Süddeutsche Zeitung

Ölpreis:Saudi-Arabien pumpt Öl wie wild - und verliert trotzdem

  • Saudi-Arabien fördert mehr Öl denn je - und verliert doch in wichtigen Ländern wie China und Südafrika Marktanteile.
  • Der Ölpreisverfall ist für Saudi-Arabien besonders schmerzhaft, weil das Königreich abhängig von den Einnahmen ist.

Von Jan Schmidbauer

Zehn Millionen Barrel Öl pumpt Saudi-Arabien aktuell aus seinen Böden - pro Tag. Der weltgrößte Ölexporteur will seine Position verteidigen, Marktanteile vergrößern, Rivalen wie Russland zurückdrängen und fördert deshalb rekordverdächtige Mengen Rohöl. Doch neue Daten zeigen: Saudi-Arabien profitiert nicht, sondern verliert auf wichtigen Märkten sogar Marktanteile.

Die Marktanteile des Königreichs gingen zwischen 2013 und 2015 auf neun von 15 wichtigen Märkten zurück. Das zeigen Statistiken der britischen Energieberatung FGE, die der Financial Times vorliegen. Während China im Jahr 2013 noch 19,4 Prozent seines Öls aus Saudi-Arabien bezog, sind es nach aktuellen Daten nur noch 15,4 Prozent. Besonders dramatisch ist der Rückgang in Südafrika. Diesen Markt dominierte Saudi-Arabien mit mehr als 50 Prozent Marktanteil, heute sind es nur noch etwa 22 Prozent. Statt Saudi-Arabien liefern nun afrikanische Staaten wie Angola oder Nigeria verstärkt Öl nach Südafrika.

Saudi-Arabien trägt selbst zum Preisverfall bei

Jahrelang waren die Ölpreise hoch, die Förderländer bauten Überkapazitäten auf. Durch die Fracking-Technologie wurden die USA vom Rohstoff-Importeur teilweise zum Selbstversorger. Zugleich ging die Nachfrage nach Öl weltweit zurück. Nach dem Ende der Sanktionen stieß zuletzt mit Iran auch noch ein Land auf den Markt, das über große Reserven verfügt. Das Land will die Beziehungen zu alten Handelspartnern wieder aufbauen und sein Öl in die Welt verschiffen. Die Folge: Seit 2014 ist der Ölpreis stark gefallen.

Die sinkenden Marktanteile konterkarieren die Absicht des Landes, die Marktanteile in der derzeitigen "Ölschwemme" zumindest konstant zu halten. Weil Saudi-Arabien im Zuge dieser Strategie so große Mengen Öl fördert, trägt das Land selbst zum Verfall des Ölpreises bei. Zwar einigte man sich zuletzt unter anderem mit Russland, die Fördermenge auf dem Niveau des Monats Januar einzufrieren. Doch es ist unwahrscheinlich, dass sich die Förderländer daran halten. Beobachter gehen davon aus, dass Saudi-Arabien darauf setzt, den Preiskampf durch seine großen Reserven länger durchhalten zu können als andere.

Die Einbußen für das Königreich sind schon jetzt dramatisch. Für das Jahr 2015 verzeichnete das Königreich ein Haushaltsdefizit von 90 Milliarden Euro bei einem Budget von 240 Milliarden und einer Wirtschaftsleistung von etwa 600 Milliarden. Die Regierung reagierte bereits auf die wachsenden Lücken im Haushalt. So hob sie kürzlich zum ersten Mal seit zehn Jahren die Preise für Strom und Wasser an. Harte Einschnitte für eine energiehungrige Nation, die sich in Zeiten eines hohen Ölpreises üppige Ausgaben leistete.

Enorme Ausgaben für die eigene Bevölkerung

Als das Barrel Öl noch etwa 150 Dollar kostete, hatte der inzwischen verstorbene König Abdullah die Ausgaben massiv ausgeweitet. Schulen und das Gesundheitssystem sind gratis; für Energie und Lebensmittel gibt es Subventionen. Die Bürger des Königreichs zahlen keine Einkommensteuer und sind in der Regel beim Staat beschäftigt.

Im Königreich dürfte man darauf hoffen, dass sich der Ölpreis zügig erholt. Aus ökonomischer Sicht ist dies auch wahrscheinlich. Es wird nun weniger in Förderanlagen investiert. Diese Ausgaben müssen dann später nachgeholt werden. Das Öl würde dann teurer werden. Doch Experten lagen mit ihren Prognosen in der Vergangenheit oft daneben. Noch im Jahr 2014 gingen Marktbeobachter davon aus, dass der Ölpreis bei 100 Dollar pro Barrel seine Untergrenze erreicht hat. Aktuell kostet ein Barrel der Sorte Brent ungefähr 40 Dollar.

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