatzforderungen von Fischern, Krabbenzuchtbetrieben, Restaurantbesitzer und Hoteliers an der Küste.

File photo shows pelicans covered in oil from the Deepwater Horizon gulf oil spill sitting in a pen waiting to be cleaned at a rescue center facility in Fort Jackson, Louisiana

Ölverschmierte Pelikane in Louisiana im Sommer 2010 nach der Deepwater-Horizon-Katastrophe.

(Foto: Reuters)

Ende Februar will ein Richter des Distriktgerichts in der Stadt New Orleans entscheiden, inwieweit die Klagen gebündelt werden können. Erst dann dürfte für BP abschätzbar werden, auf welche Höhe sich die Schadenersatzforderungen belaufen. BP rechnet mit etwa 40 Milliarden Dollar (31 Milliarden Euro), um die Schäden zu begleichen. Darin eingeschlossen ist ein von BP finanzierter Fonds über 20 Milliarden Dollar für Zahlungen an die Ölpestopfer.

Das größte Risiko aus Sicht von BP sind allerdings die anstehenden strafrechtlichen Verfahren, die verschiedene US-Behörden in Gang setzten. Kann dem Unternehmen ein Verstoß gegen das Wasserschutzgesetz (Clean Water Act) aus dem Jahre 1972 nachgewiesen werden, drohen Strafzahlen von 1100 bis 4300 Dollar pro ausgelaufenes Fass Öl.

Die Gesamtsumme könnte sich Medienberichten zufolge auf sechs bis 20 Milliarden Dollar belaufen. Weitere Verfahren beziehen sich auf einen Verstoß gegen das Vogelschutzgesetz sowie Justizbehinderung. Wie es in Washington heißt, können die Verfahren noch Jahre dauern. Parallelen gibt es zum Tankerunglück 1989 der Exxon Valdez in Alaska. Verfahren um Schadenersatzforderungen gegen den US-Ölkonzern ExxonMobil zogen sich über etwa 20 Jahre hin.

Nach der Explosion auf der von BP betriebenen Bohrinsel "Deepwater Horizon" im April 2010 kam es zur schlimmsten Ölpest in der Geschichte der USA. Millionen Liter Erdöl flossen ins Meer. Bei der Explosion kamen elf Arbeiter ums Leben. Erst im Juli - drei Monate nach dem Unglück - gelang es den Ingenieuren, das Bohrloch mit einem tonnenschweren Zylinder provisorisch zu verschließen. Mit einem Schlamm-Zement-Gemisch wurde die Quelle im September endgültig versiegelt.

BP versucht, mit Nachdruck die Milliarden-Kosten auf seine Ex-Partner abzuwälzen. Der Konzern erneuerte vor einem US-Gericht seine Forderung, dass der US-Erdöldienstleister Halliburton für den Schaden haften soll. Halliburton war für die Zementarbeiten am Bohrloch der explodierten Ölplattform zuständig. Die Briten werfen dem Unternehmen vor, dass der damals verwendete Zementmix fehlerhaft gewesen sei und dass Halliburton nach der Explosion belastende Testergebnisse vernichtet habe.

Kompliziert wird der Streit dadurch, dass weitere Firmen in das Unglück verwickelt sind. So gehörte die Ölplattform der Schweizer Firma Transocean. BP hatte sie nur gemietet und verlangte auch von Transocean Schadenersatz. BP verklagte im April 2011 ebenfalls die texanische Firma Cameron International, einen Hersteller von Notabdichtungen für Ölquellen. Für BP dürfte es aber schwer werden, die Forderungen gegen die Ex-Partner komplett durchzusetzen. Im September 2011 hatten US-Behörden in einem Bericht die Hauptschuld für die Katastrophe bei den Briten gesehen.

Immerhin hat die US-Behörde für Umweltsicherheit dem britischen Konzern Ende des Jahres wieder erlaubt, vor der Küste von Louisiana in 1800 Metern Tiefe nach Öl zu bohren. Lange Zeit schien ungewiss, ob BP überhaupt neue Bohrlizenzen für den Golf erhalten würde. Doch US-Präsident Barack Obama will auf die Briten nicht verzichten. Das Unternehmen ist einer der wichtigsten Arbeitgeber im Golf. Für die USA ist der Golf von Mexiko unverzichtbar für die Ölversorgung.

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