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Ökostrom-Reform:Dobrindt und Gabriel einigen sich auf Bahn-Abgabe

Bisher war die Deutsche Bahn fast vollständig von der Öko-Umlage befreit. Jetzt muss der Marktführer immerhin ein Fünftel der Abgabe bezahlen. Von der Neuregelung profitieren vor allem die kleinen Konkurrenten.

Die Deutsche Bahn und ihre Konkurrenten müssen sich künftig stärker als bisher an den Kosten der Energiewende beteiligen. Nach monatelangen Diskussionen verständigten sich Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) und Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) auf einen höheren Anteil an der Ökostrom-Umlage, heißt es aus Regierungskreisen.

Bei den Verhandlungen konnte Dobrindt offenbar die ursprünglichen Pläne Gabriels entschärfen: Der hatte von den Bahnunternehmen eine Umlagen-Beteiligung von 30 Prozent bis 2018 gefordert. Der jetzigen Einigung zufolge müssen die Bahnen lediglich 20 Prozent der Umlage für die Ökostrom-Förderung zahlen.

Kleine Bahnen profitieren von der neuen Regelung

Die Regelung sieht vor, dass Bahnunternehmen für die ersten zwei Gigawattstunden Stromverbrauch die volle Umlage zahlen, dann greift der Rabatt. Bislang musste bis zehn Gigawattstunden voll bezahlt werden, dann erfolgte eine fast vollständige Befreiung von der Umlage. Davon profitierte hauptsächlich die Deutsche Bahn, weil kleinere Konkurrenten selten diese Schwelle überschritten. Für sie ist die Neuregelung eine deutliche Verbesserung.

Die Deutsche Bahn muss als größter Stromverbraucher Deutschlands künftig mehr als 50 Millionen Euro im Jahr zahlen. Das Unternehmen hatte angekündigt, die Zusatzlasten auf die Ticketpreise umlegen zu wollen, so dass Bahnfahren teurer werden dürfte.

Das Kabinett will den Gesetzentwurf für das Erneuerbare Energien Gesetz (EEG), der auch die Ökostrom-Förderung und Rabatte für die übrige Industrie regeln wird, am kommenden Dienstag beschließen.

Die Wende zur grünen Energie zahlen Stromkunden in Deutschland durch die Öko-Umlage mit. Bislang erhalten viele deutsche Firmen allerdings Rabatte in Milliardenhöhe, wenn sie "stromintensive Unternehmen des produzierenden Gewerbes mit hohem Stromverbrauch oder Schienenbahnen" sind. 2014 waren es 2098 Unternehmen, 20 Prozent mehr als im Vorjahr (Übersicht hier). Ihnen wird bis zu 99 Prozent der Umlage erlassen (Details) - im Gegensatz zu Privathaushalten. Damit der Verbraucher weniger draufzahlt, wollte Wirtschaftsminister Gabriel weniger Unternehmen als bisher von der EEG-Umlage entlasten.

Brüssel lenkt im Streit um die Industrierabatte ein

Umstritten ist die Umlage-Handhabung nicht nur in Deutschland, auch die EU sieht die Rabatte kritisch und hat ein Beihilfeverfahren gegen die Bundesrepublik eingeleitet. Die Befreiungen könnten den Wettbewerb in Europa verzerren, argumentiert die EU-Kommission.

Im Streit um die Rabatte deutet die EU-Kommission aber nun Kompromissbereitschaft an. Ursprünglich hatte Brüssel von den deutschen Unternehmen die Rückzahlung der Vergünstigungen gefordert. Aus einem Entwurf von EU-Leitlinien für den Umwelt- und Energiebereich geht nun hervor, dass die Unternehmen ihre Beihilfen möglicherweise nicht zurückzahlen müssen. Allerdings bleibt die Behörde in dem Text vage. Die EU-Kommission will die Leitlinien am kommenden Mittwoch vorstellen

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