Süddeutsche Zeitung

Ökostrom-Gipfel im Kanzleramt:Altmaier wird ausgebremst

Von den großen Plänen für eine "Strompreisbremse" ist wenig übrig geblieben. Bund und Länder kassieren auf dem Ökostrom-Gifpel in Berlin die Vorschläge von Umweltminister Peter Altmaier.

Von Michael Bauchmüller, Berlin

Die Macht der Bilder kennt auch die deutsche Stahlindustrie. Direkt neben dem Kanzleramt hat sie am Donnerstag ein Drahtseil gespannt, rundherum stehen ein paar Arbeiter des Stahlkonzerns Salzgitter in Kluften, wie man sie sonst an Hochöfen trägt. Und natürlich trägt der Artist auf dem Seil auch so eine Montur, außerdem eine lange Hantel aus Plastik. Die "Energiekosten in Deutschland" muss er stemmen, und noch dazu den "Internationalen Wettbewerb". Wenig später stellt Greenpeace in der Nähe ein nachgebautes Windrad auf: mit einem verknoteten Mast. So verpackt ein jeder seine Botschaft vor dem Energiegipfel im Kanzleramt. Es geht um Geld und Macht - und Bilder.

Die Mühen allerdings hätten sie sich sparen können, denn viel kommt nicht heraus beim Treffen von Ministerpräsidenten und Bundeskanzlerin: Erst einmal wird weiter beraten. So wenig ist übrig geblieben von den großen Plänen für eine "Strompreisbremse", die Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) Ende Januar präsentiert hatte. Sie sollte allerorten Geld sparen, bei den Ökostrom-Rabatten der Industrie ebenso wie bei den erneuerbaren Energien selbst. Sogar längst errichtete Anlagen hätten dafür einen "Solidarbeitrag" bringen sollen - sehr zur Empörung der Wirtschaft.

Ausgerechnet das ist nach dem Gipfel die Hauptbotschaft: Dass dieser rückwirkende Eingriff nicht kommt. "Das ist das wichtigste Signal", sagt Thüringens Ministerpräsidentin Christiane Lieberknecht, "für Investoren besteht Rechtssicherheit." Ganz ähnlich sieht das die Kanzlerin: Man wolle, sagt sie nach dem Gipfel, die Investoren und Betreiber von Anlagen beruhigen. Dass damit ausgerechnet Altmaier nach dem Gipfel dumm dastehen könnte, sieht sie nicht so: Schließlich habe der sich eines Themas angenommen, "das uns alle bewegt", sagt Merkel. Und als Umweltminister habe er "qua Amt" schon die Aufgabe, Diskussionen anzustoßen. Na dann.

Altmaier soll nur noch eine Nebenrolle spielen

Trotzdem soll Altmaier bei den weiteren Debatten nun nur noch eine Nebenrolle spielen. Hatte er bis zuletzt die Aufgabe, im Kreise der Landesminister einen Kompromiss zu seiner Strompreisbremse zu finden, soll nun Kanzleramtsminister Ronald Pofalla (CDU) die Regie übernehmen. Bis Mai soll er mit den Ländern ausloten, inwieweit es noch kleinere Reformen geben könnte - etwa bei Industrierabatten oder bei der teils üppigen Förderung der Windenergie.

Eine Senkung der Stromsteuer, wie sie vor allem die SPD verlangt hatte, werde derweil "geprüft", kündigte Merkel an, fügte aber gleich hinzu: "Meine Skepsis bitte ich zu vermerken." Eine grundlegende Reform werde es ohnehin erst nach der Bundestagswahl geben. Das Fördergesetz für die erneuerbaren Energien müsse "in eine neue Zeit transformiert werden", sagte Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Torsten Albig (SPD) nach dem Gipfel. "Dafür braucht man Zeit. Zeit über den Herbst hinaus." Was nicht bedeutet, dass die Dinge dann einfacher sein werden. "Die Sache, die wir jetzt vor uns haben", sagt Merkel, "ist der Kern des gesamten Masterplans."

Immerhin gab es auch noch eine Einigung jenseits des großen Plans: beim Ausbau der Stromnetze. Da wollen Bund und Länder künftig stärker kooperieren. So soll die Bundesnetzagentur Dreh- und Angelpunkt jener Leitungen werden, die Ländergrenzen überschreiten. Das war zwar zwischen den Ländern soweit schon abgestimmt. Aber etwas will man ja auch zu verkünden haben.

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SZ vom 22.03.2013/fzg
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