OECD-Prognose:Einbruch des Welthandels trifft Deutschland hart

Rezession, Massenarbeitslosigkeit und explodierende Staatsschulden: Die Wirtschaftskrise trifft Deutschland nach Auffassung der OECD besonders hart.

"Die deutsche Wirtschaft wird mit am stärksten betroffen sein vom Einbruch des Welthandels", sagte der Chefvolkswirt der Organisation für wirtschaftliche Entwicklung und Zusammenarbeit (OECD), Klaus Schmidt-Hebbel.

OECD-Prognose: Wenn die jüngste OECD-Prognose zutrifft, wird der Gang zum Arbeitsamt für viele Deutsche wieder zur Realität.

Wenn die jüngste OECD-Prognose zutrifft, wird der Gang zum Arbeitsamt für viele Deutsche wieder zur Realität.

(Foto: Foto: ddp)

Die Zahl der Arbeitslosen steige deshalb 2010 über die Marke von fünf Millionen. Die Organisation rät der Bundesregierung zu einem weiteren Konjunkturprogramm, um Schlimmeres zu verhüten.

Die Wirtschaftsleistung werde in diesem Jahr um 5,3 Prozent einbrechen, erwartet die OECD. Das wäre die schärfste Rezession seit Gründung der Bundesrepublik.

"Weltweit weniger Nachfrage"

Nach Japan leide Deutschland am stärksten von den sieben großen Industriestaaten unter der Finanzkrise. "Grund ist die Spezialisierung auf Investitionsgüter und Autos, für die es im Moment weltweit weniger Nachfrage gibt", sagte Schmidt-Hebbel auf einer Videokonferenz.

Die Ausfuhr von Waren und Dienstleistungen dürfte deshalb um 16,5 Prozent einbrechen. 2010 werde der Export leicht anziehen - und damit die Konjunktur. Allerdings falle das Wirtschaftswachstum mit 0,2 Prozent äußerst gering aus.

Das reicht der OECD zufolge nicht aus, um einen drastischen Anstieg der Arbeitslosigkeit zu verhindern. "Im Jahr 2010 wird die Marke von fünf Millionen übertroffen", sagte Schmidt-Hebbel.

Negativrekord

Auch im Jahresschnitt werde die Zahl bei fünf Millionen liegen - das wäre ein Negativrekord für die Bundesrepublik. Ende März waren knapp 3,6 Millionen Menschen ohne Job. Die OECD rät der Bundesregierung deshalb zu einem dritten Konjunkturprogramm.

"Wegen der stark steigenden Arbeitslosigkeit sollten weitere Maßnahmen vor allem das Ziel haben, Arbeitslose wieder in Beschäftigung zu bringen." Die Regierung hat im Kampf gegen den Abschwung bislang gut 80 Milliarden Euro locker gemacht. Davon stehen Schmidt-Hebbel zufolge weniger als zehn Prozent für eine aktive Arbeitsmarktpolitik zur Verfügung. "Deutschland hat hier noch Spielraum."

Frühverrentung soll vermieden werden

Denkbar sei etwa, die Kapazitäten der Jobcenter auszubauen und stärker auf private Arbeitsvermittler zurückzugreifen. Problemgruppen wie etwa Langzeitarbeitslose soll durch Eingliederungshilfen die Rückkehr in das Berufsleben erleichtert werden. Fehler der siebziger Jahre wie etwa die Frühverrentung sollten aber vermieden werden.

Die OECD ist mit ihren Prognosen pessimistischer als die meisten deutschen Experten. Allianz-Chefvolkswirt Michael Heise erwartet für dieses Jahr einen Konjunktureinbruch von lediglich drei Prozent, dem 2010 ein robustes Wachstum von zwei Prozent folgen werde. "Die positiven Impulse aus dem Konjunkturprogramm, die niedrigen Zinsen und die massiv gesunkenen Rohstoffpreise beginnen zu wirken", sagte Heise.

Angesichts der drastisch steigenden Staatsverschuldung fordert die OECD, Konjunkturhilfen zeitlich zu begrenzen. Sobald die Wirtschaft sich gefangen habe, müssten die Haushalte wieder saniert werden.

Wegen Steuerausfällen und steigenden Sozialausgaben im Zuge der Rezession wird das Staatsdefizit nach Prognose der OECD in diesem Jahr auf 4,5 Prozent des Bruttoinlandsproduktes klettern. 2010 seien es sogar 6,8 Prozent - das wären mehr als 150 Milliarden Euro neue Schulden.

Auch für die 29 anderen Mitgliedsstaaten sagt die Organisation einen Abschwung voraus. "Die Weltwirtschaft befindet sich in der tiefgreifendsten Rezession, die wir zu unseren Lebzeiten gesehen haben", sagte Schmidt-Hebbel. Die globale Wirtschaftsleistung werde in diesem Jahr um 2,75 Prozent schrumpfen, der Welthandel um 13 Prozent einbrechen.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: