Obama: Chrysler, Fiat und GM:Testfahrt durch den Konkurs

Mit Chrysler und Fiat hat Obamas Autopolitik ihre Bewährungsprobe bestanden. Doch der eigentliche Prüfstein steht noch bevor: Die Insolvenz von General Motors.

Moritz Koch

Am Ende kam es doch so, wie das Weiße Haus es wollte. Der Autokonzern Chrysler ist in Rekordzeit durch den Insolvenzprozess gerast, der Widerstand der Gläubiger gebrochen und die angestrebte Allianz mit Fiat beschlossene Sache. Barack Obamas Autopolitik, sein enormes Experiment mit dem Staatskapitalismus, hat die erste Bewährungsprobe bestanden.

Chrysler Fiat GM Obama

Das Armaturenbrett des Fiat 124 Spider von 1980 (Archivbild)

(Foto: Foto: AP)

Dennoch hält sich der Präsident zurück. Keine Siegerposen, keine Jubelgesten gibt es aus dem Weißen Haus, einzig die Botschaft, die Regierung sei erfreut, "dass es mit der Allianz zwischen Chrysler und Fiat nun vorangeht, aus der Chrysler als konkurrenz- und lebensfähiger Autobauer hervorgehen wird."

Die Zurückhaltung ist richtig, denn der weitaus bedeutendere Test für den Präsidenten hat gerade erst begonnen: Die Insolvenz von General Motors. Der Konzern ist ungleich größer als Chrysler, und seine Gläubiger sind noch widerspenstiger.

Ihre Juristen suchen fieberhaft nach den rechtlichen Schwachstellen des Sanierungsplans. Die Anwälte der Chrysler-Gläubiger haben wertvolle Vorarbeit geleistet, auch wenn sie gescheitert sind.

Washington hofft, dass das Model Chrysler Schule macht, dass auch GM in kürzester Zeit den Gläubigerschutz verlassen kann, um sich runderneuert dem Wettbewerb mit Asiaten und Europäern zu stellen. Doch die Turbulenzen der vergangenen Tage haben die Risiken der staatlich verordneten Blitzsanierung in Erinnerung gerufen.

Am Montag hatte der Supreme Court Chryslers Insolvenzverfahren angehalten - ohne Begründung. Er folgten 28 Stunden Unsicherheit und Verwirrung in Washington. Dann doch Erleichterung: Am Dienstagabend hob das Gericht den Sanierungsstopp wieder auf, ebenso überraschend, wie es ihn angeordnet hatte. Das Hin und Her sollte der Regierung eine Warnung sein. Insolvenzen bleiben ein Vabanquespiel, auch unter Aufsicht des Staates.

Die Regierung hat die Macht über die Autoindustrie an sich gerissen. GM soll verstaatlicht werden. Chrysler gehört der Regierung in Teilen schon. Zwar will Obama die Autokonzerne nicht lenken, sondern betrachtet die Beteiligung an Chrysler und GM als Investment, das sicherstellen soll, dass die Steuerzahler, die die Sanierung letztlich bezahlen, irgendwann ihr Geld zurückbekommen.

Dafür aber überrollt der Staat die Gläubiger. Er fordert, dass sie sich dem Interesse des Landes unterordnen und massive Verluste hinnehmen. Das mögen viele Amerikaner als gerecht empfinden, gerade im Falle von GM, wo wichtige Gläubiger Spekulanten sind, denen das Schicksal der Autoindustrie gleichgültig ist, solange die Rendite stimmt. Gier nennt Obama das.

Grenzen des Staatskapitalismus

Rechtens ist die Zwangssanierung damit aber noch lange nicht. Ohnehin ist die Wahrheit komplexer, als es die Spekulantenschelte des Präsidenten vermuten lässt. Die Fonds, die Chryslers Sanierung stoppen wollten, sind keine Finanzhasardeure, sie verwalten Rentenansprüche von Polizisten und Lehrern, von einfachen Bürgern, deren Lebensstil Obama so gerne preist.

Die Politik des Präsidenten wirft drängende Rechtsfragen auf. Darf die Regierung Geld, das der Kongress ihr zur Rettung der Wall Street bewilligt hat, für Industrieunternehmen ausgeben? Darf sie mit der Tradition brechen, dass Gläubiger mit gesicherten Ansprüchen im Falle eines Bankrotts bevorzugt behandelt werden?

Genau das ist der Fall, wenn Arbeiter besser abschneiden als die Anleger, wie der Regierungsplan es vorsieht. Eine Antwort auf diese Fragen steht noch aus. Das Insolvenzverfahren von GM wird klären müssen, wo die Grenzen des wohlwollenden Staatskapitalismus liegen.

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