Börse:Warum Nvidia jetzt vierstellig ist

Lesezeit: 3 Min.

Jensen Huang, Mitgründer und Chef der Chipfirma Nvidia, bei der Computermesse Computex 2023 in Taiwan. (Foto: ANN WANG/REUTERS)

Die Chipfirma Nvidia legt ihre Zahlen vor, die Aktie springt über die Marke von 1000 Dollar. Experten fürchten massive Konkurrenz. Doch der Chef hat schon Ideen.

Von Victor Gojdka

Vielleicht wurde die Chipfirma Nvidia einfach nur ihrem Namen gerecht, als sie am Mittwochabend um kurz nach 22 Uhr deutscher Zeit ihre Zahlen vorlegte. Schließlich leitet sich der Firmenname vom spanischen Envidia ab, was nicht weniger als "Neid" bedeutet. Der Gewinn? Versiebenfachte sich in nur einem Jahr. Der Umsatz? Mit 26,04 Milliarden Dollar im ersten Quartal besser als erwartet. Die Aktie sprang am Donnerstag im frühen US-Handel sogar deutlich über die runde Marke von 1000 US-Dollar. Da durften Konkurrenten und Anleger schon einmal neidisch werden.

Wer Nvidia-Chef Jensen Huang an diesem Abend zuhörte, der konnte zunächst dessen Version der Geschichte hören. "Die nächste industrielle Revolution hat begonnen", sagte Huang und hatte damit den Ton gesetzt. Schon seit mehreren Jahren profitiert der Konzern von üppiger Nachfrage: Erst brauchten die Rechnerparks für das Bitcoin-Netzwerk schnelle Chips, dann kam der Computerboom während der Coronakrise. Seitdem im November 2022 allerdings der Chatbot ChatGPT mit künstlicher Intelligenz an den Start ging, wurde die Nachfrage "stratosphärisch", wie sie an der Börse sagen.

Wer die KI-Modelle mit riesigen Datenbergen füttern und anlernen will, kommt an Nvidias Hochleistungschip H100 schließlich nicht vorbei. 80 Prozent Marktanteil hat sich das Unternehmen im Geschäft mit Rechenzentren inzwischen gesichert, haben die Experten der Deutschen Bank ermittelt. Mehrere zehntausend Dollar sollen die Betreiber von Rechenzentren für diese knappe Ware inzwischen zahlen, manchmal müssen sie bereits in Panzerwagen ausgeliefert werden. Denn noch sind längst nicht alle großen Rechenzentren für Training und Betrieb der Künstlichen Intelligenz umgerüstet oder aufgerüstet. Und bereits im Herbst will Nvidia dann seinen neuen Superchip unter dem Codenamen "Blackwell" ausliefern. Natürlich noch schneller und vor allem: noch teurer. "Wenn Sie nahezu alleine auf einem Markt sind, können Sie einfach exorbitante Preise aufrufen", sagt Techexperte Daniel Kröger von der Fondsgesellschaft Ehrke & Lübberstedt.

Inzwischen gibt es jedoch auch immer mehr Zweifler, die in Nvidias sagenhaftem Aufstieg keinen Selbstläufer sehen. So sollen alleine die vier Konzerne Amazon, Meta, Microsoft und Alphabet Schätzungen zufolge 40 Prozent der Nvidia-Umsätze mit Hochleistungschips ausmachen. Dass ausgerechnet diese Techgiganten nun an eigenen Chips tüfteln, dürfte Nvidia nicht entgangen sein. So könnten sich die Konzerne nicht nur aus den Fängen der Nvidia-Dominanz lösen, sondern die Chips obendrein auf ihre hochspezialisierten Bedürfnisse zuschneiden.

Auch Konkurrenten wie Intel schlafen nicht, kürzlich stellte das Unternehmen seinen eigenen Top-Chip "Gaudi3" vor. Technologisch mag der hinter den neuesten Entwicklungen von Nvidia zwar noch hinterherhinken, dennoch könnte die Firma bei schärferer Konkurrenz künftig nicht mehr so einfach jeden beliebigen Preis für ihre Produkte aufrufen. "Die Konkurrenz wird massiv sein", sagt Techexperte Daniel Kröger.

Insofern musste sich Huang in einer Telefonkonferenz mit Analysten unter den Augen der Börsenwelt gleich mehrfach rechtfertigen. Künftig wolle sein Unternehmen stärker nicht nur einzelne Chips verkaufen, sondern sie auch zu sogenannten Supercomputern zusammenschalten. Und wem das noch nicht genug war, dem kündigte Nvidia-Chef Huang auch noch mehr Geschäft mit Autofirmen oder Gesundheitsunternehmen an, die künftig auch stärker auf Künstliche Intelligenz setzen müssten. Obendrein soll eine Partnerschaft mit Dell spezielle Rechner für Künstliche Intelligenz in mittelgroße Firmen bringen, die nicht direkt ein ganzes Rechenzentrum benötigen.

An der Börse konnte Huang mit seinen Zahlen und Worten überzeugen. Schon in einer ersten Reaktion stieg der Kurs von Nvidia am Abend um mehr als vier Prozent. Weil Nvidia jede Aktie schon in wenigen Wochen mit einem Aktiensplit wie einen Kuchen in zehn Teile aufsplitten und damit optisch günstiger machen will, könnten künftig sogar noch mehr Anleger an der Börse zugreifen.

Vielleicht soll die vorgebliche Kursverkleinerung auch ein wenig den übermäßigen Einfluss kaschieren, den die Aktie inzwischen auf die breiten Börsenindizes gewonnen hat. Erst kürzlich bezeichnete Börsenstratege Scott Rubner von der Investmentbank Goldman Sachs den Titel als "wichtigste Aktie auf dem Globus". Diese Woche sekundierten schließlich die Experten der Deutschen Bank, die Finanzmärkte insgesamt hingen derzeit an nur einer einzigen Aktie. Dieses Mal ist es für die Börsen gut gegangen.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: