Süddeutsche Zeitung

OECD-Staaten:Streit um Konzernsteuern

Die Regierungen wollen die Einnahmen gerechter aufteilen. Ein neues Steuer­system soll vor allem verhin­dern, dass Internet­firmen nur in einem Land Steuern zahlen, obwohl sie überall Nutzer haben.

Von Björn Finke, Brüssel

Vertreter von 137 Staaten haben lange diskutiert, aber ein Durchbruch blieb aus: Am Freitag berichtete die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) in Paris über die Ergebnisse der Gespräche, die an den beiden Vortagen zum Thema Konzernbesteuerung stattfanden. Die Regierungen wollen sich auf ein faireres System einigen, wie das Steueraufkommen verteilt wird. Das zielt vor allem auf Internetunternehmen wie Google und Facebook ab, die ihren Gewinn bislang in erster Linie in den USA versteuern, obwohl sie Millionen Nutzer überall auf der Welt haben.

Frankreich führte deswegen eine Digitalsteuer ein. Der Vorschlag, der bei der Industrieländer-Organisation OECD auf dem Tisch liegt, würde dazu führen, dass Staaten, in denen zahlreiche Kunden oder Nutzer leben, einen Teil des Gewinns besteuern dürfen, auch wenn die Firmen keine Niederlassung vor Ort haben. In dem OECD-Bericht zu den Verhandlungen in dieser Woche heißt es, diesem Prinzip werde nun allgemein zugestimmt. Aber es blieben "politische Herausforderungen" und "technische Arbeiten" zu bewältigen, um wie geplant bis Jahresende ein System im Konsens verabschieden zu können. Beim nächsten Treffen im Juli in Berlin solle eine politische Einigung erzielt werden.

Parallel dazu verhandeln die Regierungen bei der OECD über eine globale Mindestbesteuerung. Dies soll es Konzernen erschweren, sich dem Fiskus zu entziehen, indem sie Gewinne ganz legal in Steueroasen verschieben. Bundesfinanzminister Olaf Scholz bezeichnete die Ergebnisse dieser Woche als "wichtigen Etappensieg". Fabio de Masi, der finanzpolitische Sprecher der Linken im Bundestag, zeigt sich hingegen enttäuscht: "Die OECD macht durch die Erklärung Fortschritte, es bleibt aber unklar, ob es überhaupt zu einer globalen Mindeststeuer kommt."

Insbesondere diese zweite Säule der Gespräche ist auch innerhalb der EU umstritten. Deswegen können die Mitgliedstaaten bei der OECD nicht mit einer Stimme sprechen. Der SZ liegt ein Bericht der deutschen EU-Botschaft an das Finanzministerium vor, der die Debatte der "Hochrangigen Arbeitsgruppe Steuern" bei einem Treffen Mitte Januar zusammenfasst: Während dort viele EU-Regierungen den deutschen Wunsch unterstützten, eine gemeinsame Position zu finden, gab es von einigen Seiten Widerstand. So forderte Ungarn dem Report zufolge, die Mindestbesteuerung müsse Ausnahmen für die Forschungsförderung vorsehen. Zypern, Finnland und andere verlangten Prüfungen, ob diese globale Untergrenze mit EU-Recht vereinbar sei. Zahlreiche Vertreter klagten, die Zeit sei zu knapp für eine Einigung. Der Streit geht also weiter - in Brüssel und bei der OECD.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.4779753
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 01.02.2020
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.