Jetzt also doch: Europa bringt Alternativen zum Euro in die Debatte. Mehrere Ökonomen haben Konzepte und Szenarien vorgelegt, die entweder den Griechen und anderen Schuldenstaaten oder auch ehemaligen Hartwährungsländern einen Weg aus dem Euro-Dilemma bieten könnten - ohne dass ein Land dafür die Euro-Zone verlassen muss.
Es geht dabei um Parallelwährungen, Sie sollen den Euro als gesetzliches Zahlungsmittel ergänzen, statt ihn zu ersetzen. Ein Vorschlag kommt von der Deutschen Bank und sieht die Einführung einer zweiten Währung im geplagten Griechenland vor. Da sich die große Mehrheit der Griechen gegen weitere Sparprogramme ausspreche, sei bei einem entsprechenden Ausgang der Neuwahlen im Juni mit einem baldigen Stopp oder einer Einschränkung der EU-Finanzhilfen zu rechnen, schreibt Chefvolkswirt Thomas Mayer in einem Research-Papier der Bank.
"Um ihren Zahlungsverpflichtungen nachzukommen, müsste die Regierung Schuldscheine ausgeben", erklärt der Ökonom. Die Empfänger müssten ihrerseits Rechnungen bezahlen und die Schuldscheine deshalb in Umlauf bringen. Dies könnte "der Anfang eines Parallelkreislaufs des Griechen-Euros, kurz Geuro, sein". Je nach Akzeptanz der Schuldpapiere werde sich ein Preis und damit auch ein Wechselkurs zum Euro bilden, erläutert Mayer.
Geuro, Neue Drachme, Guldenmark
Für eine ähnliche Idee machen sich auch die Volkswirtschaftsprofessoren Bernd Lucke und Manfred Neumann stark. Sie schlagen die Einführung einer "Neuen Drachme" (ND) als "gleichberechtigte zweite Landeswährung" im unbaren Zahlungsverkehr vor. "Die ND würde schlagartig abwerten und damit kurzfristig Griechenlands Produkte und Dienstleistungen international wettbewerbsfähig machen", schreiben die Ökonomen in einem Gastbeitrag im Handelsblatt. Die Bargeldbestände sollen von der Umstellung unberührt bleiben. Athen könne so im Euro-Verbund bleiben. Die griechische Notenbank solle eng an die Kandare der Europäischen Zentralbank genommen werden.
Die Wiederherstellung der Wettbewerbsfähigkeit ist auch das zentrale Argument von Deutschbanker Mayer, der mit einem Wertverlust des Geuro zum Euro von 50 Prozent rechnet. Ein fortschreitender Kaufkraftverlust könnte den politischen Druck auf die neue griechische Regierung erhöhen, auf eine solide Finanzpolitik einzuschwenken.
Das stabilere, bessere Geld soll sich durchsetzen
Einen weiteren Vorschlag mit umgekehrten Vorzeichen hatte vor einigen Tagen der Berliner Finanzwissenschaftler Markus Kerber von der Initiative "Europolis" eingebracht: Anstelle der schwachen Euro-Länder könnten starke Euro-Länder eine Parallelwährung einführen, die dann zum Euro aufwerten würde. In Anlehnung an die zahlungskräftigsten Länder der Währungsunion nennt Kerber die neue Währung Guldenmark. Das Besondere: "Allen Bürgern und Vertragsparteien in diesen Ländern soll die Wahl gelassen werden, ob sie bestehende Forderungen auf die neue Währung umstellen oder nicht. Gleiches soll für Neuverträge gelten", sagt Kerber.
Er setzt auf die Kraft des Wettbewerbs, der auch den anderen Konzepten zugrunde liegt. Das bessere, stabilere Geld soll sich durchsetzen. Die anderen Währungen werden zur Wertaufbewahrung immer weniger akzeptiert - eine Regel, die auf dem sogenannten Greshamschen Gesetz beruht: Gutes, werthaltiges Geld wird zum Sparen bevorzugt - und schlechteres, inflationäres Geld versuchen die Bürger schnell auszugeben.
Auch bei den Diskussionen zur Einführung des Euro in den achtziger Jahren hatte die Idee der Parallelwährung eine Rolle gespielt. Ausgerechnet die britische Zentralbank hatte, unterstützt vom damaligen Schatzkanzler und späteren Premier John Major, vorgeschlagen, den Euro als 13. Währung einzuführen.
Parallelwährungen sind nichts Neues
Länder, die in einem solchen Parallelwährungssystem über ihre Verhältnisse gelebt hätten, wären mit einem Wertverlust der eigenen Währung bestraft worden. Die guten Währungen, so die Idee auch hier, hätten die schlechten Währungen verdrängt. Auch ohne Währungsunion gibt es zahlreiche Beispiele für Parallelwährungen. So wurde bis in die neunziger Jahre auf dem Balkan die D-Mark gegenüber heimischen Währungen bevorzugt. In vielen Ländern Mittelamerikas oder in der Karibik ist der US-Dollar heute noch wichtigstes Zahlungsmittel.
"Parallelwährungen haben in der Geschichte immer wieder eine Rolle gespielt", weiß Ökonom Wilhelm Hankel. So hätten die Nachfolgestaaten der österreichischen k. u. k. Monarchie nach dem Ersten Weltkrieg neue Währungen eingeführt, aber die alte Krone beibehalten. Der Ex-Notenbanker und Kritiker des Euro-Systems rechnet seit der Zuspitzung der Schuldenprobleme in Spanien durchaus damit, dass in dem ein oder anderen Land eine Parallelwährung kommt. Hankel: "Dazu benötigt man ein verlängertes Wochenende - mehr nicht."