Laut Tagesordnung ging es strikt um die Sache: Alle drei Oppositionsfraktionen im Landtag - also SPD, Grüne und AfD - wollten wissen, was in aller Atemnot die schwarz-gelbe Regierung von Nordrhein-Westfalen nun zu tun gedenke gegen Stinker-Diesel und Fahrverbote? Die drohen ja im bevölkerungsreichsten Bundesland, drastisch sogar: Vorige Woche hatte ein Verwaltungsgericht verfügt, von April an die komplette Kölner Innenstadt zur Tabuzone für Alt-Diesel zu erklären, und am Donnerstag könnten Richter neue Öko-Sperren in Essen und Gelsenkirchen verhängen. Höchste Zeit also für eine Aussprache über Stickoxide, Hardware-Nachrüstung und ÖPNV.
Ja, diese Fachbegriffe jeder geordneten Dieseldiskussion fielen auch am Mittwoch im Plenum am Rhein. Ihren Unterhaltungswert jedoch gewann die Debatte (mangels Neuigkeiten) nicht in der Sache, sondern im Streit um eine Person: Ministerpräsident Armin Laschet. Zwar mied es der CDU-Regierungschef, selbst ans Rednerpult zu treten, an seiner Stelle referierte Umweltministerin Ursula Heinen-Esser zur Lage. Die Opposition hingegen rückte allein den Mann am Lenkrad der Landespolitik in ihr Fadenkreuz.
Am weitesten wagte sich dabei Thomas Kutschaty vor, der SPD-Fraktionschef. Der Sozialdemokrat hielt dem Landesvater zunächst vor, dieser habe seit über einem Jahr "überhaupt nichts getan", um Diesel-Stopps abzuwenden. Dann schob Kutschaty mit Pathos diesen Satz nach: "Die Fahrverbote in Nordrhein-Westfalen werden Ihren Namen tragen!" Das klang scharf, und blieb doch unscharf. Denn exakt was er künftig "einen Laschet" schimpfen wollte, ließ Kutschaty zunächst offen. Wäre ein Diesel-Sperrgebiet demnach eine "Laschet-Zone"? Oder etwa ein verbotswidrig zirkulierender Alt-Diesel "ein Laschet"? (Auf SZ-Nachfrage klärte Kutschaty am Nachmittag auf: "Wenn Köln demnächst im Verkehrschaos versinkt, dann erlebt die Domstadt einen Laschet.")
Quelle fast aller Attacken auf Laschet ist dessen Versprechen vom Frühjahr, er werde als Regierungschef Fahrverbote in NRW zu verhindern wissen. Der studierte Jurist hatte kurz nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts das rechtliche Terrain sondiert und verkündet: Fahrverbote seien "unverhältnismäßig und damit rechtswidrig". Sollten Landesbehörden - etwa die für Luftreinhaltepläne zuständigen Bezirksregierungen - das anders sehen, so habe er "rechtliche Möglichkeiten, das zu untersagen".
Mittlerweile bangen 14 NRW-Städte vor Fahrverboten, auch Laschets Heimatstadt Aachen wurde in erster Instanz bereits verurteilt. Der Fraktionschef der Grünen Arndt Klocke belehrte Laschet deshalb am Mittwoch, es sei nach wie vor Sache der Gerichte zu entscheiden, was Recht und Gesetz sei im Land: "Sie sind nicht der Kaiser von Aachen, sondern der Ministerpräsident von NRW."
Der Gescholtene selbst saß derweil auf der Regierungsbank und ließ per Zwischenruf wissen, seine optimistische Rechtsdeutung habe sich nicht verändert: "Ja, so ist das!" Der Mann hofft auf die zweite Instanz. Sonst könnte bald nicht nur Köln "ein Laschet" drohen.