Norwegian:Kampf ums Überleben

Fluglinie Norwegian

Die Corona-Pandemie hat der Airline kräftig zugesetzt. Zuletzt waren nur noch 20 der 140 Flugzeuge im Einsatz.

(Foto: Johan Nilsson/dpa)

Die Billigfluggesellschaft beantragt Gläubigerschutz, nachdem Norwegen weitere Millionenhilfen verweigert.

Von Jens Flottau, Frankfurt

Es hat schon bisher viel Optimismus dazugehört, in die Billigfluggesellschaft Norwegian zu investieren. Ihr Geschäftsmodell galt seit längerem als sehr riskant, wie alle Airlines kämpft sie mit den massiven Folgen der Corona-Pandemie, doch anders als viele Konkurrenten hat sie nur sehr begrenzt Zugang zu staatlicher Unterstützung. Nun hat Norwegian in Irland Gläubigerschutz beantragt, in einer Art letztem Rettungsversuch, die Aktie verlor noch einmal 17,5 Prozent gegenüber ihrem bisher niedrigsten Stand.

Norwegian stand noch vor wenigen Jahren da als die Avantgarde der Luftfahrt. Der ehemalige Chef der British Airways-Muttergesellschaft International Airlines Group (IAG), Willie Walsh, betonte mehrmals, wie sehr er den Mut von Norwegian und dem langjährigen Chef Björn Kjos bewundere. Kjos wollte Billigflüge im großen Stil auf den Langstrecken etablieren. Doch schon vor der Pandemiekrise musste Norwegian den Kurs ändern - zu schnell war die Expansion, zu schlecht der Marktzugang in Asien, wo wichtige Verkehrs- und Überflugrechte fehlten. Zu groß waren am Ende die Verluste. Mit Beginn der Pandemie stellte Norwegian auch noch die letzten Langstrecken ein und beschränkte sich auf ein paar wenige Märkte in Skandinavien. Zuletzt waren gut 20 der 140 Flugzeuge im Einsatz. Doch als die norwegische Regierung Anfang des Monats beschloss, über einen Millionenkredit hinaus keine weiteren Hilfen zu gewähren, war das Ende näher den je. Von den 20 Maschinen stellte Norwegian weitere 15 auf den Boden.

Das Gläubigerschutzverfahren (Examinership) findet nun nach irischem Recht statt und gilt für die irischen Tochtergesellschaften Norwegian Air International und Arctic Aviation Assets (AAA), eine Leasingfirma, der die Norwegian-Flugzeuge gehören. Der Gläubigerschutz erstreckt sich dem Unternehmen zufolge aber auch auf die Muttergesellschaft in Oslo. Das Verfahren werde rund fünf Monate dauern. Norwegian will den Flugbetrieb fortsetzen und betonte, es habe die nötigen finanziellen Reserven dafür. In dem Verfahren werden die betroffenen Unternehmen unter die Aufsicht eines Verwalters gestellt, der das Management überwacht und Verhandlungen mit den Gläubigern führt. In der Zeit kann die Gesellschaft auch nach neuen Investoren suchen. Der Kaufpreis wird in der Regel dafür eingesetzt, die Gläubiger teilweise auszubezahlen. Norwegian hatte sich erst vor wenigen Monaten in einer aufwändigen Transaktion Zeit gekauft: Leasingunternehmen und Banken hatten Anteile am Unternehmen übernommen und im Gegenzug auf finanzielle Ansprüche verzichtet. Die 20 größten von ihnen halten derzeit 69 Prozent der Anteile. AerCap, größtes Flugzeugleasingunternehmen der Welt, ist mit 13 Prozent größter Aktionär.

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