Projekt Pegasus:USA setzen Pegasus-Entwickler NSO auf Sanktionsliste

Projekt Pegasus: Die NSO Group sei "bestürzt" über die Entscheidung der USA, teilte ein Sprecher der Firma mit.

Die NSO Group sei "bestürzt" über die Entscheidung der USA, teilte ein Sprecher der Firma mit.

(Foto: Sebastian Scheiner/AP)

Die israelische Firma hat nach Ansicht des US-Handelsministeriums ausländische Regierungen beliefert, die die mächtigen Spähsoftware Pegasus missbräuchlich einsetzten.

Von Hannes Munzinger und Ralf Wiegand

Die USA haben die israelische Entwicklerfirma der Spionagesoftware Pegasus auf eine Sanktionsliste gesetzt. Die Firma ist damit Handelsbeschränkungen mit amerikanischen Firmen unterworfen. Der von der NSO Group entwickelte und vertriebene Trojaner, mit dem sich Mobiltelefone lückenlos und unbemerkt ausspionieren lassen, stand im Mittelpunkt der Pegasus-Projekt-Enthüllungen einer Kooperation internationaler Medien.

Die Recherchen, an denen aus Deutschland neben der Süddeutschen Zeitung auch NDR, WDR und die Zeit beteiligt waren, förderten den Missbrauch der ursprünglich zur Gefahrenabwehr gedachten Software zu Tage. Mithilfe von Pegasus wurden demnach Hunderte Menschenrechtsaktivisten, Journalisten und Anwälte auf fünf Kontinenten mindestens als Ziel für die mächtige Spähsoftware ausgewählt. Ebenso gerieten zahlreiche Politiker und Politikerinnen ins Visier, darunter ehemalige Präsidenten, Premierminister oder Staatschefs.

Nun teilte das US-Handelsministerium mit, es gebe hinsichtlich der NSO Group und eines weiteren israelischen Unternehmens, der Softwarefirma Candiru, Beweise, dass diese Unternehmen "Spionagesoftware entwickelt und an ausländische Regierungen geliefert haben, die diese Tools zur böswilligen Überwachung von Regierungsbeamten, Journalisten, Geschäftsleuten, Aktivisten, Wissenschaftlern und Botschaftsmitarbeitern eingesetzt haben".

Die NSO Group sei "bestürzt" über diese Entscheidung, teilte ein Sprecher der Firma mit. Die Technologien der NSO unterstützten "die nationalen Sicherheitsinteressen und die Politik der USA", hieß es, "indem sie Terrorismus und Kriminalität verhindern". Das Unternehmen werden sich daher dafür einsetzen, dass diese Entscheidung rückgängig gemacht werde.

Insgesamt kamen sogar vier Unternehmen auf die Liste, weil deren Aktivitäten "den nationalen Sicherheits- oder außenpolitischen Interessen der Vereinigten Staaten zuwiderlaufen", wie es in der Mitteilung hieß. Positive Technologies (Russland) und Computer Security Initiative Consultancy (Singapur) handelten mit Cyber-Tools, "die dazu dienen, sich unbefugt Zugang zu Informationssystemen zu verschaffen und damit die Privatsphäre und Sicherheit von Einzelpersonen und Organisationen weltweit bedrohen".

Das Pegasus-Projekt hatte weltweit für Aufsehen gesorgt, weil viele der als Ausspähziel definierten Personen erst durch die Recherchen davon erfuhren, dass ihre Mobiltelefone infiltriert gewesen sein könnten. Auf Dutzenden Handys konnten danach die Spuren von Pegasus nachgewiesen werden. Die Pariser Non-Profit-Redaktion Forbidden Stories und die Menschenrechtsorganisation Amnesty International hatten Zugang zu Listen mit rund 50000 Telefonnummern bekommen und mit Medien aus zehn Ländern geteilt.

Auf der Liste war auch eine Nummer des französischen Präsidenten Emanuel Macron als einem von insgesamt 14 Staats- und Regierungschefs, die zum Ziel von Spähattacken geworden sein könnten. Der Elysee-Palast sprach damals von schwerwiegenden Vorwürfen, Macron berief den Rat für nationale Sicherheit ein und stellte den israelischen Premierminister Naftali Bennett persönlich am Telefon zur Rede. Marokko, das als Urheber der Attacken gegen die französische Regierungsspitze verdächtigt wird, bestreitet einen solchen Vorwurf vehement.

Außerdem betroffen waren unter anderem der jemenitische Premierminister Ahmed Obeid bin Daghr, Saad Hariri aus Libanon, Ruhakana Rugunda aus Uganda, der algerische Premier Noureddine Bedoui, Mustafa Madbuli aus Ägypten, Premierminister Saad-Eddine El Othmani aus Marokko und Imran Khan, der Regierungschef Pakistans.

In Deutschland haben inzwischen das Bundeskriminalamt und der Bundesnachrichtendienst eingeräumt, über Pegasus zu verfügen.

Für einen Handel mit US-Gütern hinsichtlich der Unternehmen auf der sogenannten "Entity List" gelten Exportbeschränkungen. Die USA sanktionieren damit Unternehmen, deren Aktivitäten der nationalen Sicherheit der USA beziehungsweise deren außenpolitischen Interessen zuwiderlaufen. Laut US-Handelsministerium könnten Unternehmen zwar weiterhin mit Firmen Geschäfte machen, die auf jener Liste stehen. Es weist aber darauf hin, dass "Transaktionen jeglicher Art mit gelisteten Unternehmen eine rote Flagge tragen" und empfiehlt US-Unternehmen, "bei solchen Transaktionen mit Vorsicht vorzugehen".

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