Süddeutsche Zeitung

Ölkatastrophe:USA mobilisieren Staatsanwälte gegen BP

Die USA verschärfen ihre Gangart gegen BP. Wegen der Ölkatastrophe im Golf von Mexiko hetzt Justizminister Holder nun Staatsanwälte auf den Konzern.

Gigantische Ölmengen sind bereits in den Golf von Mexiko geflossen, ein Ende ist nicht absehbar - jetzt haben die US-Bundesbehörden strafrechtliche Ermittlungen eingeleitet. Sie betreffen die Explosion auf der Bohrinsel Deepwater Horizon und die dadurch ausgelöste Umweltkatastrophe.

Die Regierung habe mit entsprechenden Ermittlungen begonnen, zu denen sie per Gesetz verpflichtet sei, sagte Justizminister Eric Holder nach einem Treffen mit den zuständigen Staatsanwälten. "Unsere Umweltgesetze sind sehr eindeutig", Bundesbehörden wie das FBI beteiligten sich an der Untersuchung. Die Staatsanwälte hätten eine "ausreichende Basis", um eine strafrechtliche Ermittlung einzuleiten.

Die USA wollten dabei äußerst akribisch vorgehen. "Wir werde nicht eher ruhen, bis wir Gerechtigkeit haben", sagte Holder.

Obama droht

Präsident Barack Obama, den die überwältigende Mehrheit der Amerikaner für sein bisheriges Krisenmanagement kritisiert, hatte kurz zuvor ebenfalls die Justiz ins Spiel gebracht. Er drohte, die Verantwortlichen vor Gericht zu bringen. "Wenn unsere Gesetze gebrochen wurden, und dies zu Tod und Zerstörung führt, dann verspreche ich, dass wir die Verantwortlichen vor Gericht bringen."

Experten zufolge waren die nun eingeleiteten strafrechtlichen Ermittlungen gegen British Petroleum (BP) nur noch eine Frage der Zeit gewesen. Dabei könnte es nicht nur BP an den Kragen gehen, weil der Konzern die Bohrplattform zum Zeitpunkt der Katastrophe betrieben hatte. Eigentümer der Deepwater Horizon war jedoch die Firma Transocean, die nun ebenfalls mit erheblichen Schadenersatzforderungen rechnen muss.

Weitere Kooperationspartner von BP könnten ebenfalls in die Pflicht genommen werden. Halliburton, der weltgrößte Ölfelddienstleister, war für Zementarbeiten an dem Bohrloch verantwortlich. Cameron International lieferte die Vorrichtung, die ein unkontrolliertes Austreten von Öl und Gas eigentlich hätte verhindern sollen.

Doch am schlimmsten sitzt BP in der Patsche. Auf den britischen Weltkonzern kommen viele Milliarden Dollar Kosten zur Begleichung von Schadenersatz zu. Schon aktuell summieren sich die Kosten für das Unternehmen am Londoner St. James Square nach jüngsten Angaben auf knapp eine Milliarde Dollar. Die Ölpest ist die größte in der Geschichte der USA.

Hurrikan-Saison entmutigt Experten

Die Handlungen aller Beteiligten würden genau geprüft, und bei Hinweisen auf vorschriftswidriges Verhalten werde eine sehr energische Antwort folgen, sagte der Justizminister in New Orleans.

Alle Versuche, das offene Bohrloch unter Wasser zu schließen, blieben bislang erfolglos. Der Ölkonzern BP startet nun einen neuen Versuch zur Eindämmung der Umweltkatastrophe.

Angesichts der am Dienstag begonnenen Hurrikan-Saison schätzen Experten die Erfolgsaussichten allerdings als gering ein. Unterseebote sollen BP zufolge das Steigrohr absägen und ein Ventil aufsetzen, so dass das austretende Öl zum größten Teil kontrolliert an die Oberfläche gebracht werden kann.

Unterdessen schaltete sich "Titanic"-Regisseur James Cameron in den Kampf gegen die Ölpest im Golf von Mexiko ein. Cameron und sein kanadischer Landsmann Phil Nuytten, Chef der in Vancouver ansässigen Firma für Unterwassertechnik Nuytco nahmen in Washington an Gesprächen über innovative Wege zur Schließung des sprudelnden Lecks teil.

Nach Angaben der US-Regierung hat BP verschwiegen, mit welchen Risiken der neue Versuch verbunden ist. Ein Berater des Weißen Hauses hatte am Wochenende erklärt, durch das Absägen des beschädigten Steigrohrs könnten zunächst rund 20 Prozent mehr Öl austreten als zuvor.

Ölteppich erreicht erstmals Mississippi

BP erklärte, man rechne nicht mit einer signifikanten Zunahme. Bei der Äußerung des Konzerns sei ihm nicht wohl, sagte Regierungssprecher Robert Gibbs. Auf die Frage, ob das Weiße Haus BP misstraue, antwortete Gibbs nicht direkt.

Unterdessen erreichten Ausläufer des Ölteppichs erstmals auch den Staat Mississippi. Wie Gouverneur Haley Barbour mitteilte, wurde auf der vorgelagerten Insel Petit Bois ein 3,2 Kilometer langer und ein Meter breiter Ölstreifen entdeckt. Zuvor waren bereits die Staaten Louisiana und Alabama von der Ölpest erfasst worden.

Die Befürchtung, dass sich die Ölkrise ausweiten könne, belasteten auch die New Yorker Börse. Die Aktien von BP brachen um 15 Prozent ein, und auch die Halliburton-Papiere stürzten um 15 Prozent ab. Die Investmentbank Goldman Sachs hatte das Unternehmen wegen der Ölkatastrophe von seiner Kaufempfehlungsliste genommen.

An der Londoner Börse setzten die BP-Titel ihre Talfahrt fort. Bis zum Mittag gaben sie um 2,1 Prozent nach. Die Aktien von Halliburton verbilligten sich in Frankfurt um 3,1 Prozent, während die Notierungen für Transocean um 1,7 Prozent fielen. Cameron International sackten um 11,9 Prozent ab.

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