Öl-Konzern:Petronas' schmierige Geschäfte setzen Daimler unter Druck

Lewis Hamilton

Lewis Hamilton an Bord eines Formel1-Wagens seines Teams Mercedes AMG Petronas.

(Foto: AP)
  • Nahe eines Ölfördergebietes im Südsudan müssen die Menschen verschmutztes Wasser trinken. Studien legen einen Zusammenhang zur Ölfirma Petronas nahe.
  • Petronas ist ein Sponsor des Mercedes-Formel-1-Teams. Die Causa bringt den Autobauer in Verlegenheit.

Von Katrin Langhans und Max Hägler

Im Jahr 2008 fliegt Klaus Stieglitz mit acht Wasserproben im Koffer und einem unguten Gefühl im Bauch nach Deutschland. Die Proben stammen aus Sümpfen und Brunnen in der Stadt Koch im Unity State, einer ölreichen Gegend im heutigen Südsudan. In der Stadt Koch erzählen sich die Menschen seit kurzem, dass viele Kühe sterben. Das Brunnenwasser, sagen sie, schmecke salzig, und kratze im Hals. Nur wenige Kilometer entfernt fördert ein Konsortium Öl. Die Menschen glauben, dass es da einen Zusammenhang gibt.

Acht Jahre ist das her. Heute sitzt Klaus Stieglitz, 46, im Konferenzraum der Organisation Hoffnungszeichen in Konstanz, den Laptop aufgeklappt, darin zig Mails, Videos und Fotos. Stieglitz weiß, dass er sich mit dem, was er der Süddeutschen Zeitung und Report München berichtet, drei mächtige Gegner aufhalst: Die südsudanesische Regierung, den malaysischen Mineralölkonzern Petronas und die Daimler AG. Aber er ist wütend. Zu lange hat er auf die Gefahren hingewiesen, zu lange hat sich nichts getan: 180 000 Menschen in und um Koch müssten Wasser trinken, das salzig und voller Blei sei, das hat er mittlerweile belegt durch mehrere Studien.

"Früher sind unsere Kühe nicht gestorben", sagt der Dorfvorsteher aus der Ortschaft Rier

Bereits in den ersten acht Wasserproben finden Wissenschaftler 2008 stark erhöhte Salzwerte. Um sicher zu gehen, dass die Werte stimmen, reist die Forscherin Hella Runge des Unternehmens African Water in den Südsudan und nimmt Dutzende weitere Proben: Aus den Bohrspülgruben, dem Prozesswasserbecken, aus Sümpfen und Brunnen. Ihr Ergebnis: Die Salzwerte in den Brunnen nahe der Produktionsanlagen sind bis zu vier mal so hoch wie im Trinkwasser erlaubt. Das verschmutzte Brunnenwasser und das Spülgrubenwasser haben eine vergleichbare Zusammensetzung - ganz anders als das Sumpfwasser. "Das Brunnenwasser ist so salzig, das würden sie nicht einmal zum Kochen verwenden", sagt Runge. Es könne zu schwerem Durchfall führen. Keine gute Nachricht für ein Land, in dem ein Großteil der Bevölkerung unterernährt ist. In der Ortschaft Rier findet Runge auch Blei, acht mal so hoch wie der erlaubte Grenzwert der Weltgesundheitsorganisation.

African Water veröffentlicht noch im selben Jahr die ersten Ergebnisse, Journalisten berichten. Stieglitz lässt ein Video auf seinem Laptop laufen. Man sieht Erdlöcher, in denen das Rohöl schwimmt. "Keine Plastikabdeckung, die Stoffe können einfach so in den Boden sickern", sagt Stieglitz. Der Dorfvorsteher aus Rier sagt: "Früher sind unsere Kühe nicht gestorben und unsere Kinder sind nicht gestorben, unser Wasser war gut". In einem anderen Beitrag beklagt der Landrat von Koch 27 Tote, 1000 sollen erkrankt sein.

Stieglitz schreibt Briefe an das Ölkonsortium White Nile Petroleum Operating Company (WNPOC) im Südsudan, das zu etwa 68 Prozent dem Konzern Petronas gehört. Er fragt, wie die Abwässer entsorgt werden. Eine Antwort bekommt er nicht. Unterdessen investiert seine Organisation etwa 270 000 Euro Spendengelder, um einen Brunnen zu bauen, der 200 Meter tief ist. Dort könnte das Wasser noch unbelastet sein. Stieglitz hofft.

Während Bohrgeräte per Schiff über Kenia in den Südsudan gebracht werden, schaltet Stieglitz daheim an einem Montag den Fernseher an, das Mercedes-Formel-1-Team präsentiert den neuen Silberpfeil. Die Kameras filmen den Rennwagen in Großaufnahme. Stieglitz liest den Namen des Titelsponsoren: Es ist Petronas.

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